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Ins Exil. Tebartz-van-Elst arbeitet mittlerweile in Rom.
© Boris Roessler/dpa

Pilgern zum Protz: Die Luxuswohnung des Bischofs ist jetzt ein Museum

Limburgs ehemaliger Bischof Tebartz-van Elst galt als menschgewordene Maßlosigkeit der Kirche. Jetzt lässt sich seine frühere Wohnung besichtigen. Ein Rundgang.

Anna Jost hat von ihrer Museumskasse aus in den vergangenen Tagen vieles zu sehen bekommen. Jetzt steht ein verschwitzter älterer Herr mit Fahrradhelm und deutlich zu knapper Radlerhose vor ihr und mault: „Bekomme ich hier die Räumlichkeiten des Bischofs zu sehen?“ Jost lächelt milde und drückt dem forschen Gast eine Broschüre in die Hand. „Sie können bei uns die Geschichte des Bistums Limburg sehen“, antwortet sie. Im Erdgeschoss gebe es gerade eine Sonderausstellung zu Katharina Kasper und der Armut im Westerwald und im Untergeschoss sei der Domschatz zu besichtigen. Und ja, dann sei da tatsächlich noch die Wohnung des ehemaligen Bischofs Tebartz-van Elst, die über den kleinen Hof zu erreichen sei und die er gerne auch besichtigen könne.

Auf das kleine Diözesanmuseum im hessischen Limburg gibt es für dortige Verhältnisse gerade einen regelrechten Ansturm. Kurz vor Ostern wurde die Ausstellungsfläche um Teile der skandalumwitterten Luxuswohnung des ehemaligen Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst erweitert. „Zehn bis 15 Besucher kommen an einem tristen Novembertag zu uns, und jetzt sind es plötzlich mehr als 400 an einem Tag“, berichtet Jost.

Es ist nicht der Domschatz, es ist der Voyeurismus, der die Leute lockt. Genauer gesagt die Frage: Wie sieht die Wohnung aus, die sich Tebartz-van Elst für Millionen von Euro bauen ließ, über die er als Protz-Bischof Berühmtheit erlangte und die ihn 2013 das Amt kostete? Der kantige Flachbau in Sichtweite zum Limburger Dom ist aus Blöcken von hellem Korallenkalkstein errichtet. Innen gibt es drei Meter hohe Decken, in die Lichtstrahler eingelassen sind, raumhohe Fensterfronten, weiße Wände, Eichendielen am Boden sowie Türen aus Nussbaum.

Der Stil ist modern, eckig, auf den ersten Blick fast schlicht. Doch schon die Einbauküche, an der die Besucher vorbei in die Wohnung gelangen, muss ein Vermögen gekostet haben. Gleiches gilt für die vom Künstler Johannes Schreiter handgemalten Fenster in der Privatkapelle im Erdgeschoss des Gebäudes. „Der Mann hätte nicht Bischof, sondern Architekt werden sollen“, schwärmt ein Besucher älteren Jahrgangs, der mit seiner Frau aus Münster gekommen ist.

Die Schattenfuge über den Fußleisten, die flächenbündigen Zargen und der Kontrast zwischen der Wohnung und den umliegenden Gebäuden, das alles sei vollkommen durchdacht. „Mich erschüttert das nicht in meinem Glauben“, sagt er, der früher mit Inbrunst Messdiener gewesen sei. Ein Pärchen aus Marburg, sie Mitarbeiterin beim Jugendamt, er Rechtsanwalt und Protestant, ist dagegen entsetzt. „Diese Wohnung konterkariert alles, wofür Kirche sonst steht“, wettert er.

Bislang kamen kaum mehr als ein Dutzend Besucher pro Tag zu dem Museum. Doch seit die Wohnräume des ehemaligen Bischofs zugänglich sind, ist der Andrang enorm.
Bislang kamen kaum mehr als ein Dutzend Besucher pro Tag zu dem Museum. Doch seit die Wohnräume des ehemaligen Bischofs zugänglich sind, ist der Andrang enorm.
© Thomas Frey/dpa

Einer, der die Geschichte der Wohnung genau erklären kann, ist Stephan Schnelle. Der kräftige Mann mit Brille und kurzem lichten Haar ist der Sprecher des Bistums und gehörte schon zur Pressestelle, als Tebartz-van Elst bauen ließ. „Das ist die berühmte Adventskranzaufhängung, für die aus Gründen der Statik nachträglich das Dach noch einmal umgebaut werden musste“, erklärt er und zeigt an die Decke der Kapelle, wo aus einem Schlitz ein Stahlseil mit Haken baumelt. Schnelle hat sich offensichtlich vorgenommen, nichts an der Verschwendung zu relativieren oder zu schönen: „Franz- Peter wollte diese Kapelle für sich.“ 200 Meter seien es von hier bis zum Limburger Dom.

Umgesetzt wurden die Pläne erst, als Tebartz-van Elst sein Amt antrat

Die Entscheidung, in unmittelbarer Nähe zum Dom ein Bischofshaus zu errichten, fällte das Bistum Limburg schon 2004 – vier Jahre bevor Tebartz-van Elst als jüngster Diözesanbischof Deutschlands geweiht wurde. Doch umgesetzt wurden die Pläne erst, als der damals 47-Jährige sein Amt antrat. Seine Vorstellungen waren klar, sein Anspruch hoch und das Budget ursprünglich auf 1,65 Millionen Euro gedeckelt. Aber die Kosten stiegen ins beinahe Unermessliche. 2013 kam ein Prüfungsbericht auf mehr als 31 Millionen Euro. Eine Summe, die eher nach einer Villa in Saint-Tropez mit Hubschrauberlandeplatz klingt als nach dem Zuhause eines Bischofs.

Stephan Schnelle ist über eine Treppe aus massiver Eiche und mit von unten beleuchteten Stufen hinab in den Keller gestiegen und steht in dem Raum, der einmal das Schlafzimmer des Bischofs werden sollte. „Ganz ehrlich, mein Geschmack wäre es nicht“, sagt er. Außen vor den Fenstern verläuft eine Felswand, die kaum Licht hereinlässt. Einen Raum weiter liegt das Bad, teils gefliest und gekachelt, teils mit Eichenboden. Die Dusche, deren Wasser aus einer eingelassenen Metallplatte an der Decke und aus Brausen an der Seite kommt, ist mit einer gewaltigen Glasscheibe von der Badewanne getrennt.

„Die berühmteste Badewanne Deutschlands“, stellt Schnelle vor. Sie und die raumgreifende Ausgestaltung der Dusche seien für viele letztlich zum Symbol für die Maßlosigkeit des Bischofs geworden. Explizit nach ihr würden viele Museumsgäste fragen. Zu besichtigen ist das Badezimmer nicht, was schon wiederholt zu aufgebrachten Reaktionen bei Besuchern geführt haben soll.

Die 4 000 Euro teure Badewanne ist allerdings nicht zu besichtigen.
Die 4 000 Euro teure Badewanne ist allerdings nicht zu besichtigen.
© Dedert/dpa

Zu sehen gibt es stattdessen eine neapolitanische Krippe aus dem 18. Jahrhundert und einen heiligen Jakobus aus dem 13. Jahrhundert. Im wandfüllenden Bücherregal des Arbeitszimmers sind mehr als 130 Gegenstände ausgestellt, die in chronologischer Anordnung die Geschichte des 1827 gegründeten Bistums erzählen sollen: das Birett des ersten Bischofs Brand, eine Tonsurschere, eine Partitur und – welche Überraschung – ein Buch zur Amtseinführung von Franz-Peter Tebartz-van Elst. An einer violetten Wand gegenüber hängt der Verstoßene sogar mit einem Porträt neben all seinen Vorgängern.

„Er hatte einen unrühmlichen Abgang und führt als Apostolischer Delegat in Rom jetzt ein eher zurückgezogenes Leben, aber er gehört zur Geschichte unseres Bistums“, betont Museumsdirektor Matthias Kloft. Es wäre nicht übertrieben zu behaupten, dass er, der Professor für Kirchengeschichte, angesichts der erweiterten Ausstellungsfläche und des ungekannten Andrangs zum größten Nutznießer des Skandals geworden ist. Denn für Tebartz-van Elsts Nachfolger Georg Bätzing kam es nicht infrage, die Protzwohnung zu beziehen. Sie zu vermieten, schied wegen der Lage im Herzen des Bischofshauses aus. Also wurde sie zum Museum. Trotzdem sagt Klopft: „Ich hätte lieber ein kleineres Museum und auf den Skandal verzichtet.“

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