Geschäft mit Leihmüttern: Das Ende der indischen Babyfabrik
In Indien boomt das Geschäft mit Leihmüttern. Doch nun soll damit Schluss sein. Die Regierung bereitet ein entsprechendes Gesetz vor. Frauen und Aktivisten sind empört.
Meena Patel ist im neunten Monat schwanger. Aber es ist nicht ihr Kind, das sie unter dem Herzen trägt, sondern das eines fremden Paares. Dafür bekommt sie laut „Hindustan Times“ umgerechnet rund 5600 Euro. Für diese Summe müsste sie sonst sieben bis elf Jahre arbeiten. Die 33-Jährige ist eine von Indiens Leihmüttern – noch. Denn Indien will jetzt kommerzielle Leihmutterschaften gänzlich verbieten. Patel ist empört: „Wird die Regierung uns Arbeit und ein Dach über den Kopf geben?“, fragt sie.
Die meisten Kunden sind Ausländer
Lange war Indien die Babyfabrik der Welt. Nur in wenigen Ländern konnte man so billig und leicht eine „Gebärmutter mieten“, wie Medien die Praxis spitz nennen. Zwar nutzen auch Inder die Dienste von Leihmüttern. Aber 60 bis 80 Prozent der Kunden sind angeblich Ausländer, viele aus Europa, den USA und Australien. Damit will die konservative Regierung von Premier Narendra Modi nun Schluss machen. Das Kabinett hat einen entsprechenden Gesetzentwurf gebilligt.
Ausländern, Einzelpersonen und homosexuellen Paaren soll es künftig ganz verboten sein, in Indien eine Leihmutter zu engagieren. Auch indische Paare dürfen diesen Weg nur noch nutzen, wenn sie nach fünf Jahren Ehe kinderlos sind. Damit nicht genug: Die Leihmutter muss eine enge Verwandte sein und darf kein Geld nehmen, sondern soll aus rein „altruistischen“ Motiven handeln. Bei Verstößen droht Haft bis zu zehn Jahren.
Bei der Vorlage des Gesetzentwurfes nannte Außenministerin Sushma Swaraj Leihmutterschaften einen bedauerlichen Trend. Es sei Mode unter den Reichen und Schönen geworden, ihre Kinder austragen zu lassen. Damit spielte sich offenbar darauf an, dass nicht nur in Hollywood, sondern auch in Bollywood einige Stars auf diese Weise Kinder bekommen haben. Das Verbot dürfte das Aus für viele der 2000 bis 3 000 Babykliniken bedeuten. Damit die Leihmütter noch alle Kinder austragen können, soll das Gesetz erst in zehn Monaten in Kraft treten. Allerdings sind die Pläne umstritten. Nach Ansicht betroffener Ärzte droht das Gesetz, das millionenschwere Geschäft in die Illegalität zu drängen.
Mittelsmänner und Kliniken verdienen am Geschäft
Auch die oppositionelle Kongresspartei spricht von einem „Entwurf aus der Steinzeit“. Das Gesetz sei paternalistisch, anti-liberal und von überholten Wertvorstellungen geprägt. Handlungsbedarf sehen freilich fast alle. Kritiker monieren seit Jahren, dass die Frauen leicht ausgebeutet werden können. Einige Leihmütter bekommen 9000 Euro, andere werden mit 1000 Euro abgespeist, während Mittelsmänner und Kliniken den richtig Reibach machen. Aktivisten fordern, lieber die Rechte der Frauen zu stärken. Das Verbot raube ihnen die oft einzige Chance, der Armut zu entkommen.
Studien zeigen, dass die Frauen das Geld sehr bedacht einsetzen. Einige kaufen ein Haus, andere legen es für die Ausbildung der eigenen Kinder an. „Mein Jüngster ist zwei Jahre alt. Ich brauche das Geld, um ihn in einen englischsprachigen Kindergarten zu stecken“, sagte die 27-jährige Amrita Singh der „Hindustan Times“. „Wie sonst können wir Hunderttausende Rupien in neun Monaten verdienen“, ärgert sich auch die 30-jährige Kailash Solanki. Wenn sie als Tagelöhnerin arbeite, kämen sie und ihr Mann zusammen auf gerade mal 66 Euro, im Monat. „Wie sollen wir damit unsere zwei Kinder ernähren?“ Auch die 30-jährige Vandana Yusug hält die Debatte für scheinheilig. „Sie nennen uns Babymaschinen. Aber wenn wir unseren Ehemännern ein Kind nach dem anderen gebären, dann sagen sie nichts. Für uns macht das keinen Unterschied.“