Deutschland, Europa und USA: Meteorologen erwarten mehrwöchige Kältewelle
Nach dem vielen Schnee in den Alpen kommt die Kälte - nicht nur in Deutschland. Metereologen sehen dennoch den Langfristtrend wärmerer Winter bestätigt.
Extrawarme Socken und dicke Pullover im Dauereinsatz: Der Deutsche Wetterdienst (DWD) rechnet von Mitte kommender Woche an mit einer Kältewelle, die bis zu vier Wochen dauern könnte. „Ich habe es selten erlebt, dass alle Rechenmodelle so eindeutig auf eine gleiche Entwicklung hinweisen“, sagte DWD-Sprecher Andreas Friedrich am Freitag.
Besonders streng dürfte die Kälte demnach dort ausfallen, wo jetzt bereits Schnee liegt. Dort kann es den Prognosen zufolge in den Nächten minus zehn bis minus zwanzig Grad kalt werden. Auch andernorts könnte es vor allem nachts sehr frostig werden: „Tagsüber können die Temperaturen zwischen minus drei und vier Grad plus liegen, nachts zwischen minus elf Grad und Null Grad“, so Friedrich.
Auch Schnee wird erwartet. Zu Beginn der kommenden Woche ströme Luft aus Sibirien ein, die sehr kalt trocken sei, sagte Friedrich. Tiefausläufer aus dem Westen könnten dann in der zweiten Wochenhälfte Niederschläge zunächst im Westen bringen. „Am Wochenende kann dann durchaus ein großer Teil Deutschlands auch im Tiefland unter einer Schneedecke liegen“, vermutete der DWD-Sprecher.
Nicht nur Deutschland, sondern ganz Europa und auch die USA stehen den meteorologischen Vorhersagen zufolge vor einer Kältewelle - doch das widerspricht nach Einschätzung der Munich Re nicht dem Langfristtrend wärmerer Winter. „In Zukunft haben wir mehr milde Winter zu erwarten, auch wenn es immer wieder Kältephasen geben kann“, sagte der Geowissenschaftler Eberhard Faust, Forschungsleiter für Klimarisiken und Naturgefahren bei dem weltgrößten Rückversicherer.
Ursache für die wohl bevorstehende Kälte in der kommenden Woche ist eine ungewöhnliche Wetterlage. „Im Winter liegt über dem polaren Bereich in der höheren Atmosphäre, der Stratosphäre, ein Wirbel, der vom Jetstream umschlossen wird und die kalte Luft quasi einschnürt“, sagte Faust. „Nun kann es passieren, dass sich der Polarwirbel abschwächt und die kalte Luft aus der Polarregion weit nach Süden vordringen kann.“
Die Vorgänge in der hohen und bodennahen Atmosphäre seien gekoppelt. „Im Extremfall kann diese Struktur sogar zerstört werden, so dass zwei Tochterwirbel entstehen. Eine solche Lage haben wir derzeit, mit einem Tochterwirbel in Nordamerika im Bereich über der Hudson Bay und einem zweiten über Westsibirien“, sagte Faust. In einer derartigen Situation seien Kaltluftausbrüche nach Süden leicht möglich.
Die Munich Re dokumentiert seit Jahrzehnten Naturkatastrophen und Georisiken rund um den Globus, da dies für die Risikobewertungen der Versicherungsbranche von großer Bedeutung ist. Die Expertise der Münchner Fachleute fließt auch in die Einschätzungen des Weltklimarats IPCC ein.
So wie es sich im Moment darstellt, werde sich die Kälte in der kommenden Woche vom 21. bis 27. Januar und mindestens auch in der Folgewoche in östlichen und zentralen Teilen Nordamerikas festsetzen. „Auch in Teilen Europas kann es nach den derzeitigen Vorhersagen im Zusammenhang des destabilisierten Polarwirbels im Verlauf der kommenden Wochen deutlich kühler werden“, sagte Faust.
Der Ostküste der USA steht zudem voraussichtlich ein kräftiger Wintersturm bevor. „Bei uns kommen Winterstürme meist aus westlichen Richtungen im Zusammenhang mit milderen Temperaturen, weil dabei mildere Luftmassen vom Atlantik herantransportiert werden. An der US-Ostküste hingegen gibt es die so genannten Nordoststürme oder Nor'easter“, sagte Faust. Ein kalter Sturmwind komme von Nordosten und könne starken Schneefall in den Küstenregionen mit sich bringen.
„Generell sind die Winter aber auch in den USA, insbesondere in der Westhälfte, milder geworden“, sagte der Wissenschaftler. Im Nordosten zeigten zumindest die Tiefsttemperaturen seit vier Jahrzehnten einen Zunahmetrend. „In Mitteleuropa, insbesondere Deutschland, sehen wir, dass die Winter im Langzeittrend milder und niederschlagsreicher geworden sind, und auch die Anzahl der Frosttage abgenommen hat.“ (dpa)