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Eingezwängt und herumgeschubst. Sabine Kehm, Sprecherin und Managerin von Michael Schumacher.
© dpa

Grenoble: Sabine Kehm - die Frau, die für Michael Schumacher spricht

Sabine Kehm ist die Managerin von Michael Schumacher – die Medien stürmen auf sie und die Klinik ein. Souverän meistert sie ihre Aufgabe, die Öffentlichkeit zu informieren und gleichzeitig den Patienten und seine Familie zu schützen.

Sie mag zierlich sein, aber an ihr kommt keiner so einfach vorbei. Sabine Kehm ist die Sprecherin und Managerin von Michael Schumacher. Die Frau kämpft mit einem beispiellosen Medienrummel. Kamerateams aus aller Welt belagern die Universitätsklinik in Grenoble. Souverän meistert Sabine Kehm ihre Aufgabe, einerseits die Öffentlichkeit mit Informationen zu versorgen und andererseits den noch immer in Lebensgefahr schwebenden Michael Schumacher vor zudringlichen Reportern zu beschützen.

Angeblich wurde Corinna Schumacher auf Sabine Kehm aufmerksam

Eingezwängt zwischen den Reportern, den Mikrofonen und Kameras behält sie einen ruhigen Kopf und gibt Erklärungen ab. Dabei legt Sabine Kehm Wert auf die Feststellung, dass Michael Schumacher nicht leichtsinnig gehandelt habe. Sie versicherte, dass sich der Unfall nicht wegen zu schnellen Fahrens ereignet habe. „Er war nicht allzu schnell“, sagte Kehm am Dienstag. „Er hat wohl bei der Schwungauslösung einen Felsen getroffen. Es war eine Verkettung von unglücklichen Umständen.“ Das Unglück hätte sich auch bei einer Geschwindigkeit von zehn Stundenkilometern ereignen können.

Grenoble diskutiert über einen Sicherheitsring rund um das Klinikum

Schumacher habe unmittelbar vor seinem Unfall einem auf der Piste gestürzten Freund geholfen. Anschließend sei er in den Tiefschneebereich zwischen zwei Pisten gefahren, sagte sie unter Hinweis auf Schilderungen von Begleitern. Dort sei der 44-Jährige beim Ansatz zu einer Wende gegen eine Felsen gefahren und in die Luft geschleudert worden. Kopfüber sei er dann auf einen Felsen gestürzt, sagte Kehm. Schumacher erlitt dabei ein schweres Schädel-Hirn-Trauma.

Sabine Kehm weiß mit der Situation umzugehen. Sie hat früher selber als Reporterin gearbeitet und über die Formel 1 berichtet. Ein Interview mit Schumacher vor 13 Jahren soll Schumachers Frau Corinna so sehr gefallen haben, dass sie angeheuert wurde. Seitdem kommt niemand mehr ohne sie an Schumacher ran.

Jetzt vor dem Krankenhaus bleibt Sabine Kehm auch dann ruhig, als der Pulk sie hin- und herschubst. Geduldig beantwortet sie Fragen. Ihre Sätze sind druckreif, sie weiß, was sie sagen will, welche Botschaft hängen bleiben soll.

Die Prominenz des Patienten stellt die Abläufe im Klinikum auf den Kopf. Seit Schumachers Einlieferung können Journalisten ebenso im Krankenhaus ein- und ausgehen wie normale Besucher oder Angehörige von Patienten. Nur im fünften Stockwerk verwehren Sicherheitsleute den Zugang.

Draußen vor der Tür muss Sabine Kehm, die mediale Neugier befriedigen. „Wir schätzen die Arbeit der Medien sehr, dennoch sollten bitte Privatsphäre und Gefühle der Familie respektiert werden“, appelliert die ehemalige Journalistin an ihre Exkollegen. Der dreisteste Versuch, an Schumacher heranzukommen, soll auch auf einen Journalisten zurückgehen: Sicherheitskräfte fingen einen verkleideten Priester ab, der zu Schumacher vorstoßen wollte. „Es gibt besondere Sicherheitsvorkehrungen, weil wir ständig Versuche von Medien haben, nah an Michael oder die Familie heranzukommen“, sagt Kehm.

Sabine Kehm betreibt eine offensive Informationspolitik

Die offensive Informationspolitik von Klinik und Ärzten offenbarte bei den beiden Pressekonferenzen am Montag und Dienstag die ganze Dramatik von Schumachers Lage. Nach einer zweiten Operation, bei der ein weiteres Hämatom entfernt wurde, schwebt Michael Schumacher weiter in Lebensgefahr, er liegt in einem künstlichen Koma. „Es liegt noch ein langer Weg vor ihm“, sagte Jean-Francois Payen vom behandelnden Ärzteteam.

Sabine Kehm wertete den stabilen Zustand Schumachers am Mittwoch schon als „gute Nachricht“. Und auch sie schränkt deutlich ein: „Für den Moment!“ Bei allem Wirbel um den prominenten Patienten und die medizinisch komplizierten Aufgaben versuchen die Ärzte ein Stück Alltag auf der Intensivstation der renommierten Klinik zu bewahren.

Payen, Chef der Intensivstation, spricht ausdrücklich von „einer ganz normalen Behandlung“ für Schumacher. Jeder andere Patient werde auf die gleiche Weise medizinisch versorgt.

Das laut Kehm „normale Krankenhaus“ muss allerdings für seine nicht so bekannten Patienten inzwischen um ungehinderte Abläufe fürchten. Schon mehrfach haben Übertragungswagen, Berichterstatter, Kameraleute, Beleuchter, Toningenieure oder Fotografen die Arbeit von Ärzten und Angestellten erschwert – bis hin zu Behinderungen in der Einfahrt zur Notfallaufnahme. „Es gibt offenbar große Probleme für das Krankenhaus“, sagt Kehm. Nun wird in Grenoble diskutiert, eine Art Sicherheitsring um die Klinik zu legen und zumindest die Übertragungswagen zu verlagern. mit dpa/AFP/Reuters

Hans-Hagen Bremer

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