Zum Tode verurteile Sudanesin: Miriam Ibrahim soll vom rechten Glauben abgefallen sein
Miriam Ibrahim wurde wegen des Abfalls vom rechten Glauben im Sudan zum Tode verurteilt. Nun hoffen sie und ihr Mann auf Begnadigung – und auf die internationale Diplomatie.
Der sudanesische Außenminister Ali Kharti ist es gewohnt, dass ihn die Probleme seines Landes begleiten, wo immer er hinkommt. Seitdem der Internationale Strafgerichtshof gegen den amtierenden Präsidenten Omar al Baschir 2010 einen internationalen Haftbefehl verhängt hat, ist Ali Kharti seine letzte Verbindung zur Welt – zumindest an den Orten, an denen Baschir damit rechnen müsste, tatsächlich verhaftet zu werden, wenn er sich selbst dort blicken lässt. Zum wiederholten Mal ist der Außenminister so nun nach Deutschland gekommen, um die Beziehungen trotz allem zu verbessern und sein Land aus der Isolation zu bringen. Doch diesmal hat Ali Kharti unter anderem beim Treffen mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) auch noch einen Fall von Christenverfolgung und Frauenhass zu verteidigen.
Am 15. Mai ist Miriam Ibrahim von einem Gericht in Khartum zu 100 Peitschenhieben wegen Ehebruchs und zum Tode durch Hängen wegen des Abfalls vom Glauben verurteilt worden. Die 27-jährige Christin war zu diesem Zeitpunkt hochschwanger. Der Fall löste international einen Proteststurm aus – angeführt von Prominenten wie Mia Farrow. Inzwischen haben 250000 Menschen eine Petition von Amnesty International für die Freilassung der jungen Christin gezeichnet. Zehntausende schickten ihre Forderungen an die sudanesischen Botschaften. Die Frau im Gefängnis hat vor kurzem in Fußfesseln eine kleine Tochter geboren. Ihr 20 Monate alter Sohn ist mit ihr inhaftiert. Angeschwärzt wurde Miriam Ibrahim bei den Behörden von einem Cousin.
Sie ist bei ihrer äthiopischen Mutter aufgewachsen, die christlich-orthodoxen Glaubens ist. Ihr Vater ist Muslim, hat die Familie allerdings verlassen, als Ibrahim noch ein kleines Mädchen war. Sie ist christlich-orthodox erzogen worden und sagte vor Gericht, dass sie nicht bereit sei, ihren Glauben aufzugeben. In dem islamischen Staat gilt die Scharia, das islamische Recht. Demzufolge sind Ehen zwischen Christen und Muslimen nicht zulässig und damit ungültig. Und die Tochter eines Muslims gilt prinzipiell als Muslim.
Noch wird die Strafe nicht vollstreckt
Miriam Ibrahim hat 2011 den Amerikaner Daniel Wani geheiratet. Wani hat südsudanesische Wurzeln und ist Christ. Da Ibrahim als Muslimin angesehen wird, ist ihre Ehe mit Wani als ungültig definiert worden – ihr wird Ehebruch vorgeworfen. Zudem wurde sie im Verlauf des Verfahrens wegen Abfalls vom islamischen Glauben zum Tode verurteilt. Nach der sudanesischen Verfassung darf die Todesstrafe jedoch vorläufig nicht vollzogen werden. Zwei Jahre soll sie am Leben bleiben, um ihr neugeborenes Kind zu versorgen. Ihr kleiner Sohn darf nicht zum Vater, weil sein Vater kein Sorgerecht geltend machen kann. So weit, so verfahren.
Wanis und Ibrahims Anwalt hat Einspruch gegen die Todesstrafe für seine Mandantin eingelegt und Wani hat zudem eine Rücknahme der Annullierung seiner Ehe beantragt. Die Chancen, dass ein Berufungsgericht die Todesstrafe aufhebt, stehen offenbar nicht schlecht. Denn der Sudan hat in der eigenen Verfassung die Religionsfreiheit garantiert. Zudem hat das Land schon vor Jahrzehnten internationale Abkommen ratifiziert und sich damit zur Gewährung von Religionsfreiheit verpflichtet. Allerdings können sich Berufungsverfahren jahrelang hinziehen. Und der kleine Sohn von Wani und Ibrahim zeige schon beunruhigende Veränderungen, berichtete Wani dem amerikanischen Fernsehsender CNN.
Kann Außenminister Steinmeier helfen?
Am Wochenende hatte ein Staatssekretär des Außenministeriums internationalen Medien gesagt, dass Miriam Ibrahim „binnen Tagen“ freikommen werde. Diese Aussage hat das Ministerium am Montag dann aber wieder zurückgenommen und auf die „freie Justiz“ verwiesen, die allein entscheiden dürfe, wie es mit Miriam Ibrahim weitergeht. Die deutsche Botschaft in Khartum hat schon unmittelbar nach dem Todesurteil die „Besorgnis“ der Bundesregierung zu Protokoll gegeben. Angesichts der internationalen Verpflichtungen, die der Sudan eingegangen ist, dürfte Steinmeier am Mittwoch zudem die Chance genutzt haben, den Druck in dem Fall zu erhöhen.
Dass ein durch einen Militärputsch an die Regierung gekommenes Regime die Verantwortung für den Fall der Justiz überlassen will, ist keine besonders glaubwürdige Strategie. Vielleicht wird Ali Kharti auf seiner Tour durch Europa Zugeständnisse machen. Vielleicht ist es für seine Mission gar nicht schlecht, dass er mit der Geschichte um Miriam Ibrahim zu tun hat. Damit kann er politische Flexibilität beweisen, die Steinmeier von ihm auch mit Blick auf die Krise im Südsudan verlangen dürfte. Im sehr viel schwierigeren Fall seines Präsidenten muss Kharti nicht über Zugeständnisse verhandeln.
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