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Einsatzkräfte mit Hunden brechen am Freitag im Kanton Graubünden zu Suche auf.
© dpa
Update

Nach Bergrutsch in der Schweiz: Kaum noch Hoffnung für acht vermisste Wanderer

Ihr Schicksal ist unklar, doch die Retter sind pessimistisch: Nach dem Bergrutsch fehlt von den Vermissten aus Deutschland und Österreich jede Spur.

Nach dem gewaltigen Bergsturz im Kanton Graubünden in der Schweiz haben Hubschraubermannschaften bis in die Nacht nach den acht Vermissten aus Deutschland und Österreich gesucht. Mit Scheinwerfern und Wärmebildkameras flogen sie das beliebte Wandergebiet im Bondasca-Tal an der italienischen Grenze immer wieder ab, zunächst jedoch ohne Erfolg. Aus Sicherheitsgründen wurde die Suche in der Nacht eingestellt. Sie wurde am Freitag fortgesetzt, es fehlte aber zunächst weiterhin jede Spur.

Die Deutschen stammen aus Baden-Württemberg

In den höheren Lagen zeigte sich ein Bild der Verwüstung, berichteten Retter im Schweizer Fernsehen. Der Schutt türme sich dort 40 bis 50 Meter hoch auf. Die acht vermissten Wanderer und Bergsteiger hätten in der Sciora-Hütte übernachtet und seien am Mittwoch zwei Stunden vor dem Bergsturz losgegangen, berichtete Hüttenwart Reto Salis-Hofmeister dem Sender SRF.

Die deutschen Wanderer stammen aus Baden-Württemberg. Das sagte ein Polizeisprecher am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Der Herkunftsort sei bekannt, werde aber noch nicht veröffentlicht. Die Polizei stehe in Kontakt mit den Angehörigen. Die Polizei wollte die Zahl der Deutschen offiziell noch nicht bestätigen. Die anderen ausländischen Vermissten stammen nach Polizeiangaben aus der Steiermark in Österreich.

Dieses Bild aus einem Video zeigt, wie die Lawine nahe des Dorfes Bondo abrutscht.
Dieses Bild aus einem Video zeigt, wie die Lawine nahe des Dorfes Bondo abrutscht.
© AFP

Der Hüttenwart der Berghütte Sasc Furä hatte der Zeitung "Blick" gesagt, vier der Vermissten seien Deutsche. Sie hätten in der Hütte übernachtet und seien am Mittwochmorgen in die Richtung losgewandert, in der wenig später der Bergsturz passierte.

Trotz der groß angelegten Suchaktion schwinden die Hoffnungen, die Wanderer lebend zu retten. 48 Stunden nach dem Unglück seien die Überlebenschancen nicht mehr sehr hoch, sagte der Sprecher der Kantonspolizei, Roman Rüegg, bei einer Pressekonferenz am Freitag.

Bundespräsidentin Doris Leuthard ist pessimistisch

Auch die Schweizer Bundespräsidentin Doris Leuthard äußerte sich pessimistisch. "Mit jeder Stunde steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die acht vermissten Personen tot sind", sagte sie am Donnerstag nach einem Besuch in der Unglücksregion dem "Blick".

Die ersten Bewohner können unterdessen am Freitag wieder in ihre Häuser zurückkehren. Teile des Orts seien aber nach wie vor gesperrt, sagte Gemeindepräsidentin Anna Giacometti. Die betroffenen Einwohner könnten daher erst in den kommenden Tagen oder Wochen wieder in ihre Häuser einziehen. Die Wanderwege in der Region waren laut Giacometti bereits Mitte August als gefährlich eingestuft worden. "Wir haben viersprachige Tafeln im Dorf aufgestellt", sagte sie der Zeitung "Blick". Auch am Eingang des Tales sei auf die Gefahren hingewiesen worden.

Eine Geröll- und Schlammlawine bewegte sich ins Tal

Zuerst waren Unmengen Fels und Geröll von der Spitze des 3369 Meter hohen Piz Cengalo abgebrochen und ins Tal gedonnert. Anschließend bildete sich ein Murgang, der in seiner Schnelligkeit und seinem Ausmaß die Experten überraschte. Dabei handelt es sich um eine Geröll- und Schlammlawine, die sich mit ungeheurer Kraft ins Tal bewegt und alles zerstört, was im Weg ist. Drohen-Aufnahmen zeigten eine riesige graue Schlammwüste.

Schlamm und Gesteinsbrocken verschütten nach einem Erdrutsch Teile von Bondo im Kanton Graubünden (Schweiz).
Schlamm und Gesteinsbrocken verschütten nach einem Erdrutsch Teile von Bondo im Kanton Graubünden (Schweiz).
© dpa

Genau in dieser Region rund 35 Kilometer südwestlich von St.Moritz lief nach einem früheren Bergsturz 2011 und mehreren Murgängen 2012 ein Forschungsprojekt. Die Arbeitsgemeinschaft Alpenländer hat dort die Ursachen von Fels- und Bergstürzen in Permafrostgebieten erforscht. Im Juli seien die letzten Messungen vorgenommen worden, sagte Martin Keiser, Amt für Wald und Naturgefahren Graubünden, im Fernsehen SRF. „Deshalb war man auf einen Bergsturz vorbereitet.“

Die Gletscherschmelze habe zu dem Bergsturz beigetragen, sagte die Permafrostforscherin Marcia Phillips vom Institut für Schnee- und Lawinenforschung der Zeitung "Tages-Anzeiger". "Auch der Gletscher am Cengalo ist stark abgeschmolzen und dadurch verlor der Fels eine Stütze und wurde instabiler. Diese Konstellation ist grundsätzlich eine Gefahr im Gebirge", zitierte die Zeitung sie. (dpa/AFP)

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