Gavi-Wiederauffüllungskonferenz in Berlin: Die Impfallianz Gavi kann weiter arbeiten
Mit 7,539 Milliarden Dollar übertrifft die Geberkonferenz ihr Finanzierungsziel leicht. Die Impfallianz will damit von 2016 bis 2020 jedes Kind impfen. Alleine die Gates-Stiftung gibt 1,55 Milliarden Dollar.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat selbst bis zur letzten Minute verhandelt. Mit Erfolg. Am Ende der Gavi-Wiederauffüllungskonferenz in Berlin sind 7,539 Milliarden US-Dollar für die internationale Impfallianz für die Jahre 2016 bis 2020 zusammengekommen. Gehofft hatte Gavi auf 7,5 Milliarden Dollar. Schon am Dienstagvormittag hat der Microsoft-Gründer Bill Gates für die Bill- und Melinda-Gates-Stiftung 1,5 Milliarden Dollar für Gavi zugesagt und legte in der zweiten Bieterrunde am Nachmittag noch einmal 50 Millionen Dollar drauf. Großbritannien will eine Milliarde Pfund (rund 1,4 Milliarden Dollar) einzahlen, die USA steuern ebenfalls eine Milliarde Dollar für vier Jahre bei. Norwegen bringt 6,5 Milliarden Norwegische Kronen (rund 834 Millionen Dollar) auf. Und Merkel selbst erhöhte die bereits geplanten 500 Millionen Euro auf 600 Millionen Euro (673 Millionen Dollar) für die kommenden fünf Jahre.
Mit dem Geld will die Impfallianz vor allem erreichen, dass "alle Kinder" durch die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen elf Impfungen geschützt werden. Gavi-Chef Seth Berkley sagte am Dienstag, es sei gelungen, bessere Impfstoffe und günstigeren Preisen in Entwicklungsländern zu bringen. Aber in abgelegenen ländlichen Regionen, in Krisengebieten oder auf der Flucht erreichen diese Impfstoffe die Kinder oft noch nicht. Diesen Kindern einen gesünderen Start ins Leben zu verschaffen, haben sich Berkley und die Geber der Konferenz vorgenommen.
Merkel kündigt einen Schwerpunkt Gesundheit für die G-7-Präsidentschaft an
In ihrer Video-Botschaft am Wochenende hatte Merkel selbst gesagt, wie wichtig ihr der Erfolg der Gavi-Geberkonferenz zum Auftakt der deutschen G-7-Präsidentschaft war. Dass sie sich selbst um eine Erhöhung der Zusagen bemüht hat, bestätigte am Nachmittag der chinesische Botschafter, der betonte, dass Chinas Präsident "in einem persönlichen Telefongespräch mit Angela Merkel" zugesagt habe, zum ersten Mal in der 15-jährigen Geschichte von Gavi zum Budget beizutragen. Mit eher symbolischen fünf Millionen Dollar für die kommenden fünf Jahre ist das ehemalige Gavi-Nehmerland China nun also auf der Geberseite vertreten.
Am Vorabend hatte der Pharmakonzern Pfizer eine geringfügige Senkung der Kosten für seinen Pneumokokken-Impfstoff angekündigt. Statt 3,30 Dollar müssen Gavi-Partnerländer, aber auch die, die ihre Impfprogramme mit Gavi-Hilfe aufgebaut haben und nicht mehr direkt gefördert werden, künftig 3,10 Dollar aufbringen. Bei drei notwendigen Impfdosen sind das immer noch 9,30 Dollar. Deshalb argumentierte die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen am Dienstag, dass die Zusagen vom Vormittag noch nicht einmal ausreichen würden, um alle Kinder gegen Lungenentzündung zu schützen. Die Ärzte fordern eine Senkung der Preise für die Pneumokokken-Immunisierung auf fünf Euro. Die Ärzte demonstrierten am Dienstag vor dem Berliner Kongresszentrum am Alexanderplatz mit einem "Glücksrad" der Pharmaindustrie, die immer gewinne.
Was hat die Welt aus Ebola gelernt?
Merkel betonte, dass sie der Gesundheit in der G-7-Präsidentschaft besondere Aufmerksamkeit widmen will. Merkel kündigte an, dass die norwegische Ministerpräsidentin Erna Solberg und der Vorsitzende der Afrikanischen Union, Ghanas Präsident John Dramani Mahama, ihre sechs wichtigsten Punkte unterstützten. Merkel betonte, dass mehr qualifiziertes Personal im Gesundheitswesen in armen Ländern nötig sei. Die Ebola-Krise habe gezeigt, dass es mehr Kapazitäten zum Lufttransport von Material im Krisenfall brauche. Die Stärkung der Gesundheitssysteme sei entscheidend, auch das sei eine Lehre aus der Ebola-Epidemie in Westafrika. Morgens wies Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) darauf hin, dass Deutschland gerade das mit jährlich rund 750 Millionen Euro finanziere. Merkel wies mit Blick auf die Schwäche der WHO zu Beginn der Ebola-Krise auch darauf hin, dass "effektive internationale Gesundheitsstrukturen" notwendig seien. Merkel sprach sich darüber hinaus für mehr Geld für Forschung und Entwicklung von Medikamenten und Behandlungsmethoden für Krankheiten aus und fügte hinzu, dass auch Geld zur Bekämpfung akuter Krankheiten da sein müsse.
Solberg: Das Geld ist gut investiert
Die norwegische Ministerpräsidentin Erna Solberg sagte in Berlin, das Geld, das in die Impfung von Kindern gesteckt werde, sei "gut investiertes Geld", und die norwegischen Steuerzahler seien angesichts des Erfolgs - Gavi nimmt für sich in Anspruch rund sieben Millionen Kindern durch die Impfungen das Leben gerettet zu haben - auch weiterhin bereit, die Impfprogramme zu finanzieren. "Darüber gibt es in Norwegen einen breiten politischen Konsens", sagte Solberg. Nicht alle Zusagen waren so klar wie die norwegische. Frankreich bot vor allem Darlehen an, die es wie Italien an einen "innovativen Finianzierungsfonds, Iffim" überweisen will. Und Schweden rühmte sich zwar, pro Kopf der "drittgrößte Geber" der Impfallianz zu sein, bliebt aber mit rund 180 Millionen Dollar in den kommenden fünf Jahren deutlich hinter den Erwartungen der Hilfsorganisationen zurück. Japan wiederum machte gar keinen Zusage, kündigte aber an, die Mittel für dieses Jahr "verdoppeln" zu wollen. Drei arabische Länder traten in Berlin erstmals als Geberstaaten auf: Oman mit drei Millionen Dollar, Saudi-Arabien mit 25 Millionen Dollar und Katar mit zehn Millionen Dollar.
Bill Gates: Auf Gavi sind wir besonders stolz
Der Chef des Afrikanischen Entwicklungsbank, Donald Kaberuka, wies darauf hin, dass seine Bank eine von afrikanischen Regierungen angestoßene Immunisierungsinitiative verwalte, die ebenfalls überwiegend von Norwegen finanziert werde. Kaberuka sagte mit Blick auf die Ebola-Krise, "wir müssen besser vorbereitet sein". Sollte es dazu kommen, dass eine vergleichbare Epidemie nun "in der Zentralafrikanischen Republik oder im Südsudan ausbrechen würde", glaube er nicht, "dass wir darauf vorbereitet sind", sagte er in Berlin. Das sei aber nötig, denn "Epidemien haben keinen Kalender, sie passieren einfach".
Der "Erfinder" von Gavi, Bill Gates, hat den Beitrag seiner Stiftung am Dienstag auf insgesamt vier Milliarden Dollar erhöht. In keinem anderen Feld hat die Stiftung mehr Geld investiert. "Auf Gavi sind wir besonders stolz", sagte er. Denn dass sich die Welt dem Milleniums-Entwicklungsziel (MDG), die Kindersterblichkeit unter fünf Jahren bis 2015 um zwei Drittel zu senken, überhaupt angenähert hat - sie ist seit dem Jahr 2000 halbiert worden - ist vor allem den Impfprogrammen mit der Unterstützung von Gavi zu verdanken. Entwicklungsminister Geld Müller betonte zum Abschluss der Konferenz, dass sich die Welt mit den neuen Nachhaltigkeitszielen (SDGs), die im September beschlossen werden sollen, bis 2030 das Ziel setzen müsse, "alle vermeidbaren Todesfälle von Kindern unter fünf Jahren" tatsächlich zu vermeiden. Rund 1,5 Millionen Kinder sterben immer noch an Krankheiten, gegen die es eine Impfung gibt, oder daran, dass sie in den ersten 30 Tagen, bevor sie geimpft werden können, an Malaria erkranken, weil sie nicht unter Bettnetzen schlafen können, oder an Unterernährung sterben, weil ihre Mütter, die sie stillen sollen, schon nicht genug zu essen haben.
Die Schauspielerin Maria Furtwängler fragte Bill Gates am Dienstag, warum er so überzeugt sei, dass Gavi die richtige Investition sei. Gates meinte, "bei der Summe sollte man besser überzeugt sein". Es wäre eine "furchtbare Zahl, eine Milliarde Dollar zu verschwenden", meinte er. Gates und seine Frau Melinda hätten die Ergebnisse beispielsweise in Indien gesehen. Zur Hochzeit der Durchfallerkrankungen hätten bei ihrem Besuch vor kurzem nur noch wenige Kinder im Krankenhaus gelegen, Jahre vorher sei es um diese Zeit voll gewesen. Aber die durch Gavi neu eingeführte Impfung gegen Rota-Viren sei "sehr effektiv".
Tansanias Präsident Jakaya Kikwete gab Gates in seiner Berliner Rede Recht. "Wir sind der lebende Beweis, dass es möglich ist, alle Kinder zu impfen", sagte er. Denn in Tansania seien inzwischen mehr als 90 Prozent der Kinder mit dem empfohlenen elffachen Impfschutz ausgestattet, berichtete er.