zum Hauptinhalt
Logo des nordhessischen Wurstherstellers Wilke im hessischen Twistetal. Die Waren von Wilke werden mit zwei Todesfällen und 37 weiteren Krankheitsfällen in Verbindung gebracht.
© Uwe Zucchi/dpa
Update

Keimbelastete Wurst: Wilke-Produkte offenbar auch in Geschäften in Brandenburg

Das Verbraucherschutzministerium schätzt, dass Wilke-Waren an mehrere Handelsketten gingen. Die Produkte würden aus dem Verkehr gezogen, hieß es.

Produkte des nordhessischen Wurstherstellers Wilke sind nach Einschätzung des Verbraucherschutzministeriums auch nach Brandenburg gelangt. Entsprechend den rechtlichen Vorschriften würden die Produkte aus dem Verkehr gezogen, sagte Ministeriumssprecher Uwe Krink am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. „Wir gehen davon aus, dass die Rückrufaktionen laufen.“ Das Land habe die Veterinär- und Lebensmittelämter der Kreise informiert, die nun zuständig seien. Das Ministerium schätzt, dass Produkte an mehrere Handelsketten gingen. Die Produkte tragen unterschiedliche Namen. Genaue Zahlen über die Produkte der Wilke Waldecker Fleisch- und Wurstwaren GmbH hatte das Ressort zunächst nicht.

Die Verbraucherorganisation Foodwatch macht im Fall möglicherweise keimbelasteter Wurst derweil weiter Druck auf die Behörden. Bisher sei keine Kundenliste des nordhessischen Wurstherstellers herausgegeben worden, sagte Foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker am Dienstag: „Bis 13 Uhr lag uns keine Antwort auf unseren Eil-Antrag hin vor.“ Man prüfe allerdings noch das weitere Vorgehen. Denn vom hessischen Umweltministerium sei eine Rückmeldung in Aussicht gestellt worden. Foodwatch hatte den Behörden ein Ultimatum gesetzt, das am Dienstagmittag verstrich.

Die Verbraucherorganisation fordert weitere Informationen zu dem Fall, bei dem es um zwei Todesfälle durch keimbelastete Wurst geht. „Wir wollen wissen, was den Behörden bisher über die Verkaufs- und Abgabestellen der zurückgerufenen Wilke-Produkte bekannt ist“, sagte Rücker. Die Ware des Fleischproduzenten aus Twistetal-Berndorf sei schließlich auch undeklariert in Restaurants, Kantinen oder an Wursttheken in den Verkauf gegangen. „Aus unserer Sicht offen ist zudem, ob Wilke auch an die Lebensmittelindustrie zur Weiterverarbeitung geliefert hat.“ Wenn weitere relevante Informationen nicht öffentlich gemacht werden, will Foodwatch ein Gericht einschalten. „Der entsprechende Antrag ist in der finalen Abstimmung.“

Waren von Wilke werden mit zwei Todesfällen in Südhessen und 37 weiteren Krankheitsfällen in Verbindung gebracht. Immer wieder wurden Listerien-Keime in Wilke-Produkten nachgewiesen. Die Keime können für Menschen mit geschwächtem Immunsystem lebensgefährlich sei. Der Landkreis Waldeck-Frankenberg hatte als Aufsichtsbehörde den Betrieb mit 200 Mitarbeitern am Dienstag vergangener Woche geschlossen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Tötung.

Foodwatch unzufrieden

Möglicherweise stehen weitere Todesfälle mit Wilke in Verbindung. In Niedersachsen sind Behörden drei Fälle bekannt, in denen ein Listerientyp nachgewiesen wurden, der mit hoher Wahrscheinlichkeit im Zusammenhang mit dem hessischen Wurstbetrieb steht. Die Keime seien genetisch eng mit den Listerien verwandt, die in den Waren der Firma Wilke nachgewiesen wurden. Die drei erkrankten Menschen sind laut Landesgesundheitsamt zwischen 50 und 90 Jahre alt. Zwei von ihnen sind gestorben - einer von ihnen starb an einer anderen Erkrankung, bei der zweiten Person habe nicht ermittelt werden können, ob die Listeriose-Erkrankung die Todesursache war.

Das Landesamt für Umwelt- und Naturschutz (Lanuv) in Nordrhein-Westfahlen geht davon aus, dass fast jeder Bürger in dem bevölkerungsreichsten Bundesland Zugang zu womöglich keimbelasteten Wilke-Waren hatte. „Wilke war ein großer Lieferant und stellte auch Vorprodukte für Eigenmarken anderer Unternehmen her“, sagte Lanuv-Sprecher Wilhelm Deitermann der „Rheinischen Post.

Mit der Aufklärungsarbeit der Behörden ist Foodwatch unzufrieden. Die Verbraucherorganisation wirft dem Land unter anderem vor, bereits am 12. August vom Listerien-Verdacht beim Wursthersteller Wilke erfahren zu haben: „Bis zur Stilllegung der Produktion und zum weltweiten Rückruf aller Wilke-Produkte vergingen insgesamt mehr als sieben Wochen seit das Ministerium vom Listerien-Verdacht wusste“, sagte Foodwatch.

Das Land Hessen erklärte, man wolle Foodwatch umfangreich antworten. Doch eine Liste der belieferten Betriebe fehle. „Die existiert tatsächlich nicht“, sagte eine Sprecherin des Umweltministeriums in Wiesbaden. Der Wursthersteller Wilke hatte laut Behörden nur direkte Kundenlisten. Der Weg der Ware, die über mehrere Vertriebsstufen in den Einzelhandel ging, sei nicht nachvollziehbar.

Staatsanwaltschaft ermittelt

Das Land Hessen und der Kreis Waldeck-Frankenberg als zuständige Behörde für Lebensmittelüberwachung hatten angekündigt, die eigenen Abläufe im Zusammenhang mit dem Fall Wilke zu prüfen und aufzuklären. Bis wann das geschieht, ist aber unklar. „Es wird Zeit brauchen, sich das anzugucken“, hieß es aus dem Umweltministerium.

Unklar bleibt zudem, was in dem Untersuchungsbericht der „Task-Force Lebensmittelsicherheit“ des Landes Hessen steht. Spezialisten hatten den Betrieb in Nordhessen untersucht, unter anderem um die Keimquelle zu finden. Doch der Bericht bleibt vorerst unter Verschluss. „Dieses Gutachten bestätigt das Handeln des Landkreises, die Schließung der Firma Wilke zu verfügen und den Rückruf aller Produkte zu veranlassen“, hatte Reinhard Kubat (SPD), Landrat des Kreises Waldeck-Frankenberg, lediglich erklärt. Der Bericht sei an die Staatsanwaltschaft Kassel gegeben worden. Die wollte sich zunächst nicht dazu äußern. (dpa)

Zur Startseite