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Im Rahmen eines Forschungsprojekts der Nasa hat der Hersteller Lockheed-Martin ein künftiges Überschallverkehrsflugzeug entworfen, dessen Modell bereits im Windkanal getestet wird.
© Nasa/promo

Neue Passagierflugzeuge mit Überschall?: Paris - Tokio in drei Stunden

Elf Jahre nach dem Ende der Concorde arbeiten Fachleute an einem neuen Überschall-Flugzeug für Passagiere. Sie müssen eine Menge Probleme bewältigen, damit das Projekt nicht ein wirtschaftlicher Misserfolg wird wie damals.

In knapp drei Stunden von Paris nach Tokio? Klingt zwar noch wie eine Vision, doch schon bis Mitte dieses Jahrhunderts könnte sie dank moderner Flugzeugtechnologie Realität werden. In deutlich näherer Zukunft dürfte dagegen bereits eine Halbierung der Flugzeiten liegen. Denn hinter den Kulissen wird längst an neuen Überschall-Verkehrsflugzeugen gearbeitet. Erste Modelle könnten bereits in wenigen Jahren auf den Markt kommen – insofern es gelingt, die Entwicklung zu finanzieren.

Vor elf Jahren endete die Ära der legendären Concorde. Der in britisch-französischer Kooperation entwickelte Jet konnte 100 Passagiere mit gut zweifacher Schallgeschwindigkeit (rund 2400 km/h) in rund dreieinhalb Stunden von London oder Paris nach New York transportieren. Wegen der hohen Entwicklungs- und Betriebskosten war der Superjet aber wirtschaftlich ein Misserfolg.

Lediglich Air France und British Airways schafften auf Druck ihrer Regierungen insgesamt 14 Maschinen an, die in 27Jahren gerade einmal rund 3,8 Millionen Reisende beförderten. Wegen ihrer nicht nur massenhaft Treibstoff fressenden, sondern auch dröhnenden Triebwerke durfte die Concorde nur über dem Meer auf Überschall beschleunigen und hatte zuletzt in fast allen Ländern ein Landeverbot.

Airbus und Boeing haben einen anderen Schwerpunkt

So konzentrieren sich die großen Flugzeughersteller Airbus und Boeing vorerst darauf, neue Verkehrsjets leiser und effizienter zu bauen. Deren Reisegeschwindigkeiten liegen bei 900 km/h. Zudem liegt der Fokus angesichts immer längerer Flugstrecken und ständig wachsender Passagierzahlen – 2014 waren es weltweit erstmals mehr als drei Milliarden – auf höherem Sitzkomfort und umfangreicheren Bordunterhaltungsprogrammen. Doch gerade für Geschäftsreisende wird auch in Zukunft der Zeitfaktor eine gewichtige Rolle spielen.

So arbeiten die großen Triebwerkshersteller inzwischen an neuen Aggregaten, die mit deutlich geringerem Treibstoffverbrauch ausreichenden Schub liefern. Gleichzeitig gilt es, die Stoßwellen zu eliminieren, die das gemeinhin als „Überschallknall“ bezeichnete Geräusch beim Überschreiten der Schallgeschwindigkeit erzeugen. Auf dieser Basis werden ebenso wirtschaftliche wie umweltfreundliche Nachfolger für die Concorde geplant. Boeing und Lockheed-Martin in den USA haben im Rahmen des High-Speed-Forschungsprojektes der Nasa künftige Überschall-Verkehrsflugzeuge entworfen, von denen Modelle bereits im Windkanal getestet und optimiert werden. Ein erstes Ergebnis dieser Versuche ist, dass die Tragflächen den Lärm nach oben ableiten können, wenn die Triebwerke auf ihnen angebracht werden. Parallel dazu ließ man Probanden 140 verschiedene Geräusche bewerten, um zu ermitteln, welche von den Menschen als die am wenigsten störenden empfunden werden.

Die japanische Aerospace Exploration Agency (Jaxa) hat parallel dazu ein Silent Supersonic Concept Model entwickelt. Das maßstabgetreue Flugzeugmodell soll von einem Ballon auf 30 Kilometer Höhe geschleppt werden, im anschließenden Sturzflug die Schallmauer durchbrechen und so Messdaten für einen lärmarmen Überschalljet liefern.

Nasa-Experten sagen, es dauert noch 15 Jahre

Airbus hat indessen kürzlich einen Kooperationsvertrag mit der US-amerikanischen Aerion Corporation geschlossen. Diese arbeitet an einem kleineren Businessjet für bis zu zwölf Passagiere, der etwa die eineinhalbfache Schallgeschwindigkeit (rund 1837 km/h) erreichen soll. Für die Strecke von Chicago nach Frankfurt würde die AS2 nach Herstellerangaben gut fünf Stunden benötigen, immerhin dreieinhalb Stunden weniger als ein klassischer Jumbo-Jet. Nach den Plänen von Aerion könnte die Maschine bereits in fünf Jahren die Flugerprobung aufnehmen und 2021 die Musterzulassung erhalten.

Etwas länger wird es noch dauern, bis ein echter Concorde-Nachfolger verfügbar ist. Nasa-Experten gehen davon aus, dass ein neuer Überschall-Verkehrsjet frühestens in 15 Jahren seine Einsatzreife erreichen könnte. Dann müsste allerdings umgehend mit der konkreten Entwicklung begonnen werden. Das scheint derzeit angesichts der immensen Entwicklungskosten eher unrealistisch. Bisher haben aber weder Airbus noch Boeing konkrete Pläne für die Realisierung.

Manche visionären Forscher gehen aber längst schon einen Schritt weiter. Bei der Jaxa arbeitet man bereits am Hypersonic Passenger Aircraft. Dabei handelt es sich um ein Verkehrsflugzeug mit einem bereits im Modell getesteten durch Wasserstoff gekühlten Turbojet-Antrieb. Es soll die fünffache Schallgeschwindigkeit (rund 6125 km/h) erreichen. Damit ließe sich die Flugzeit zwischen Paris und Tokio von derzeit zwölf auf gut zwei Stunden reduzieren.

Rainer W. During

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