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Am Montag kommt es aufgrund von Vandalismus deutschlandweit zu Verspätungen im Bahnverkehr.
© Boris Roessler/dpa
Update

Bahnverkehr deutschlandweit gestört: Sicherheitskreise vermuten gezielte Aktionen von Linksextremisten

Wer am Montag mit der Bahn fahren muss, sollte sich auf Verspätungen einstellen. 13 Anschläge auf Bahnanlagen legen das Streckennetz lahm. Sicherheitsexperten sind kurz vor dem G20-Gipfel in Sorge.

Für Bahnreisende startet die Woche nicht gerade erfreulich. Knapp drei Wochen vor dem G20-Gipfel in Hamburg haben Unbekannte an zahlreichen Bahnstrecken in ganz Deutschland Brandanschläge verübt. Ein Berliner Polizeisprecher erklärte, in der Nacht zum Montag habe es nach einem ersten Überblick 13 mutmaßliche Anschläge in mehreren Bundesländern gegeben. Wie die Deutsche Bahn twitterte, kommt es bundesweit zu "erheblichen Störungen im Bahnverkehr durch "Vandalismusschäden". Reisende müssten mit der "ein oder anderen" Verspätung oder "kurzfristigen Umleitungen" rechnen. Betroffen waren nach Angaben der Bundespolizei Berlin, Hamburg, Köln, Dortmund, Leipzig und Bad Bevensen in Niedersachsen.

Sicherheitskreise vermuten Linksextremisten als Täter. "Es handelt sich offenbar um eine konzertierte Aktion mit Blick auf den G-20-Gipfel in Hamburg", hieß es. "Das ist sehr besorgniserregend." Am Sonnabend hatten Linksextremisten nach einem Treffen in der Hansestadt bereits Aktionen vor Beginn des am 7. und 8. Juli stattfindenden Gipfels verkündet. "Wir treten heute in die heiße Phase ein - bereits einige Tage vor der Polizei", teilte die Vereinigung "Interventionistische Linke" mit. Unser Kollege Matthias Meisner twitterte, er habe im verspäteten ICE 1558 von Leipzig nach Wiesbaden eine Ansage verfolgt, in der "linksautonome Chaoten" für die Verspätung verantwortlich gemacht wurde.

Autonome hatten sich am Sonntag in Hamburg getroffen

Ein Sprecher des Autonomen-Bündnisses "Welcome to Hell" verkündete, "mit vielfältigem, massenhaftem und unberechenbarem Widerstand wird der reibungslose Ablauf der Gipfelinszenierung gestört werden". Welcome to Hell plant für den 6. Juli eine Demonstration am Hamburger Fischmarkt, die Polizei erwartet Tausende militante Linksextremisten aus dem In- und Ausland.

Autonome aus Deutschland und weiteren europäischen Ländern hatten sich am Sonnabend in der "Roten Flora" getroffen, einem von Linksradikalen seit 1989 besetztes Gebäude im Hamburger Schanzenviertel. Der Stadtteil befindet sich in der Nähe der Messehallen, in der sich die Teilnehmer des G-20-Gipfels versammeln werden. Im November hatten Linksextremisten einen Brandanschlag auf den südlichen Eingang der Messehallen verübt. Als Motiv wurde unter anderem der Protest gegen den Gipfel genannt.

Bekennerschreiben aufgetaucht

Auf einer Website für linken Aktionismus ist am Montag ein Bekennerschreiben veröffentlicht worden. "Heute Morgen haben wir die Kabelstränge entlang mehrere Hauptstrecken der Bahn in Brand gesetzt", heißt es in dem Schreiben, verfasst von "Shutdown G20 - Hamburg vom Netz nehmen". Die Bahn sei ein zentrales Nervenorgan des Kapitalismus, in das mit der Aktion eingegriffen worden sei. "Wir rufen unseren Widerspruch in das Gedächtnis der Maschinisten. So wie im Juli beim Gipfel der G20 in Hamburg." Unter dem Bekennerschreiben finden sich auch kritische Kommentare. Ein Nutzer schreibt: "Fragt euch doch bitte vor solchen Aktionen wie das alles wohl bei der normalen Bevölkerung ankommt. Ach komm ich verrate es euch: scheiße kommt das an."

Die Bahn teilte in einer Pressemitteilung mit, man werde sich nach Abschluss der Ermittlungen an die Beseitigungen der Schäden machen. Bis dahin würden alle verfügbaren Busse für Ersatzverkehr eingesetzt. Reisende werden gebeten, sich vor Antritt der Fahrt über die aktuelle Lage zu informieren.

Für Bahnreisende bedeutet das alles nämlich: Verspätungen und Zugausfälle. In Nordrhein-Westfalen ist der Großraum Köln betroffen. Die Züge zwischen Düsseldorf und Köln werden über Dormagen umgeleitet. Betroffen ist auch die Strecke zwischen Gelsenkirchen und Essen. Auch im Großraum Leipzig - Dresden - Chemnitz sowie Halle kommen etliche Züge zu spät oder fahren gar nicht. Grund dafür seien Störungen an Signalanlagen, verursacht durch Kabelbrände, "die auf Fremdeinwirkung zurückzuführen sind", teilte die Deutsche Bahn mit. Auch die Bundespolizei geht von Brandstiftung aus, wie Bild.de berichtet. Betroffen sind sowohl der Fernverkehr, der Regional- und der S-Bahn-Verkehr.

Auch in Hamburg und Berlin kommt es zu Verspätungen

In Berlin musste die Feuerwehr am Montagmorgen einen Brand nahe des S-Bahnhofs Treptower Park löschen. Fünf Linien im Stadtgebiet waren anschließend eingeschränkt. Im bundesweiten Fernverkehr ist die Intercity-Strecke Hamburg–Berlin–Dresden–Prag betroffen. Die Züge verkehren derzeit nur zwischen Hamburg und Berlin sowie zwischen Prag und der deutsch-tschechischen Grenze. Das LKA ermittelt, ob das Feuer vorsätzlich gelegt wurde. Es kommt zu massiven Verspätungen. „Es sieht derzeit danach aus, dass der Brand vorsätzlich gelegt wurde“, sagte ein Polizeisprecher.

Reisenden und Pendler im S-Bahnhof Treptower Park werden über einen Kabelbrand informiert.
Reisenden und Pendler im S-Bahnhof Treptower Park werden über einen Kabelbrand informiert.
© Paul Zinken/dpa

Auch in Hamburg ermittelt nach zwei Bränden an Zuggleisen der Staatsschutz, wie die Deutsche Presseagentur mitteilt. In der Nacht zum Montag hätten im Stadtteil Eidelstedt und im Bereich Höltigbaum Kabel neben den Gleisen gebrannt, erklärte ein Polizeisprecher am Montagmorgen. Weitere Einzelheiten waren zunächst unklar. Es müsse mit Verspätungen bis zu einer Stunde gerechnet werden, war auf dem Twitter-Account der Deutschen Bahn zu lesen. Bis etwa 15 Uhr. Gemeldet wird auch ein "Böschungsbrand" auf der Strecke Rosenheim-Raubling.

Eine Sprecherin der Deutschen Bahn sagte der dpa, der Zugverkehr auf der Strecke Hamburg-Lübeck sei zwischen Rahlstedt und Ahrensburg unterbrochen. Sie sprach von Vandalismus. Am 7. und 8. Juli treffen sich beim G20 Staats- und Regierungschefs aus den führenden Industrie- und Schwellenländern sowie Vertreter der EU in Hamburg. (mit dpa)

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