Todesstrafe in den USA: Oklahomas Gouverneurin gerät nach missglückter Hinrichtung unter Druck
Nachdem die Tötung mit einer Giftspritze bei einem Gefangenen im amerikanischen Bundesstaat Oklahoma vergangene Nacht schief gegangen ist, starb Clayton D. Lockett schließlich an einem Herzinfarkt. Das Weiße Haus bezeichnet die Hinrichtung als unmenschlich.
Die qualvolle Hinrichtung eines 38-Jährigen im US-Staat Oklahoma mit einer Giftinjektion entsprach nach Ansicht des Weißen Hauses nicht menschenwürdigen Standards. Selbst wenn die Todesstrafe angemessen sei, müsse sie auf humane Weise vollstreckt werden, sagte US-Regierungssprecher Jay Carney am Mittwoch. „Ich denke, jeder würde anerkennen, dass dieser Fall hinter diesem Standard zurückblieb.“ Eine Untersuchung des Justizministeriums werde es seiner Kenntnis nach aber nicht geben.
Es gebe zwar Belege, dass die Kriminalitätsrate in den USA durch die Todesstrafe nur bedingt gesenkt werde, sagte Carney. Präsident Barack Obama glaube aber dennoch, dass die Todesstrafe bei einigen „abscheulichen“ Straftaten angemessen sei. Das gelte auch für den Fall von Lockett, dessen Todeskampf in den USA für Empörung sorgte.
Für die Nacht waren zwei Hinrichtungen geplant
Eigentlich sollten in der Nacht zum Mittwoch gleich zwei Hinrichtungen im Gefängnis in McAlester im amerikanischen Bundesstaat Oklahoma vollzogen werden. Clayton D. Lockett war der erste von zwei schwarzen Männern, die diese Nacht nicht überleben sollten. Ihm wurde die Giftspritze verabreicht. Als er bereits für „bewusstlos“ erklärt worden war, begann der Mann zu zucken und nach Luft zu schnappen, berichtet die „New York Times“. Außerdem rief Lockett „Mann“. Ein Gefängniswärter sagte „da ist etwas faul“, berichteten Zeugen. Der Amtsarzt stoppte die Hinrichtung darauf und stellte fest, dass die Infusion nicht mehr lief und das Gift nicht mehr in den Gefangenen lief.
Der Direktor des Gefängnisses, Robert Patton, teilte später mit, dass Clayton D. Lockett um 7.06 Uhr abends in seiner Zelle starb – an einem Herzinfarkt. Vom Beginn der Hinrichtung bis zu seinem Tod dauerte das ganze mehr als 40 Minuten. Die Hinrichtung von Charles F. Warner, der eigentlich gleich im Anschluss zwei Stunden später hätte sterben sollen, wurde zunächst um zwei Wochen verschoben.
Gefängnisse haben Probleme, den Giftcocktail zu beschaffen
Schon im Januar hatte in Oklahoma eine Hinrichtung stattgefunden, bei der der Verurteilte während der Exekution eigentlich schon im zweiten Stadium der Hinrichtung, in dem er hätte bewusstlos sein sollen, murmelte: „Mein ganzer Körper brennt.“ In Ohio war es im Januar ebenfalls bei einer Hinrichtung zu einem qualvollen zehn-minütigen Todeskampf eines Verurteilten gekommen. Hintergrund der amerikanischen Hinrichtungskrise ist die Tatsache, dass europäische Firmen sich seit nunmehr mehr als einem Jahr weigern, den Gift-Cocktail für Hinrichtungen in den USA zu liefern. Daraufhin haben verschiedene Staaten mit neuen Wirkstoffen experimentiert.
In Oklahoma und in Florida kommt eine Kombination aus dem Narkosemittel Midazolam, das den Gefangenen bewusstlos machen soll. Dann folgt der Wirkstoff Vecuronium, der die Atmung stoppen soll. Und am Ende kommt noch der Wirkstoff Kalium-Chlorid dazu, der den Herzschlag beenden soll. Allerdings hat Florida das Narkosemittel offenbar in viel höherer Dosis verabreicht als Oklahoma.
Um die Todesstrafe wird in den USA hart gekämpft
Die Todesstrafe ist in den USA politisch hart umkämpft. Befürworter und Gegner der härtest möglichen Strafe für schwere Verbrechen stehen sich unversöhnlich gegenüber. Die Todesstrafengegner haben erfolgreich Hersteller und Lieferanten des Gift-Cocktails für die Hinrichtungen unter Druck gesetzt. Deshalb weigern sich viele mögliche Lieferanten, die Medikamente an die Hinrichtungstrakte zu liefern.
In den Staaten mit einer breiten Unterstützung der Todesstrafe ist der öffentliche Druck, Häftlinge hinzurichten, aber so groß, dass die Verantwortlichen alles unternehmen, um irgendwie doch an halbwegs geeignete Chemikalien heranzukommen. Hersteller und Lieferanten sind zum Verkauf allerdings zunehmend nur noch dann bereit, wenn sie anonym bleiben können. In Georgia im Süden der USA sind die Lieferanten und die genauen Handelsnamen der Medikamente deshalb zum „Staatsgeheimnis“ erklärt worden. Ähnliches haben andere Staaten vor, in denen die Todesstrafe viele Befürworter findet. Die Todesstrafengegner wiederum sind gegen diese Geheimhaltungsregeln fast überall vor Gericht gezogen – mit verschiedenen Ergebnissen.
In Oklahoma hat der Streit fast zu einer Verfassungskrise geführt
Der Streit um die Todesstrafe in Oklahoma hat in den vergangenen vier Wochen fast zu einer Staatskrise geführt. Denn dort war es Todesstrafengegnern gelungen, vor einem Gericht Recht zu bekommen. Ein Bezirksgericht hat es für verfassungswidrig erklärt, die Lieferanten und Hersteller sowie die genaue Medikamentenzusammensetzung bei Hinrichtungen geheim zu halten. Die Gouverneurin Mary Fallon, eine Republikanerin kritisierte die Richter dafür scharf und beharrte am dem Hinrichtungstermin. Ein Abgeordneter wollte sogar ein Amtsenthebungsverfahren gegen die Richter in Gang setzen. Doch in der vergangenen Woche hob das Verfassungsgericht Oklahomas das Urteil auf. Fallon setzte die Termine für die Hinrichtungen fest und sagte noch am Dienstag, bevor Clayton D. Lockett auf der Hinrichtungsliege festgeschnallt worden war: „Zwei Männer, die ihre furchtbaren Morde nie bestritten haben, werden ihre gerechte Strafe erhalten.“
Der 38-jährige Clayton D. Lockett hat 1999 eine 19 Jahre alt Frau angeschossen und sie dann lebendig begraben. Der 46-jährige Charles F. Warner hat 1997 ein elf Monate altes Mädchen vergewaltigt und getötet. Sie war die Tochter seiner damaligen Freundin. Seine Hinrichtung wurde nun zunächst verschoben. Mary Fallon sagte nach der missglückten Hinrichtung, nun müssten die Verfahren zur Hinrichtung in Oklahoma überprüft werden. „Solange sollte keine Hinrichtung stattfinden.“ Der Gefängnisdirektor Robert Patton beteuerte am Dienstagabend, die Hinrichtung sei nicht an den Medikamenten gescheitert, sondern an einem Versagen der Venen des Gefangenen. Der politische Streit um die Todesstrafe in den USA dürfte nach dieser Nacht in eine neue Runde gehen. Richard Dieter, Geschäftsführer des Informationszentrums Death Penalty Information Center wird von der Nachrichtenagentur Reuters mit den Worten zitiert: "Das könnte ein Wendepunkt in der ganzen Diskussion werden, denn die Leute sind von solchen Vorfällen angewidert."
Weltweit Kritik an der Hinrichtung in Oklahoma
Amnesty International hat die grausam verpfuschte Hinrichtung eines wegen Mordes verurteilten Mannes im US-Bundesstaat Oklahoma scharf verurteilt. Die Hinrichtung von Clayton Lockett sei in grausamer und ungewöhnlicherweise verlaufen und widerspreche somit eklatant der US-amerikanischen Verfassung, die solche Hinrichtungen verbietet, erklärte die Menschenrechtsorganisation am Mittwoch in Berlin. Der traurige Vorfall zeige daher einmal mehr, dass es eine humane Exekution nicht geben kann, sagte der USA-Experte der deutschen Amnesty-Sektion, Sumit Bhattacharyya, dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Die Verabreichung von Gift ist nicht weniger schmerzhaft oder grausam als andere Arten der Hinrichtung.“
Auch das regionale Büro der amerikanischen Bürgerrechtsorganisation ACLU verurteilte das Vorgehen und besonders die Geheimhaltung der Behörden über die eingesetzten Mittel. Brady Henderson sagt in einer Mitteilung von ACLU: "Wenn wir schon Hinrichtungen haben müssen, dann dürfen sie nicht wie hastig zusammengeworfene Experimente am Menschen vollzogen werden." Die Vereinigung der Strafverteidiger in den USA verurteilte die missglückte Hinrichtung als "groteskes Spektakel". (mit dpa)