Putin und Schröder-Geburtstag: Kauder: Geburtstagsparty von Schröder mit Putin "nicht hilfreich"
Altbundeskanzler Gerhard Schröder hat trotz der Ukraine-Krise mit Wladimir Putin seinen 70. Geburtstag nachgefeiert. Aber nicht allein: Auch ein prominenter Christdemokrat war dabei. Der ukrainische Botschafter in Deutschland reagiert süffisant.
Zu St. Petersburg hat Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) eine besondere Beziehung: Es ist die Geburtsstadt seiner beiden Adoptivkinder. Und in der einstigen Zarenhauptstadt hat er nun auch seinen 70. Geburtstag nachgefeiert. Dafür hat das Unternehmen Nordstream, das die gleichnamige Ostsee-Pipeline betreibt und vom russischen Staatskonzern Gazprom dominiert wird, einen Empfang ausgerichtet. Immerhin ist Schröder Vorsitzender des Aktionärsausschusses des Unternehmens.
Stargast des Abends war der russische Präsident Wladimir Putin. Schröder empfing seinen langjährigen Duzfreund am Eingang des Jussupow-Palais mit einer herzlichen Umarmung und breitem Grinsen, wie Fotos zeigen. Nach Angaben des Unternehmens habe Putin ein kurzes Grußwort an die Gäste gehalten, sei aber nicht den ganzen Abend anwesend gewesen.
Auch Mißfelder, Sellering und der deutsche Botschafter waren dabei
Schröder war demzufolge nicht der einzige prominente Deutsche. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) hat an dem Empfang teilgenommen, genau wie der deutsche Botschafter und Philipp Mißfelder, der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion.
In deutschen Regierungskreisen betonte man, dass es keinen offiziellen Auftrag für Schröder gebe oder gegeben habe. "Er ist nicht mit einem Auftrag der Bundesregierung unterwegs." Man könne erkennen, "dass Herr Schröder schon aus der aktiven Politik ausgeschieden ist". Außerdem wird in Regierungskreisen hervorgehoben, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel selbst regelmäßig mit Putin telefoniere und auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) dies mit seinem russischen Kollegen tue.
Gysi: "Hoffentlich hat Schröder Gelegenheit genutzt, um Putin von Notwendigkeit der Deeskalation zu überzeugen"
Kritik an der Feier kommt sowohl aus der Union als auch von den Grünen. "Nach dem jetzigen Stand kann ich es nicht als hilfreich betrachten“, sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder am Dienstag nach einer Klausurtagung der Fraktionsführungen von Union und SPD auf dem Petersberg bei Bonn. Vermutlich sei auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) davon nicht überzeugt. Die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, Gerda Hasselfeldt, sagte: "Ich war befremdet über das Umarmungsfoto."
"Wenn Bundeswehrsoldaten in der Ostukraine von prorussischen Milizen gefangengehalten werden, dann ist das nicht der Zeitpunkt für sorglose Geburtstagsfeiern mit dem Duzfreund Wladimir“, erklärte die Grüne-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Es sei gute Tradition, dass sich ehemalige Regierungschefs in Krisen als Vermittler betätigten. "Vermitteln bedeutet allerdings nicht, Party mit Putin zu feiern und die ernsthaften und schwierigen Bemühungen des sozialdemokratischen Außenministers zur Eindämmung der Krise auf gefährliche Art und Weise zu torpedieren."
Linken-Fraktionschef Gregor Gysi, der zu Beginn der Ukraine-Krise ein Engagement von Schröder gefordert hatte, sagte dem Tagesspiegel: "Ich hoffe, dass Herr Schröder die Gelegenheit genutzt hat, um auch Putin von der Notwendigkeit der Deeskalation in und um die Ukraine zu überzeugen."
Oppermann verteidigt Schröder
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann nahm Schröder in Schutz. "Ich weiß nicht, was der Bundeskanzler bei seiner privaten Begegnung mit Putin besprochen hat“, sagte Oppermann. "Aber ich bin ganz sicher, dass er dem russischen Präsidenten klargemacht hat, dass er aktiv etwas dafür tun muss, dass die Geiseln freigelassen werden." Im Osten der Ukraine halten Separatisten seit Freitag ein Team von westlichen Militärbeobachtern fest, darunter auch vier Deutsche.
Allerdings sehen das nicht alle in der SPD so. Offen übt zwar bisher noch keiner Kritik, aber hinter vorgehaltener Hand sind viele nicht angetan von der Geburtstagsparty ihres ehemaligen Vorsitzenden. Einige Sozialdemokraten sagen, die ganze Aktion sei doch ziemlich "unpassend" gewesen.
Und wie reagiert die Ukraine? Diplomatisch zurückhaltend, aber mit klarer Position. „Wir wissen den großen Beitrag von Herrn Schröder für die Entwicklung der ukrainisch-deutschen Beziehungen sehr zu schätzen und wünschen ihm zu seinem Geburtstag nachträglich alles Gute“, sagte Botschafter Pavlo Klimkin dem Tagesspiegel. Heute sei Schröder kein aktiver Politiker mehr und könne als Privatperson selbstverständlich sein Jubiläum feiern, wo er wolle. „Da seine russischen Freunde heute in Europa nicht willkommen sind, kann ich ganz gut nachvollziehen, wieso der Herr Altbundeskanzler nach St. Petersburg geflogen ist.“
Christian Tretbar, Christian Böhme