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"Satire kann man nicht töten", steht in einer Sprechblase. Zu sehen sind eine Figur ohne Kopf, welche eine Ausgabe des Satiremagazins "Charlie Hebdo" in den Händen hält, und ein schwarz gekleideter "Terrorist" mit Schwert.
© Federico Gambarini/dpa
Update

Rosenmontag nun doch mit "Charlie Hebdo": Karneval im Rheinland: „Satire kann man nicht töten“

Karnevalisten haben immer schon etwas Rebellisches, das gilt auch in Zeiten islamistischer Anschläge. In Köln, Düsseldorf und Mainz feiern Narren und Jecken Rosenmontag - ohne das Thema Terror auszusparen.

In den rheinischen Rosenmontagszügen fahren nun doch Motivwagen zum Thema islamistischer Terror mit. In Düsseldorf gibt es laut der dort erscheinenden „Rheinischen Post“ (Montag) vier Wagen, die zu den Anschlägen auf die Pariser Redaktion des Satiremagazins „Charlie Hebdo“ sowie den Attentaten in Kopenhagen Stellung beziehen. In Köln sind zwei Mottowagen zum Thema am Start. Der Beschluss des Festkomitees Kölner Karneval, das geplante Gespann zurückzuziehen, hatte im Januar für Kontroversen gesorgt.

Der Kölner Rosenmontagszug startete pünktlich: Um 10.11 Uhr spielten die Fanfaren das Startsignal und der Zug setzte sich in Bewegung. Eine umgestaltete Version des Wagens führt nun sogar den Kölner Zug an. Er zeigt einen gerodeten Buntstift-Wald, aus dem ein Stift mit der Aufschrift „Narrenfreiheit“ wächst, der von einem kölschen Clown gegossen wird. Davor liegt ein Teil der nicht fertiggestellten Figur des Attentäters des ursprünglich geplanten Wagens.

Der Stift als Symbol der Meinungsfreiheit

„Damit hat der Clown mit der Narrenfreiheit gesiegt“, so das Festkomitee Kölner Karneval gegenüber dem „Kölner Express“ (Montag). Der Wagen bilde eine Fortsetzung des nicht realisierten Wagens, der beide Figuren in einer Auseinandersetzung gezeigt habe. „Man erahnt nun den Schaden, sieht jedoch auch die hoffnungsvolle positive Zukunft.“ Zugleiter Christoph Kuckelkorn sagte dem „Express“, der Clown, der die Meinungsfreiheit pflegt, sei das Symbol dafür, „dass wir jetzt und in Zukunft den Finger in die Wunden legen und auf kölsche Art dem Zeitgeschehen den Narrenspiegel vorhalten werden“. Ein zweiter Wagen, der an der ursprünglichen Zugposition des zurückgezogenen Motivwagens fährt, ist ganz in Grau gehalten und trägt lediglich den Schriftzug „Dat is wat bliev! Dat freudeversprühende Grau!“.

Im Düsseldorfer Zug, der um 12.30 Uhr beginnt, zeigt einer der vier Wagen laut „Rheinischer Post“ zwei aggressive Skelette mit den Aufschriften IS („Islamischer Staat“) und Al-Kaida, die ihre Kräfte beim Armdrücken messen. Ein anderer thematisiert den Irak-Krieg, der das Gespenst IS gebiert. Ein weiterer Wagen werde zunächst verhüllt auf den Weg geschickt und vermutlich im Verlauf des Umzuges enthüllt. Die Entwürfe stammen von Wagenbauer Jacques Tilly. Das Comitee Düsseldorfer Carneval und Tilly wollten am Rosenmontag laut Zeitung deutlich machen, dass Narren die Meinungsfreiheit verteidigen müssen.

Mit einem eigenen Motiv-Wagen haben die Düsseldorfer Narren an die Anschläge auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ erinnert. Entworfen von Zugbauer Jacques Tilly zeigte der Wagen einen kopflosen Mann auf der Flucht vor einem Maskierten, der ein bluttropfendes Schwert schwingt. Aus dem offenen Hals des Flüchtenden mit dem „Charlie Hebdo“-Magazin in den Händen kommt die Spruchblase „Satire kann man nicht töten“. Anders als in Köln bleiben die Düsseldorfer Wagenmotive bis Rosenmontag traditionell geheim. Wagenbauer Tilly hat schon Osama bin Laden, Salafisten und andere religiöse Eiferer, aber auch Rechtsradikale auf die Schippe genommen.

Am Sonntag war der Karnevalsumzug in Braunschweig kurz vor dem Start nach Hinweisen auf einen möglichen Terrorakt abgesagt worden. Die Polizei in Köln, Düsseldorf und Mainz sah jedoch auch am Montag weiterhin keine besondere Gefahr. Die Einsatzkräfte wollten aber besonders wachsam sein. „Wir sind gut vorbereitet“, sagte eine Polizeisprecherin in Köln.

Die Figur des Attentäters ist nur unfertig an Bord

Nach dem Rückzug des „Charlie-Hebdo“-Motivwagens im Kölner Rosenmontagszug gibt es nun gleich doppelten Ersatz. Die Clownfigur, die eigentlich mit einem Buntstift das Gewehr eines Attentäters verstopfen sollte, fährt nun doch mit, wie das Festkomitee Kölner Karneval am Montag mitteilte. Hauptbild ist aber ein gerodeter Stiftewald, aus dem die Narrenfreiheit als neuer Buntstift sprießt. Die Figur des Attentäters ist nur unfertig an Bord. Das ursprüngliche Motiv hatte das Komitee zurückgezogen, weil Berichte über angebliche Sicherheitsmaßnahmen Ängste ausgelöst hatten.

Die Kölnische Karnevalsgesellschaft KKG, die auf dem zunächst geplanten „Charlie-Hebdo“-Wagen fahren wollte, schickt stattdessen einen komplett grauen Wagen auf den Weg. Man habe nicht mit einem neuen „Spaß-Festwagen“ über die ernsthafte gesellschaftliche Debatte hinweggehen wollen, teilte KKG-Präsident Johannes Kaußen mit.

Kurz vor dem Start des Kölner Rosenmontagszugs sind die ersten Jecken aus den Bahnhöfen und U-Bahn-Stationen in Richtung des Zugwegs geströmt. Eine als Clown verkleidete Frau sagte, sie lasse sich die Freude am Straßenkarneval durch Angst vor Terror nicht nehmen. „Aber ich bin schon froh, wenn meine Kinder und ich heute Abend wieder gut zu Hause sind.“ Eine Managerin war unterwegs zu ihrem Büro mit direktem Blick auf den Zug. „Dass der Karneval Attentäter anlocken könnte, ist uns bewusst, aber wir sind nicht wirklich besorgt“, sagte sie. (dpa, KNA)

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