Leihmutter-Affäre in Australien: Geld und Gefühle
Die Eltern von Baby Gammy rechtfertigen sich im Fernsehen – und wirken wenig überzeugend.
Nach einem hochemotionalen Interview im Fernsehen hat die erregte Diskussion um das behinderte Baby Gammy in Australien neue Nahrung bekommen. Der wegen vielfachen Kindesmissbrauchs mehrfach vorbestrafte biologische Vater des sieben Monate alten Babys hatte unter Tränen sein Recht auf Erziehung für dessen Zwillingsschwester verteidigt. David John Farnell und seine Frau Wendy hatten die Zwillinge von der thailändischen Leihmutter Pattaramon Chanbua austragen lassen, aber nach der Geburt Gammy, der das Downsyndrom und einen angeborenen Herzfehler hat, in Thailand zurückgelassen und nur das Mädchen namens Pipah mitgenommen.
„Krokodilstränen“, lautete eine Schlagzeile, die den Gefühlausbruch des 56 Jahre alten Elektrikers aus Bunbury südlich von Perth in Westaustralien kommentierte. Farnell hatte mit intensiver Flüsterstimme beteuert, Pipah sei bei ihm sicher. Er habe die Vergehen vor mehr als 30 Jahren begangen, habe dafür im Gefängnis gesessen und bereue seine Taten zutiefst. „Ich habe dieses Verlangen nicht mehr“, schwor der Vater von drei erwachsenen Kindern in der Sendung „60 minutes“. Farnell hatte wegen Missbrauchs von Mädchen – das jüngste war nur sieben Jahre alt – in 22 Fällen insgesamt vier Jahre in Haft verbracht.
"Die meistgehassten Eltern Australiens"
Der australische Fernsehsender Channel 9 hatte mit dem Interview mit den „meistgehassten Eltern Australiens“ – so die Ankündigung des Senders – einen Coup gelandet, und ein Sprecher beeilte sich nach der Ausstrahlung zu beteuern, dass zwar Geld (umgerechnet angeblich 140 000 Euro) für das Gespräch geflossen sei, dieses aber der wohltätigen Organisation „Hands across the Water“ zugutekomme. „60 minutes“ ist in Australien berühmt-berüchtigt für Scheckbuchjournalismus. „Hands across the Water“ kümmert sich um thailändische Waisen und ist auch verantwortlich dafür, die 241 620 australischen Dollar (167 000 Euro), die 6070 Menschen für Gammys Zukunft gespendet haben, zu verwalten.
Farnell und seine Frau hatten jahrelang versucht, mithilfe künstlicher Befruchtungen ein Kind zu bekommen. Am Ende hätten sie sich entschlossen, eine Leihmutter zu „mieten“, sagten sie. Die 21 Jahre alte Thailänderin, die bereits ein sechs und ein drei Jahre altes Kind hat, sei ihnen ideal vorgekommen. Deren Vorwürfe, sie hätten sie zu einer Abtreibung überreden wollen, wiesen sie nur bedingt zurück. „Keine Eltern wollen ein behindertes Kind“, sagte Farnell. Wenn er und seine Frau früher von der Behinderung erfahren hätten, wären sie für eine Abtreibung gewesen.
Chanbua hatte behauptet, sie sei von einem Vertreter der Agentur, die die Leihmutterschaft für umgerechnet 11 000 Euro vermittelt hatte, im siebten Schwangerschaftsmonat zu einer Abtreibung gedrängt worden. Farnell räumte ein, er habe von der Agentur Ersatz gefordert. „Gib uns unser Geld zurück, das ist euer Fehler“, habe er der Agentur gesagt, nachdem er von der Behinderung seines Kindes erfahren habe.
Ein Sturm der Entrüstung
Nach Bekanntwerden des Falles waren die Farnells im eigenen Land zu Aussätzigen geworden und darauf zunächst abgetaucht. Wie sich inzwischen herausstellte, waren sie die ganze Zeit in ihrem Haus, das von Pressevertretern belagert worden war. Aus Angst, entdeckt zu werden, hatten sie sogar darauf verzichtet, ihren Computer anzuschalten, weil sie befürchteten, dass der Lichtschein des Bildschirms die Journalisten draußen alarmieren könnte. In diesen Tagen hatten zweimal Vertreter des Jugendamtes vergebens an die Tür geklopft, um sich nach dem Wohlergehen Pipahs zu erkundigen. Der Hund der Farnells war vom Tierschutzverband abgeholt worden, weil die Tierschützer davon ausgingen, er sei von seinen Besitzern zurückgelassen worden.
Wie es jetzt weitergeht, ist völlig unklar. Die Farnells haben angeboten, den behinderten Jungen doch noch zu sich zu nehmen, aber auch die Möglichkeit offen gelassen, dass er bei der Leihmutter bleibt. Aus Thailand kamen ebenfalls widersprüchliche Nachrichten. Chanbua hatte sich in Interviews widersprüchlich geäußert. Mal sagte sie, sie sei bereit, auf den Jungen zu verzichten, mal, sie wolle ihn nicht wieder hergeben, oder sogar, sie wolle auch Pipah wiederhaben. Nach thailändischem Recht ist sie die Mutter der Kinder.
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