Zypern: Glücksspiel gegen die Wirtschaftskrise
Ein Kasino soll die Wirtschaft auf der Kriseninsel ankurbeln und Zocker aus aller Welt anlocken. Die Insulaner planen in Rekordgrößen.
Allabendlich, wenn die Berufspendler längst zu Hause sind und die Touristen in ihre Hotels zurückkehren, kommt noch einmal Leben in den Checkpoint an der Ledras-Straße, wo man vom griechischen Süden der zyprischen Hauptstadt Nikosia in den türkisch kontrollierten Nordsektor wechseln kann. Es sind vorwiegend Rentner, die hier nach Einbruch der Dunkelheit die Demarkationslinie überqueren. Sie suchen im Norden ihr Glück – in einem der rund zwei Dutzend Spielkasinos, die es im türkischen Teil Zyperns gibt.
Das Glücksspiel floriert in der Besatzungszone. Nicht nur vom türkischen Festland kommen Besucher. Die Pokerturniere in Nordzypern ziehen Berufsspieler aus aller Welt an. Jetzt will die Regierung im griechischen Süden dieses Geschäft nicht länger den Inseltürken überlassen. Ein Mega-Kasino soll reiche Ausländer anlocken und die Wirtschaft der Kriseninsel ankurbeln, die im Frühjahr 2013 vor dem Staatsbankrott stand.
Der Klerus hält nichts von einarmigen Banditen
Schon 2007 hatte die staatliche zyprische Fremdenverkehrsbehörde eine Studie zur Entwicklung der Glücksspielbranche ausgearbeitet. Doch der kurz darauf an die Macht gekommene Staatschef Dimitris Christofias, ein noch zu Sowjetzeiten in Moskau gedrillter Kommunist alter Schule, war aus ideologischen Gründen dagegen und ließ die Pläne zu den Akten legen. Auch der mächtige orthodoxe Klerus wollte nichts von Roulette, Black Jack und einarmigen Banditen auf Zypern wissen.
Die Wirtschaftskrise hat ein Umdenken ausgelöst. Bis zum kommenden Frühjahr soll die Konzession für das erste Spielkasino vergeben werden, bestätigte Regierungssprecher Nikos Christodoulidis jetzt. Das Ministerium für Handel und Tourismus hat unterdessen die Rahmenbedingungen des Projekts veröffentlicht. Geplant ist ein riesiger Kasino-Komplex. Er soll neben der Spielbank ein Fünf-Sterne-Hotel mit mindestens 500 Zimmern, Restaurants, schicke Läden und einen Freizeitpark umfassen. Das eigentliche Kasino soll über mindestens 100 Spieltische und 1000 Spielautomaten verfügen. Es wäre eine der größten Spielbanken in Europa.
Geldwäsche bekämpfen
Die Gesetzgebung werde für einen "sicheren, kontrollierten und strikt regulierten Spielbetrieb" sorgen, "um kriminelle Aktivitäten auszuschließen", versichert Regierungssprecher Christodoulidis. Alle EU-Direktiven zur Bekämpfung von Geldwäsche würden genauestens umgesetzt. Die Konzession soll 30 Jahre gültig sein, wobei sich der Staat verpflichtet, innerhalb der ersten 15 Jahre keine weitere Lizenz zu vergeben. Die Konzession lässt sich der Staat mit 2,5 Millionen Euro in den ersten vier Jahren, danach mit fünf Millionen pro Jahr bezahlen. Außerdem wird der Bruttospielertrag, also die Einnahmen des Kasinos abzüglich der ausgezahlten Gewinne, mit 15 Prozent besteuert. Das ist ein sehr niedriger Satz. In anderen europäischen Ländern sind Quoten von 35 bis 80 Prozent üblich.
Über den Standort des Kasinos kann der Konzessionär entscheiden. Im Rennen sind vor allem die Touristenzentren Limassol, Agia Napa, Paphos und Larnaca. Aber auch die Inselhauptstadt Nikosia macht sich Hoffnungen. Sie zieht bisher nur etwa fünf Prozent aller Zypern-Touristen an. Als künftige Kasino-Kunden setzt man in Zypern vor allem auf Zocker aus Russland, Israel und den Golf-Emiraten. Aber auch China sei ein interessanter Markt, sagt ein Branchenkenner. Nach einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte könnte der Spielbank-Komplex jährlich eine halbe Million Touristen zusätzlich anlocken, 3300 Arbeitsplätze schaffen und die Einnahmen aus dem Tourismus um 450 Millionen Euro im Jahr steigern. Zum Vergleich: 2013 erzielte Zypern Tourismuserlöse von gut zwei Milliarden Euro. Fachleute schätzen die Investitionen für das Kasino-Resort auf rund 500 Millionen Euro. Für einheimische Investoren wäre das wohl eine Nummer zu groß. Denn noch steckt die Insel in der Rezession. Zyprische Unternehmer dürften deshalb allenfalls als Konsortialpartner ausländischer Investoren zum Zuge kommen.
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