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Das Urteil gegen Anders Breivik ist gesprochen. Im Bild links: Gedenken nahe der Insel Utoya.
© dapd, dpa

Prozess in Norwegen: Höchststrafe: Anders Breivik zu 21 Jahren Haft verurteilt

Das Urteil gegen Anders Breivik ist gesprochen. Das Gericht hat ihn für schuldfähig erklärt und die Höchststrafe von 21 Jahren Haft verhängt. Anschließend kommt der Attentäter von Oslo und Utøya in Sicherungsverwahrung.

Der norwegische Massenmörder Anders Behring Breivik ist vor Gericht für zurechnungsfähig erklärt worden. Die Richter verhängten die Höchststrafe von 21 Jahren Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung. Das Urteil wurde von den fünf Richtern einstimmig getroffen. Breivik nahm den Urteilsspruch im Gerichtssaal mit einem Lächeln auf. Bereits vor dem Urteil hatte er angekündigt, er wolle keine Berufung einlegen, sollten die Richter ihn für schuldfähig erklären. Zwei Expertengutachten hatten zuvor widersprüchliche Ergebnisse zu seinem psychischen Zustand geliefert.

Richterin Wenche Elisabeth Arntzen begann nach der Urteilsverkündung am Vormittag mit einer ausführlichen Begründung, die nach ihren Angaben mehrere Stunden dauern sollte. Dabei verlas sie zunächst Angaben aus dem Werdegang Breiviks. Der Verurteilte wird voraussichtlich in das Gefängnis Ila am Rande von Oslo verlegt.

Ob Breivik zurechnungsfähig und damit schuldfähig ist, war die zentrale Frage, über die das Gericht zu entscheiden hatte. Die Staatsanwaltschaft, die schon zu Beginn des insgesamt zehn Wochen andauernden Prozesses Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit des Täters hatte, plädierte Ende Juni für eine Unterbringung in einer geschlossenen psychiatrischen Abteilung. Breivik hingegen verlangte Freispruch – oder Gefängnis.

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Vier forensische Psychiater hatten in den Monaten zuvor zwei Gutachten präsentiert, die gegensätzlicher kaum sein konnten. Während Synne Sørheim und Torgeir Husby Breivik eine paranoide Schizophrenie attestierten, hielten ihre Kollegen Agnar Aspaas und Terje Törrisen dagegen. Sie waren überzeugt: Weder zum Tatzeitpunkt noch während ihrer Befragung sei Breivik psychotisch gewesen.

Vor Gericht setzten die Fachleute den Streit fort. Mitte Juni waren zusätzlich zu den Gutachtern noch mehr als ein Dutzend Experten in den Zeugenstand gerufen worden. Doch die Aufklärung, die man sich von der Wissenschaft erhofft hatte, gab es nicht. Stattdessen bittere Erkenntnisse. Dass nicht nur die Tat in ihrer Grausamkeit einzigartig ist, sondern auch der Täter. „Vielleicht kann unser diagnostisches System ihn nicht erfassen“, sagte einer der Experten.

Video: Gericht urteilt über Breivik

Breivik selbst versteht sich als politischer Terrorist, dessen Anschlag ein Versuch war, das Land aufzurütteln, aufmerksam zu machen auf eine vermeintliche Islamisierung, auf den „kulturellen Marxismus“ einer liberalen, ihm verhassten Regierung. All dem Einhalt zu gebieten mithilfe von Gewalt und Mord, das war sein Ziel. Der 22. Juli sei auch für ihn ein schlimmer Tag gewesen, wiederholte Breivik mehrfach vor Gericht. Schlimm aber notwendig.

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Mehr als ein Jahr ist es her, dass Breivik 77 Menschen tötete, eine Tat, die sein Land erschütterte. Zu einem ersten Ergebnis ist Norwegen mittlerweile in der Frage gekommen, ob die Sicherheitskräfte am 22. Juli 2011 angemessen reagierten. Eine unabhängige Expertenkommission hat das Verhalten von Polizei und Behörden analysiert. Der mehr als 400 Seiten starke Abschlussbericht kam zu dem Ergebnis, dass nicht nur Breivik früher auf Utøya hätte gestoppt werden können, sondern dass auch die Platzierung der Bombe im Regierungsviertel hätte verhindert werden können, wenn längst bestehende Sicherheitsmaßnahmen und -absperrungen genutzt worden wären. Oslos Polizeichef trat deswegen zurück. (mit AFP, dpa, dapd)

Katja Demirci

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