Ebola: Dorfbewohner töten Ärzte - was alles falsch läuft
In Guinea eskaliert die Lage in offene Gewalt. Sierra Leone sperrt das ganze Land ein. Es ist offensichtlich, dass die betroffenen Länder völlig überfordert sind.
Tagelang war auf den Straßen in Freetown kein Durchkommen. In der Hauptstadt von Sierra Leone herrschte Dauerstau. Die Märkte waren überfüllt, die Läden leer gekauft. Seit Freitagvormittag, berichten die Nachrichtenagenturen, seien die Straßen in Freetown leer.
Präsident Ernest Bai Koroma hat angeordnet, dass vom 19. bis 21. September alle sechs Millionen Einwohner des Landes zu Hause bleiben müssen. Zunächst sollte die Ausgangssperre Tag und Nacht gelten. Am Freitag verkündeten die Behörden in Sierra Leone, dass sie von sieben Uhr morgens bis sieben Uhr abends gelte. Nachts dürfen die Menschen auf die Straße, aber sie dürfen ihre Wohnviertel nicht verlassen. Die Läden bleiben geschlossen. In einer Fernseh- und Radioansprache sagte Koroma: „Es sind außerordentliche Zeiten und außerordentliche Zeiten verlangen nach außerordentlichen Maßnahmen.“
Die Regierung in Sierra Leone verspricht sich von der Ausgangssperre, dass es weniger Ansteckungen mit dem Ebola-Virus geben soll. Mindestens 562 Menschen sind der Krankheit in Sierra Leone während des aktuellen Ausbruchs zum Opfer gefallen. 13 von 14 Regierungsbezirke sind von der Krankheit betroffen. In den drei Tagen Ausgangssperre sollen rund 30 000 freiwillige Helfer von Haus zu Haus gehen, die Bevölkerung darüber informieren, wie sie eine Ansteckung vermeiden können. Außerdem sollen 1,5 Millionen Stück Seife ausgegeben werden. Werden Kranke oder Tote gefunden, sollen die Notfallhelfer informiert werden.
Die Ausgangssperre macht alles schlimmer
Hilfsorganisationen wie Ärzte ohne Grenzen sind wenig begeistert von der Ausgangssperre. Sie argumentieren, dass das Misstrauen zwischen der Bevölkerung und Ärzten wie Krankenpflegern eher noch größer werden könnte. Außerdem stünden nicht genug Behandlungszentren zur Verfügung, um weitere Kranke aufzunehmen. Großbritannien hat zwar gerade angekündigt, bis zu 700 Betten für die Behandlung von Ebolakranken nach Sierra Leone zu schaffen – allerdings kann es Monate dauern, bis diese Hilfe dort auch angekommen ist.
Welche Folgen das Misstrauen haben kann, hat der Mord an acht Ärzten, Funktionären und Journalisten im Dorf Womé im Nachbarstaat Guinea gezeigt. Die Delegation wollte das Dorf über Ebola und seine Vermeidung aufklären. Das Dorf liegt im Süden Guineas, wo die Seuche im Dezember 2013 ihren Anfang nahm. Doch die Dorfbewohner befürchteten offenbar, dass die Ärzte sie töten wollten. Das sagte zumindest ein Polizist, den die Nachrichtenagentur AFP zitierte. Ein Regierungssprecher sagte, die Ärzte seien von den Dorfbewohnern „kaltblütig ermordet“ worden. Ihre Leichen waren in der Latrine der Grundschule gefunden worden. Drei von ihnen sei die Kehle durchgeschnitten worden, die anderen seien offenbar mit Macheten und Knüppeln angegriffen worden. In Guinea sind bis zum 14. September, das sind die aktuellsten Zahlen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), 601 Menschen an Ebola gestorben. Frankreich hat derweil angekündigt, ein Militärlazarett, Fachpersonal und Hilfsgüter nach Guinea zu liefern.
In Liberia, wo nach WHO-Angaben 1459 Menschen an dem Virus gestorben sind, landete am Freitag ein erster Militärtransporter der USA. Die Landebahn in der Hauptstadt Monrovia soll ertüchtigt werden, damit auch schwere Maschinen dort landen können. Die USA wollen 17 Behandlungszentren in Liberia aufbauen.
Deutschland will sich mit einer Luftbrücke an der Hilfe für die von Ebola betroffenen westafrikanischen Staaten beteiligen. Die Luftbrücke soll nach Dakar, die Hauptstadt des Senegals, führen. Von dort sollen die Hilfsgüter dann weiterverteilt werden. Rund 17 Millionen Euro hat die Bundesregierung bisher für die Ebola-Hilfe eingeplant. Doch angesichts der Vielzahl von Krisen rund um den Globus sind die Mittel für humanitäre Hilfe im Etat des Auswärtigen Amts schon Monate vor dem Jahresende aufgebraucht.