Bundesverfassungsgericht: Kirche darf wiederverheiratete Ärzte entlassen
Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts erlaubt es der Katholischen Kirche, Katholiken in Führungspositionen schlechter zu behandeln als beschäftigte Nichtkatholiken. Die Argumentation ist ein bisschen vertrackt.
Die Katholische Kirche darf leitende Ärzte oder Verwaltungschefs entlassen, wenn diese sich scheiden lassen und erneut heiraten. Das Bundesverfassungsgericht hat am Donnerstag erneut betont, dass es zum Selbstbestimmungsrecht der Kirche gehöre, welche Loyalitätspflichten sie von bei ihnen Beschäftigten verlange. Weltliche Arbeitsgerichte können nur in einem zweiten Schritt prüfen, ob im Einzelfall die Grundrechte des Beschäftigten überwiegen.
Ein katholischer Chefarzt aus Düsseldorf war 2009 aus einem kirchlichen Krankenhaus entlassen worden, nachdem er sich hatte scheiden lassen und erneut heiratete. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt erklärte die Kündigung 2011 aber für unwirksam. Denn das Krankenhaus beschäftige auch andere leitende Klinikärzte trotz Scheidung. Die Kirche legte Verfassungsbeschwerde ein und hatte damit jetzt Erfolg. Allerdings ist der Streit noch nicht zu Ende. Der Fall wurde vom Bundesverfassungsgericht an das BAG zurückverwiesen. Das muss nun das Selbstbestimmungsrecht der Kirche mit dem Grundrecht des Arztes auf Schutz seiner persönlichen Freiheit und dem Grundrechtsschutz seiner neuen Ehe abwägen.
Ein wiederverheirateter katholischer Chefarzt ist illoyaler als ein nichtkatholischer Chefarzt und das auch noch dauerhaft, wenn die zweite Ehe hält
Die katholische Kirche in Deutschland hat 1993 neue Grundsätze formuliert. Die Grundordnung bestimmt, dass Leitungsaufgaben – auch in kirchlichen Krankenhäusern oder Kindergärten – nur Katholiken übertragen werden sollen. Für katholische Angestellte gelten wiederum höhere Loyalitätspflichten als für andersgläubige Christen oder Nicht-Christen. Schließlich gibt es für Katholiken eine Abstufung nach Position. Ein katholischer Pfleger wird bei einer Wiederheirat nicht unbedingt entlassen, eine Führungskraft dagegen schon. Diese Abstufung führte am Düsseldorfer Vinzenzkrankenhaus auch dazu, dass es wiederverheiratete (nicht-katholische) Chefärzte gab, dem katholischen Leiter der Inneren Medizin aber gekündigt wurde.
Das Bundesverfassungsgericht stellt nun klar, dass die Unterscheidung zwischen Katholiken und Andersgläubigen ebenfalls zum Selbstbestimmungsrecht der Kirche gehöre. Arbeitsgerichte könnten nicht ihre eigenen Maßstäbe an die Stelle der Kirche setzen und die Abstufung als ungerechtfertigte Ungleichbehandlung bewerten. Auch einem Urteil des Straßburger Menschenrechtsgerichtshofs folgten die Karlsruher Richter nicht, wonach nur „kirchennahe“ Mitarbeiter stärkere Loyalitätspflichten hätten, unabhängig von ihrer Leitungsfunktion.
Dennoch dürfe die Kündigung nicht automatisch erfolgen. Denn nach dem Grundgesetz stehe auch die zweite Ehe des Arztes unter Grundrechtsschutz und sei nicht geringer zu bewerten als die erste. Schließlich müsse aber berücksichtigt werden, dass die Kirche durch die zweite Ehe mit einem „dauerhaften illoyalen Verhalten des Arbeitnehmers“ konfrontiert sei.
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