Katholische Kirche: Ex-Vatikandiplomat fordert Papst-Rücktritt
Ein früherer Nuntius in den USA erhebt schwere Vorwürfe gegen den Papst: Franziskus soll früh von Missbrauchsvorwürfen gegen einen US-Erzbischof gewusst haben.
Dublin (KNA) Der ehemalige Apostolische Nuntius in den USA, Erzbischof Carlo Maria Vigano (77), hat Vorwürfe gegen Papst Franziskus erhoben: Der des Missbrauchs beschuldigte frühere Washingtoner Erzbischof Theodore McCarrick sei bereits 2009 oder 2010 von Papst Benedikt XVI. mit einer Strafe belegt worden, die Franziskus später de facto zurückgenommen habe. Das behauptet Vigano in einer schriftlichen Aussage, die das Internetportal LifeSiteNews am Sonntagmorgen veröffentlichte.
Darin gibt der Geistliche an, er habe bereits 2006 und 2008 von den USA aus seine Oberen im Vatikan über die Vorwürfe gegen McCarrick informiert, aber keine Antworten erhalten. Erst später habe er erfahren, dass Benedikt XVI. McCarrick aufgefordert habe, das Seminar zu verlassen, in dem er lebte. Zudem sei ihm verboten worden, öffentlich Messe zu feiern, Vorträge zu halten oder Reisen zu unternehmen. Stattdessen sei McCarrick ein Leben in Gebet und Buße aufgetragen worden.
Wahrheitsgehalt der Vorwürfe sind nicht erwiesen
In Viganos Schreiben werden auch weitere ranghohe frühere sowie aktuelle Kurienmitarbeiter beschuldigt, Aufarbeitung und Strafmaßnahmen hintertrieben zu haben. Die Echtheit des Schreibens von Vigano sowie der Wahrheitsgehalt seiner Vorwürfe sind derzeit nicht erwiesen. Eine entsprechende Maßregelung McCarricks durch Papst Benedikt XVI. (2005-2013) wurde bisher nie öffentlich bekannt. Auch hielt sich McCarrick nicht an solche Auflagen.
Ähnliche Strafmaßnahmen wie die erwähnten gegen den früheren Erzbischof von Washington (2000-2006) sowie zusätzlich die Rücknahme von dessen Kardinalstitel verfügte Franziskus vor einigen Wochen. Zu diesem Zeitpunkt wurden öffentlich Vorwürfe bekannt, McCarrick habe in früheren Jahren zu jungen Seminaristen sexuelle Beziehungen gehabt. Zudem soll der Geistliche Minderjährige missbraucht haben.
Ob und wie Franziskus sich während seiner Irlandreise zu der neuen Entwicklung äußert, ist bislang nicht bekannt. Anlass der Papstreise an diesem Wochenende ist das neunte Weltfamilientreffen in Dublin. Am Sonntagnachmittag endet es mit einer Messe im Phoenix Park, zu der 500.000 Gläubige erwartet werden.
Die Reise war von Beginn an überschattet von neuen Diskussionen über den Umgang der katholischen Kirche mit Missbrauch. Am Samstag verurteilte Franziskus die „abscheulichen Verbrechen“ durch Kleriker und bekräftigte, er wolle alles tun, damit sich so etwas nicht wiederhole. Abends traf er sich eineinhalb Stunden lang mit acht Opfern von sexuellem Missbrauch sowie von Misshandlungen in kirchlichen Einrichtungen Irlands. (KNA)