Urteil zu Verschleierung: Schule muss muslimische Schülerin mit Nikab nicht unterrichten
Hat eine muslimische Frau das Recht, mit einem Gesichtsschleier den Unterricht eines Abendgymnasiums zu besuchen? Die Schule hat ihr das verweigert - nun entschied ein Gericht in dem Fall.
Eine muslimische Frau in Osnabrück darf keinen Gesichtsschleier im Unterricht eines Abendgymnasiums tragen. Das Verwaltungsgericht lehnte am Montag einen Antrag der Frau auf vorläufigen Rechtsschutz ab.
Die 18-Jährige, eine Deutsche muslimischen Glaubens, wollte gegen die Entscheidung ihrer Schule vorgehen. Das Gymnasium hatte darauf bestanden, dass die junge Frau ohne ihren sogenannten Nikab am Unterricht teilnimmt - dieser Schleier lässt nur einen schmalen Sehschlitz frei.
Allerdings erschien die 18-Jährige am Montag nicht zu dem Termin am Verwaltungsgericht Osnabrück. Wegen des großen Medieninteresses habe sie abgesagt, sagte Gerichtssprecher Gert Armin Neuhäuser.
Das Gericht lehnte daraufhin ihren Antrag auf Gewährung eines vorläufigen Rechtsschutzes ab und bestätigte die Entscheidung der Schulbehörde. Die Schülerin hat nun noch die Möglichkeit, gegen die Entscheidung beim Oberverwaltungsgericht in Lüneburg Beschwerde einzulegen (AZ.: 1 B 81/16).
Die junge Frau besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft, sie wurde erst vor kurzem volljährig. Ihre familiären Wurzeln liegen nach Angaben des Gerichtssprechers in einem Nachfolgestaat des früheren Jugoslawien.
Im April hatte die Muslima die Zulassung zum Abendgymnasium bekommen. Die junge Frau wollte im Unterricht aber ihren Nikab nicht abnehmen. „Für einen Teil ihrer Glaubensausübung ist es wichtig, den Nikab anzulegen“, erläuterte der Gerichtssprecher das Argument der 18-Jährigen. Die Schülerin war nur bereit, vor Unterrichtsbeginn gegenüber einer weiblichen Schulmitarbeiterin ihren Schleier zu lüften und so ihre Identität feststellen zu lassen. Das reichte dem Gymnasium aber nicht, es widerrief die Zulassung der jungen Frau zum Unterricht.
Gerichtssprecher Neuhäuser sagte, der Vorsitzende Richter habe das persönliche Erscheinen der jungen Frau angeordnet, weil er im Gespräch ihre religiösen Motive genauer erkunden wollte. Insofern habe durchaus die Chance bestanden, dass das Gericht im Sinne der Schülerin entschieden hätte.
In dem Streit um das Tragen des Nikab treffen zwei vom Grundgesetz garantierte Rechte aufeinander: Die in Artikel vier garantierte Religionsfreiheit und der Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule, der in Artikel sieben des Grundgesetzes geregelt ist. Beide Rechte hätte das Gericht gegeneinander abwägen müssen, sagte der Gerichtssprecher.
Aus Sicht der Landesschulbehörde wäre beim Tragen eines Nikab im Klassenraum keine offene Kommunikation mehr gewährleistet. Behörden-Sprecherin Bianca Schöneich sagte, für das Miteinander im Unterricht sei nicht nur das gesprochene Wort wichtig, sondern es gehe auch um nonverbale Elemente wie die Körpersprache. Auch die eindeutige Identifikation der Schülerin sei wegen des Nikab nicht möglich. Die Religionsfreiheit müsse in diesem Fall nach Auffassung der Behörde hinter dem Bildungs- und Erziehungsauftrags des Staates zurücktreten. (dpa)