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Ein Traum zerplatzt. Das kommerzielle Raumfahrzeug SpaceShip Two. Es sollte demnächst reiche Touristen, unter ihnen Hollywoodstars, ans Ende der Atmosphäre bringen.
© REUTERS

Richard Branson und SpaceShipTwo: Experten sehen Zukunft der kommerziellen Raumfahrt skeptisch

Nach dem Absturz von SpaceShip Two kommen starke Zweifel an der Zukunft der kommerziellen Raumfahrt auf – Richard Branson, der große Abenteurer und Milliardär, der Reiche ins All schießen will, sieht das anders.

Mit dem Absturz des SpaceShip Two am Freitag in der kalifornischen Mojave-Wüste hat die privatwirtschaftliche Raumfahrt ihren zweiten Rückschlag binnen einer Woche erlitten. Erst am Dienstag war die Antares-Trägerrakete der US-Firma Orbital Sciences bei einem Start mit dem Weltraumfrachter Cygnus, der Nachschub zur Internationalen Raumstation ISS bringen sollte, beim Start explodiert. Die US-Behörden werden jetzt prüfen müssen, ob die bisherige Aufsicht über die privaten Raumfahrtunternehmen ausreicht. Denn schon bald sollen die Firmen Space X und Boeing für die Nasa auch den Transport von Astronauten übernehmen, der seit Außerdienststellung der Space Shuttles derzeit nur mit russischen Raumkapseln möglich ist.

Zumindest für die ehrgeizigen Pläne, gutbetuchte Touristen massenweise zu Ausflügen an den Rand des Weltalls zu transportieren, dürfte der Crash des SpaceShip Two ein vorläufiges Aus bedeuten. „Wir werden im nächsten Jahr und wahrscheinlich auch in den Jahren danach keine kommerziellen Flüge für Touristen ins All sehen“, sagte Raumfahrtexperte Marco Caceres von der US-Luftfahrt-Beratungsfirma TEAL. Bei dem Absturz der privaten Raumfähre kam einer der beiden Piloten ums Leben, der zweite konnte sich mit dem Fallschirm retten und kam schwer verletzt in ein Krankenhaus.

Die US-Bundesluftfahrtbehörde FAA ist für die Sicherheit zuständig

Die US-Bundesluftfahrtbehörde FAA ist für die Aufsicht über die privaten Raumfahrtunternehmen des Landes zuständig. Diese müssten sicherstellen, dass Menschen und Besitztümer am Boden nicht gefährdet werden, hieß es in einer Mitteilung. Ferner würden die Bestimmungen verlangen, dass Besatzungen über die besonderen Risiken ihrer Missionen informiert werden und dies auch bestätigen. SpaceShip Two sollte die weltweit erste Raumfähre für Touristen werden. Initiator ist der britische Milliardär Richard Branson, der zu diesem Zweck bereits 2004 das Unternehmen Virgin Galactic gegründet hatte. Mit der Entwicklung der Raumfahrzeuge und der Trägerflugzeuge wurde die Firma Scaled Composites des für seine unkonventionellen Entwürfe berühmten, amerikanischen Flugzeugkonstrukteurs Burt Rutan beauftragt. Der baute mit dem SpaceShip One und dem Trägerflugzeug White Knight One zunächst zwei kleinere Modelle für die Flugerprobung des Konzeptes.

Abenteurer. Richard Branson, Milliardär.
Abenteurer. Richard Branson, Milliardär.
© dpa

Daraus wurde dann die doppelt so große Raumfähre SpaceShip Two entwickelt, die 18 Meter lang ist und Platz für zwei Piloten sowie sechs Passagiere bietet. Die VSS Enterprise genannte Fähre startete in März 2010 zu ihrem ersten Testflug mit dem Trägerflugzeug White Knight Two. Das ist ein vierstrahliges Düsenflugzeug mit einer Spannweite von 43 Metern, das auf den Namen der Branson-Mutter Eve getauft wurde. Die Maschine hat zwei Rümpfe und dazwischen eine Aufhängung für die Raumfähre.

Die Raumflüge sollten folgendermaßen ablaufen: Von White Knight Two wird die 9,7 Tonnen schwere Raumfähre auf eine Höhe von 15 Kilometern geschleppt und dort ausgeklinkt. Anschließend zündet das Raketentriebwerk von Space Ship Two und beschleunigt das Gefährt im Steigflug auf bis zu etwa 4200 Stundenkilometer. So wird die Fähre in einer ballistischen Kurve in wenigen Minuten auf eine Höhe von 110 Kilometern und somit in den Grenzbereich des Weltalls gebracht, Von dort aus sollten die Passagiere den Blick auf die Erde und für rund sechs Minuten das Gefühl der Schwerelosigkeit genießen.

Das Wrack von SpaceShip Two in der Wüste.
Das Wrack von SpaceShip Two in der Wüste.
© REUTERS

Rund 700 zahlungskräftige Kunden hatten sich bereits einen Platz in der Raumfähre reserviert und dafür 20 000 Dollar als Anzahlung geleistet. Der komplette Flugpreis war von anfänglich 200 000 auf 250 000 Dollar erhöht worden. Zu den Interessenten sollen nach Medienberichten auch die Schauspieler Tom Hanks und Angelina Jolie sowie der Sänger Justin Bieber gehören. Knapp die Hälfte der potenziellen Raumfahrer war vor rund einem Jahr der Einladung von Branson gefolgt und ließ sich auf dem eigens für die kommerziellen Starts gebauten Spaceport America in New Mexico über den Stand des zu diesem Zeitpunkt bereits stark verzögerten Projektes informieren.

Zuvor explodiert. Raumfähre Cygnus.
Zuvor explodiert. Raumfähre Cygnus.
© dpa

Ursprünglich hatte der als abenteuerlustig geltende Branson bereits zu Weihnachten 2013 mit seiner Tochter Holly und seinem Sohn Sam zum ersten Passagierflug mit dem SpaceShip Two starten wollen. Erst kürzlich hatte er dann in einem Interview gesagt, dass er „bitter enttäuscht“ sei, wenn es nicht noch in diesem Jahr klappen würde. Den ersten zahlenden Kunden war zuletzt ein Flugtermin im kommenden Jahr in Aussicht gestellt worden. Laut Branson hatten nur noch drei Testflüge mit dem Raketenantrieb stattfinden sollen. Jetzt muss man sich fragen lassen, ob man nicht zu schnell zum lang erwarteten Erfolg kommen wollte.

Bereits 2007 waren drei Techniker ums Leben gekommen, als ein Raketentriebwerk bei einem Probelauf am Boden explodierte. Am Freitag nunmehr gab es einem Statement von Virgin Galactic zufolge kurz nach der Trennung vom Trägerflugzeug an Bord der Raumfähre eine „ernsthafte Anormalität“ und die VSS Enterprise stürzte über der Mojave-Wüste ab. Während sich einer der beiden Piloten mit dem Fallschirm retten konnte und schwer verletzt in ein Krankenhaus kam, starb sein Kollege in den Trümmern. Zeugenberichten zufolge soll sich die Katastrophe gegen zehn Uhr Ortszeit rund eine Minute nach der Zündung des Raketentriebwerkes ereignet haben. Nach bisher bekannt gewordenen Informationen soll erstmals versucht worden sein, einen neuartigen Treibstoff auf der Basis von Kunststoff zu testen. Richard Branson befand sich am Sonnabend auf dem Weg nach Kalifornien. Er kündigte an, trotz des Rückschlags weitermachen zu wollen: „Das Weltall ist hart, aber es lohnt sich, wir werden durchhalten.“

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