Stärkster El Niño aller Zeiten: Klimaphänomen bedroht Korallen im Pazifik
El Niño trifft den Pazifik: Papua-Neuguinea kämpft mit der schlimmsten Dürre seit 20 Jahren, im September wüteten gleich drei Hurrikans.
Lange wurde er angekündigt, jetzt ist er da: Über dem Pazifik ist der wahrscheinlich stärkste El Niño aller Zeiten im Gange. Papua-Neuguinea kämpft mit der schlimmsten Dürre seit 20 Jahren und über dem Pazifik wüteten im September gleich drei Hurrikans. Schlechte Nachrichten bedeutet der El Niño auch für die Korallenriffe der Region.
Bereits im vergangenen Jahr kündigten die Wissenschaftler einen El Niño an, ein Klimaphänomen, bei dem die Temperaturen des Oberflächenwassers im Südostpazifik über mehrere Monate hinweg um mehr als 0,5 Grad über dem Durchschnitt liegen. Im Ozean selbst leiden die Korallen, die durch die höheren Wassertemperaturen bleichen und absterben. Sie sind jedoch für das Ökosysteme der Riffe von entscheidender Bedeutung.
Kein Vergleich zum letzten Jahr
Noch vor einem Jahr kam die Pazifikregion vergleichsweise glimpflich davon. „Wir hatten zwar El-Niño-gleiche Bedingungen, aber nicht offiziell einen El Niño“, sagte Karl Fellenius, ein Meereswissenschaftler, der als Korallenriff- Manager für den University of Hawaii Sea Grant auf den Marschallinseln stationiert ist. Trotzdem musste Fellenius bereits im vergangenen Jahr „die schlimmste Korallenbleiche, die die Marschallinseln je verzeichnet haben“ feststellen. Alleine in den Riffen um die Hauptstadt Majuro starben ein Drittel aller Korallen ab – von der Oberfläche bis auf 40 Meter Tiefe. „Es war also letztes Jahr schon richtig schlecht“, sagte der Wissenschaftler. „Doch dieses Jahr ist es noch mal schlimmer.“
Neben den Marschallinseln waren im vergangenen Jahr auch Riffe in den Pazifikstaaten Kiribati, Tuvalu, den Nördlichen Marianen und Guam sowie in Hawaii und Florida betroffen. Nur das ohnehin bereits geschwächte australische Great Barrier Reef kam damals noch mal geradeso davon.
Nun hat sich aber bereits in der ersten Hälfte von 2015 das Oberflächenwasser im äquatorialen Pazifik erwärmt und frühe tropische Stürme kündigten eine extreme Form des El Niño an. Die Weltwetterorganisation in Genf rechnet mit dem schwersten El-Niño-Phänomen seit mindestens 18 Jahren. In der Folge sei mit schweren Dürren in Australien, Südostasien, Mittelamerika und im südlichen Afrika zu rechnen, während am Horn von Afrika oder im Westen Südamerikas schwere Regenfälle und Überschwemmungen auftreten könnten.
Fischerei soll eingeschränkt werden
Vor 18 Jahren, zum Jahreswechsel 1997/98, stiegen die Temperaturen im tropischen Pazifik so dramatisch an, dass rund 15 Prozent der weltweiten Korallen abstarben. Nun befürchten Meteorologen, dass sich die Region und vor allem auch Australien diesen Sommer nochmals intensiver „aufheizen“ wird.
„Wir erwarten ein signifikantes Ereignis, egal wie man es dreht“, sagte Andrew Watkins von der australischen Wetterbehörde der Tageszeitung „Sydney Morning Herald“. Die Atmosphäre und der Ozean würden sich in diesen Fall gegenseitig anfachen. Die Wassertemperaturen im Ostpazifik seien in 75 Metern Tiefe schon jetzt über sieben Grad wärmer als normal. Typischerweise entwickelt sich ein El Niño zwischen Mai und Juni, wird von September bis November immer stärker, um im Dezember und Januar seinen Höhepunkt zu finden und danach wieder langsam abzuflachen.
Nach den schon jetzt deutlich höheren Meerestemperaturen fürchtet der Meeresforscher Fellenius, dass das Korallensterben in diesem Jahr besonders intensiv wird. Deswegen setzt sich der Wissenschaftler auf den Marschallinseln gerade dafür ein, Teile der Riffe, die auch schon durch einen schlimmen Sturm Anfang Juli schwer geschädigt wurden, für die Fischerei zu schließen. Nur so könnten „die Algen fressenden Fische dort ihren Job tun und die Korallen wieder auf Vordermann bringen“, sagte Fellenius.
Denn ohne die Fische hätten die Algen freie Bahn, sich nach einer Bleiche auf den Korallenskeletten abzusetzen, die dadurch brüchig werden würden. Viele abgebrochene Korallenteilchen im Wasser würden dann wiederum die Fortpflanzung der Korallen beeinträchtigen. Ob die Fischer dem Wunsch des Wissenschaftlers jedoch entsprechen werden, ist bisher noch unklar.