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Eine halbe Milliarde Euro hat der 2014 eingeweihte Palast in Ankara gekostet. Inzwischen sind eine Moschee und ein Konferenzsaal für 2500 Personen hinzugekommen.
© imago/Zuma Press

Türkei: Erdogan will sich weiteren Palast errichten lassen

In Ostanatolien soll eine neue Residenz für den türkischen Präsidenten entstehen. Kritiker monieren Prunksucht. Aber Erdogan hält den Bau für angemessen.

Die türkische Währung ist im Sturzflug, die Investoren verlassen das Land, die Normalbürger müssen den Gürtel enger schnallen – aber der Mann an der Spitze des Staates will sich einen weiteren Palast bauen lassen. In der ostanatolischen Provinz Bitlis werde eine neue Präsidialresidenz errichtet, verkündete Staatschef Recep Tayyip Erdogan am Wochenende.

Der Palast in Bitlis wird die vierte amtliche Adresse des Präsidenten neben seinem Tausend-Zimmer-Palast in Ankara, einem Amtssitz in Istanbul und einer bereits geplanten Sommerresidenz am Mittelmeer sein. Der Präsident wolle das Volk wohl veräppeln, schimpft die Opposition in Ankara.

Erinnerung an einen Sultan

Das neue Palais in Ahlat am ostanatolischen Van-See, das die Größe eines Jagdschlosses haben wird, soll eine Wohnfläche von genau 1071 Quadratmetern haben, denn Erdogan will den Bau als Denkmal für ein denkwürdiges Ereignis der türkischen Geschichte verstanden wissen: In einer Schlacht in Malazgirt, rund 50 Kilometer nördlich von Ahlat, besiegten die seldschukischen Türken im Jahr 1071 ein Heer der Byzantiner. Sie begannen damit die Eroberung Anatoliens, die knapp vierhundert Jahre später mit der Einnahme von Konstantinopel, dem heutigen Istanbul, abgeschlossen wurde.

Weil der Chef der siegreichen Seldschuken, Sultan Alp Arslan, während der Schlacht sein Zelt in Ahlat aufschlug, soll der neue Präsidentenpalast dort entstehen. Erdogan verkündete den Plan für den Neubau jetzt bei einer Gedenkveranstaltung am Jahrestag der Schlacht von Manazgirt.

Devise: Nicht kleckern, sondern klotzen

Dass die türkische Nation einen weiteren Präsidentenpalast brauchen soll, leuchtet der Opposition nicht ein. In einer Zeit, in der viele Türken nicht einmal das Geld hätten, ihre vier Wände zu verputzen, komme Erdogan schon wieder mit einem neuen Palast daher, kritisierte Veli Agbaba, Vize-Vorsitzender der Oppositionspartei CHP. Der Präsident mache sich wohl über das Volk lustig.

Was für seine Gegner nach Prunksucht aussieht, ist für Erdogan ein angemessener Ausdruck des Selbstverständnisses der Türkei als stolze Nation. Der 64-jährige Staatschef sieht sein Land als Regionalmacht, die ihr Licht viel zu lange unter den Scheffel gestellt hat. Bei Neubauten wird deshalb geklotzt.

Erdogans riesiger Palast in Ankara, der vor vier Jahren gebaut wurde, kostete rund eine halbe Milliarde Euro – nach Berechnungen von Regierungskritikern hätte die Regierung für dieselbe Summe fast 700 Schulen errichten können. Seit Fertigstellung der Hauptgebäude hat Erdogan dem Komplex in Ankara eine Moschee und einen weiteren Bau mit einem Konferenzsaal für 2500 Personen hinzugefügt. Eine ebenfalls auf dem Palastgelände gebaute Bibliothek soll noch in diesem Jahr öffnen.

Nicht nur mit Palästen will Erdogan repräsentieren. Beim Empfang für Staatsgäste in Ankara treten Soldaten in Uniformen aus verschiedenen Perioden der türkischen Geschichte an. Erdogan fliegt mit einer Präsidentenmaschine des Typs Airbus 330 um die Welt und bewegt sich am Boden in einem Konvoi von Dutzenden Luxus-Fahrzeugen.

Genau 1071 Quadratmeter groß soll die Residenz werden – denn im Jahr 1071 besiegten die seldschukischen Türken ein Heer der Byzantiner.
Genau 1071 Quadratmeter groß soll die Residenz werden – denn im Jahr 1071 besiegten die seldschukischen Türken ein Heer der Byzantiner.
© AFP

Bei der Machtdemonstration per Amtssitz nutzt der Präsident zum Teil bereits bestehende repräsentative Bauten. Besucht er Istanbul, wohnt Erdogan meistens im sogenannten Huber Köskü. In der stattlichen Villa mit ihrem 34 Hektar großen Park am Bosporus lebten einst die deutschen Vertreter des Rüstungskonzerns Krupp und Mauser im Osmanenreich. Seit den 80er Jahren dient sie als Istanbuler Residenz des türkischen Staatspräsidenten.

Während das Huber-Palais in der Ära Erdogan lediglich renoviert wurde, ließ der Präsident für die Sommerresidenz in Marmaris am Mittelmeer die Bagger kommen. Das vergleichsweise bescheidene Anwesen seines Vorgängers Turgut Özal an einer abgelegenen Meeresbucht wurde abgerissen, um Platz für einen neuen Palast zu schaffen, der laut Medienberichten 300 Zimmer haben soll.

Jubel bei den Anhängern

Rund 50.000 Bäume seien Erdogans künftigem Sommerdomizil zum Opfer gefallen, weil eine 17 Kilometer lange Zufahrtsstraße angelegt werde, beklagt die Oppositionspresse. Für die Um- und Neubauten wird viel Geld ausgegeben, obwohl Ankara derzeit eigentlich das Geld zusammenhalten muss. Erdogans eigener Schwiegersohn, Finanzminister Berat Albayrak, strebt Minderausgaben der öffentlichen Hand an, mit denen in diesem Jahr mehrere Milliarden Euro eingespart werden sollen.

Zumindest nach außen erweckt Erdogan nicht den Eindruck, als wolle er bei den Ausgaben des Präsidialamts kürzer treten. Bisher gibt es allerdings auch keine Anzeichen dafür, dass die Vorliebe des Staatschefs für prächtige und teure Residenzen seiner Beliebtheit bei seinen Stammwählern schaden könnte.

Als Erdogan den Plan zum Bau des neuen Palastes in Ahlat bekanntgab, jubelten ihm seine Zuhörer zu. "Eine Freudenbotschaft" sei die Kunde vom neuen Palast gewesen, befand die regierungstreue Zeitung "Star".

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