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Willem Holleeder.
© picture alliance / ANP

Hollands berüchtigtster Verbrecher: Heineken-Entführer muss lebenslang in Haft

Erst entführt er Biermagnat Heineken, dann baut er sich ein Imperium in der Unterwelt auf. Jetzt muss Willem Holleeder lebenslang ins Gefängnis.

Eine Frau schreit schrill auf, es geht durch Mark und Bein. Gerade ist der berüchtigtste Verbrecher der Niederlande, der einstige Heineken-Entführer Willem Holleeder, zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe verurteilt worden. Das Strafgericht in Amsterdam spricht ihn am Donnerstag schuldig für fünf Auftragsmorde und einen Fall von Totschlag zwischen 2002 und 2006. Der 61-jährige Holleeder ging, so das Gericht, gewissenlos und eiskalt vor. „Er dachte, über Leben und Tod zu bestimmen“, sagt der Vorsitzende Richter Frank Wieland.

Nach der Urteilsverkündung wird spontan geklatscht, dann folgt der gellende Schrei. Bei der Angehörigen eines Opfers entlädt sich so alle Spannung nach diesem Megaprozess von eineinhalb Jahren. Holleeder selbst dreht sich um, er sieht wütend aus.

Alle Opfer waren wie er ebenfalls führende Kriminelle gewesen. Sie wurden auf offener Straße liquidiert. Holleeder hatte sie, so Richter Wieland, aus dem Weg räumen lassen - aus „Machtgier“ und „finanziellem Interesse“. Die Richter sehen Holleeder als „zentrale Figur einer kriminellen Organisation“, er habe die Morde „bestellt“ und die Mörder bezahlt.

Seit mehr als 35 Jahren ist der Amsterdamer eine herrschende Figur des organisierten Verbrechens. In dem spektakulären Prozess hatte er zwar stets seine Unschuld beteuert. Er sei nur „ein kleiner Gauner“ und „Familienmann“. Doch das sehen die Richter deutlich anders. Sie nennen seine Beteuerungen „total unglaubwürdig“.

Der Gerichtsaal war zur Urteilsverkündung stark gesichert.
Der Gerichtsaal war zur Urteilsverkündung stark gesichert.
© Koen van Weel/AFP

Der Angeklagte selbst folgt der Verlesung des Urteils angespannt, ab und zu schüttelt er heftig mit dem Kopf. „Das Gericht hat nichts verstanden“, lässt er später über seine Verteidiger erklären. Die legen Berufung gegen das Urteil ein. Lebenslang heißt in den Niederlanden im Prinzip auch wirklich lebenslang. Erst nach 25 Jahren könnte Holleeder eine vorzeitige Freilassung beantragen.

Methode aus der Unterwelt

Für die Niederländer war dies ein „Jahrhundertprozess“. Sie kennen Holleeder seit Jahrzehnten auch aus den Medien. Über die Entführung von Freddy Heineken 1983 waren sogar Hollywood-Filme gedreht worden. „Die Nase“ wird er auch genannt, wegen der Größe des Riechorgans. Das klingt witzig, doch an dem Mann ist nichts witzig. Jahrzehntelang hielt er seine Familie im Würgegriff von Angst, so beschreibt es Richter Wieland.

Die Methode nutzte er auch in der Unterwelt. Nach der verbüßten Haftstrafe wegen der Heineken-Entführung baute er sich mit einem Teil des Lösegeldes ein Imperium auf: Erpressung, Prostitution, Glücksspiel.

Für seinen Sturz sorgten schließlich Personen, die ihm am nächsten stehen sollten: ehemalige Komplizen und vor allem seine Schwestern und seine Ex-Freundin. Sie belasteten ihn schwer. Die Schwestern hatten sogar jahrelang Gespräche mit ihm heimlich abgehört und die Bänder der Staatsanwaltschaft übergeben.

Für sie war 2003 ein Wendepunkt erreicht: Holleeder hatten seinen früheren Freund und Komplizen bei der Heineken-Entführung, Cor van Hout, auf offener Straße erschießen lassen. Cor war der Mann seiner Schwester Sonja. Nun trafen die Schwestern die folgenschwere Entscheidung, ihren Bruder zu verraten. „Wie ein Judas“, so Astrid Holleeder, die über den Verrat auch einen internationalen Bestseller schrieb. „Das Morden muss stoppen.“

Das Urteil kommentieren die Schwestern vorerst nicht. Sie leben untergetaucht, aus Angst vor Racheakten. (dpa)

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