Münchner Oktoberfest: Der Ochs am Spieß - ein Symbol der Wiesn
Nicht nur die Unmengen Maß Bier stehen für das Oktoberfest. Ein weiter Klassiker ist der Ochs am Spieß – produziert auf dem städtischen Gut Karlshof.
Da hängt der Tobi nun am Spieß, auf einer Kreidetafel steht sein Name darüber, und wird bestaunt von den Gästen im Festzelt der Ochsenbraterei auf dem Münchner Oktoberfest. Sieben Stunden lang wurde er gegrillt. Sein ursprüngliches Gewicht von 500 Kilogramm hat er nicht mehr, denn große Teile des Fleisches wurden schon herausgelöst, zusammen mit Kartoffelsalat auf Teller verteilt und verkauft. 15,90 Euro die Portion.
Sieben Ochsen werden im Durchschnitt pro Tag gegrillt
An diesem Mittag spielt die Siegertsbrunner Blasmusik auf, das Zelt mit seinen 6000 Plätzen ist gut gefüllt, das Bier fließt in Strömen aus den Maßkrügen, die Wiesnbesucher lassen sich den Ochsenbraten schmecken. "Das ist einfach unser Klassiker", sagt Küchendirektor Richard Lindermeier, ein Bayer mit Schnauzbart und Trachtenweste. Sieben Ochsen werden im Durchschnitt pro Tag gegrillt. Der gewaltige Ochs am Spieß – er ist ein Symbol für das große, krachende Oktoberfest.
Was für ein Leben hatte Tobi? "Ein ziemlich gutes", ist sich Alfons Bauschmid sicher. Er leitet die Stadtgüter München, zu denen auch die Heimat der Ochsen gehört, das nördlich der Metropole gelegene Gut Karlshof. Dort stehen die 500 Ochsen nach Alter sortiert in den drei Ställen. Sie muhen, blöken, kommen bis zum Gitter auf den Besucher zu, wollen die Hände ablecken. "Das ist alles bayerisches Fleckvieh", klärt Bauschmid auf. Da bewahrt man die Tradition. "Typisch dafür sind der weiße Kopf und die braune Zeichnung." Der Werksleiter weiß: "Die geben gut Fleisch."
Die Jungtiere kosten 700 bis 900 Euro
Gekauft werden sie im benachbarten oberbayerischen Kirchheim, da sind sie ein halbes Jahr alt und wiegen um die 230 Kilogramm. Der Preis schwankt je nach Angebot und Nachfrage zwischen 700 und 900 Euro pro Tier. Es gibt in Kirchheim seit eh und je Viehversteigerungen, der Ort ist bekannt für die sogenannte "Fresservermarktung".
Damit aus einem kleinen Bullen ein Ochse wird, muss er kastriert werden. Das wird vom Tierarzt auf dem Gut Karlshof gemacht. Bauschmid erzählt, dass sie die "blutige Kastration" vornehmen im Gegensatz zur unblutigen. "Die Tiere sind örtlich betäubt und fressen dabei." Nach dem Eingriff seien sie, sagt der Karlshof-Verwalter Stephan Lieberth, "viel ruhiger und stressfreier". Im Gegensatz zu den nicht kastrierten Bullen hätten sie nicht mehr "dieses Imponiergehabe". Das Rindfleisch, das man beim Metzger oder im Restaurant bekommt, stammt von Bullen, also von gemästeten und nicht kastrierten männlichen Rindern. Bauschmid hingegen schwärmt vom Ochsenfleisch: "Das ist zarter, saftiger und sehr schön marmoriert."
Für Tobi und seine Artgenossen geht es auf dem Gut Karlshof vor allem darum, zu fressen. Pro Tag sollen sie 1200 Gramm zulegen. Morgens und am Nachmittag fährt der Futtermischwagen durch die Ställe, es gibt Mais, Mischsilage, Ackerbohnen. Und Stroh. "Das ist wie der Salat beim Menschen", sagt der Stadtgüter-Chef. Der Karlshof füttere "langsamer als andere". Die Tiere könnten auch schwerer gemästet werden, "aber dann verfetten sie." Das Gut legt Wert darauf, eine "besonders artgerechte Haltung" der Ochsen zu betreiben.
Im Alter von 18 bis 22 Monaten werden sie geschlachtet
Bio ist das aber noch nicht, dafür fehlt etwa der Auslauf unter freiem Himmel. Im Karlshof ist der überdacht. Dass Ochsen wie Milchkühe auf die Weide kommen, ist nicht üblich. Im Alter von 18 bis 22 Monaten werden sie geschlachtet, die Wiesn-Ochsen alle im 70 Kilometer östlich gelegenen Waldkraiburg. Etwa 110 Ochsen werden jedes Jahr aufs Oktoberfest zur Ochsenbraterei geliefert, weitere Tiere werden von einem Münchner Großmetzger gekauft sowie von kleinen Metzgereien.
Warum betreibt die Stadt München mit ihren Gütern Landwirtschaft in einem so großen Stil?
Der Stadt München geht es vor allem um Grundstücksvorratspolitik
Es geht vor allem um Grundstücksvorratspolitik. Das bedeutet grob gesagt: Ist die Stadt etwa an Flächen für Wohnungsbau interessiert, die ihr nicht gehören, so kann sie sozusagen andere Flächen als Tausch anbieten. Nur so konnte etwa die Allianz-Arena gebaut werden. Auch geht es der Stadt um den Erhalt der Umwelt und erneuerbare Energien. Auf dem Karlshof etwa gibt es eine Biogasanlage. Dort wird aus dem Mist und Dung von einem Ochsen Strom für einen Single-Haushalt hergestellt, sagt Alfons Bauschmid.
Jetzt, zur Wiesn-Zeit, hat die ganze Mannschaft vom Karlshof und den Stadtgütern, einen unverzichtbaren Termin: Zum Betriebsausflug geht es einen Abend auf das Oktoberfest, dort gibt es Ochsenbraten in der Ochsenbraterei.
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