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Blick auf die Produktionsgebäude des Fleischherstellers Wilke Wurstwaren. Hier steht die Produktion still.
© dpa

Listerien in Wilke-Produkten: Hinweis auf weitere Todesfälle durch verkeimte Wurst

Das Robert-Koch-Institut spricht von drei Verstorbenen. Der Hersteller reicht unterdessen Eilantrag gegen die Schließung der Produktion ein.

Die Zahl der Listerien-Todesfälle im Zusammenhang mit keimbelasteter Wurst des Fleischverarbeiters Wilke ist offenbar größer als bisher angenommen. Die Verbraucherorganisation Foodwatch macht auf eine Veröffentlichung des Robert-Koch-Instituts aufmerksam: Darin ist die Rede von 37 gemeldeten Listeriose-Erkrankungen seit 2014, 29 davon 2018 und 2019. Drei Patienten – in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt – starben demnach direkt oder indirekt an der Infektion.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung habe eine „sehr nahe Verwandtschaft“ zwischen den Keimen und den Listerien in den Lebensmitteln eines „nicht näher benannten Betriebs aus Hessen“ festgestellt. Die beiden südhessischen Todesfälle, auf die sich hessischen Behörden im Fall Wilke beziehen, werden dort nicht aufgeführt.

Dem Robert-Koch-Institut zufolge waren mehrere Betroffene schon vor der Erkrankung „in stationärer Behandlung oder Rehabilitation“.

Die keimbelastete Wurst bedroht auch die Zukunft der 200 Beschäftigten der inzwischen geschlossenen Firma. „Aktuell ist es das Wichtigste, dass die Mitarbeiter an ihr Geld kommen“, erklärte Andreas Kampmann von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) am Donnerstag. So stünden noch viele Septemberlöhne aus. Wie und ob es für Wilke weitergehe, sei völlig unklar. Zuvor hatte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet.

Bislang war von zwei Todesfällen die Rede gewesen

In Wilke-Wurst waren wiederholt Listerien nachgewiesen worden. Die Keime können für Menschen mit geschwächtem Immunsystem tödlich sein. Zwei Todesfälle in Südhessen waren bislang mit Waren der Wilke Waldecker Fleisch- und Wurstwaren GmbH in Twistetal-Berndorf in Verbindung gebracht worden. Die Staatsanwaltschaft Kassel ermittelt wegen des Verdachts fahrlässiger Tötung gegen den Geschäftsführer.

Laut Gewerkschaft ist die Geschäftsführung für Mitarbeiter nicht zu erreichen. Auf Presseanfragen reagiert Wilke nicht. Das Unternehmen hat vorläufige Insolvenz angemeldet. „Aktuell ist die Gefahr groß, dass die Mitarbeiter ihre Jobs verlieren, wenn sich nicht schnell etwas was verändert“, sagte NGG-Geschäftsführer Kampmann. Er hofft, dass sich ein Investor findet: „Selbst mit ganz viel Wohlwollen fällt es mir schwer sich vorzustellen, wie man den Markennamen Wilke künftig noch platzieren will.“

Die Firma will ihren Betrieb jedoch weiterführen: Wilke habe am Donnerstag beim Verwaltungsgericht Kassel einen Eilantrag eingereicht, sagte ein Gerichtssprecher. Dieser richte sich gegen die Anordnung des Landkreises Waldeck-Frankenberg, der die Produktion gestoppt hatte.

Prüfzertifikat erhalten – mit legalem Trick?

Noch im Juli ist das nordhessische Unternehmen offenbar legal an ein IFS-Prüfzertifikat des Lebensmittelhandels gekommen. Wilke habe der Prüfungsgesellschaft DQS die nötigen Unterlagen wie Laboranalysen, Inspektionsberichte und Besuchsprotokolle der Lebensmittelaufsicht vorgelegt, sagte Stephan Tromp, Geschäftsführer der Dachorganisation IFS-Management: „Insofern gehen wir nach derzeitigem Sachstand nicht davon aus, dass DQS von Wilke getäuscht wurde.“

Allerdings nutzte das Unternehmen laut Tromp eine legale Möglichkeit, sich auf die Kontrolle vorzubereiten. Es wählte eine Prüfvariante, bei der sich die Kontrolleure anmelden. Tromp vermutet, dass es bei Wilke zwei Ausbrüche der Keime gab – vor und nach der Prüfung. (dpa)

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