Elfenbein: China könnte mit Handelsstopp Elefanten und Nashörner retten
Aufgrund der großen Nachfrage in Asien nach Elfenbein und Nashörnern boomt die Wilderei in Afrika. Eine Schlüsselstellung nimmt China ein. Wenn dieses Land den Elfenbeinhandel konsequent unterbinden würde, dann könnten die gefährdeten Tierarten gerettet werden.
Seit einigen Jahren gibt es in trauriger Regelmäßigkeit Negativrekorde von der Wilderei zu melden. 2013 beispielsweise sind mehr als 25 000 Elefanten Wilderern zum Opfer gefallen, das war der vorläufige Höchststand. 2014 waren es aber immer noch mehr als 22 000. Warum das kein Fortschritt ist, hat die amerkanische Nationalakademie im August 2014 deutlich gemacht. Demnach hat Afrika zwischen 2011 und 2013 jedes Jahr im Durchschnitt sieben Prozent seiner Elefanten verloren. Es werden mehr Elefanten gewildert als geboren. Geht das noch hundert Jahre so weiter, wird es keine Elefanten mehr geben. In Zentralafrika dürfte das schon in zehn Jahren der Fall sein. In Westafrika sind Elefanten ausgestorben.
Am Freitag verbreitete sich eine Nachricht aus China, die den Elefanten helfen könnte. Der Chef der chinesischen Forstverwaltung, Zhao Shucong, versprach: „Wir werden die Elfenbeinverarbeitung und den Handel strikt kontrollieren, bis das Geschäft schließlich endet.“ Es ist das erste Mal, dass China ein Ende des Elfenbeinhandels in Aussicht stellt. John Scanlon, Generalsekretär der Washingtoner Artenschutzkonvention Cites, wird in der Tageszeitung „Guardian“ mit den Worten zitiert, er sei „höchst ermutigt“. Auch wenn China offen gelassen hat, wann das sein wird. Zudem können in China viele Regelungen zum Beispiel durch Bestechung umgangen werden.
Für viele zentralafrikanische Elefanten kommt Chinas Ankündigung wohl in jedem Fall zu spät. Im Januar sind im Norden Kameruns zehn Elefantenkadaver ohne Stoßzähne gefunden worden. Dort spielte sich 2012 im Bouba-Ndjida-Nationalpark ein Massaker an 200 Elefanten ab, am Ende des Jahres waren 650 Elefanten gewildert worden, vermutlich von sudanesischen Milizionären. 2014 sind auf der tschadischen Seite erneut 86 Elefanten abgeschlachtet worden. John Scanlon stellte 2013 ernüchtert fest, dass die hohe Nachfrage nach Elfenbein und Nashorn in China und Vietnam vor allem zu einer „Wilderei industriellen Ausmaßes“ geführt habe.
Internationale kriminelle Netzwerke
Am Geschäft beteiligt sind internationale kriminelle Netzwerke, die auch mit Drogen, Waffen oder Menschen handeln. Und das Elfenbein und das Nashorn finanziert bis heute Milizen, die in Somalia oder Zentralafrika gegen jede staatliche Ordnung kämpfen, sofern es eine solche überhaupt gibt.
Die ehemalige deutsche Botschafterin in Kenia, Margit Hellwig-Bötte, hat in einer Studie für die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) analysiert, dass die zwei großen Krisen durch Wilderei in den 70er und 80er Jahren sowie seit 2008 mit dem wirtschaftlichen Aufstieg zunächst Japans und dann Chinas eng verbunden sind. In Tansania beispielsweise gab es 1976 noch 109 000 Elefanten allein im Selous-Ökosystem, das im Osten Tansanias bis fast nach Mosambik reicht. 2013 waren es noch 13 084. Im benachbarten Mosambik sind in den vergangenen fünf Jahren 10 000 der 20 000 Elefanten Wilderern zum Opfer gefallen.
Noch dramatischer ist die Lage der Nashörner. Einige Nashornarten in Asien sind bereits faktisch ausgestorben, es gibt noch ein paar Exemplare in Zoos. Auch in vielen Regionen Afrikas gibt es keine Nashörner mehr oder allenfalls ein paar vereinzelte, die 24 Stunden am Tag von Wildhütern bewacht werden müssen, wie beispielsweise im Mosi-oa-Tunya-Nationalpark in Sambia nicht weit von den Viktoriafällen. Südafrika, das Land mit der noch höchsten Nashornpopulation hat 2013 insgesamt 1004 davon an Wilderer verloren, 2014 waren es 1215. Im kommenden Jahr rechnen Wissenschaftler damit, dass die Zahl der getöteten Nashörner die Zahl der Geburten endgültig überholen wird.
Ein Blick auf die Summen, die sich mit Nashorn verdienen lassen, erklärt das Tempo, mit dem sie getötet werden: Für ein Kilogramm Nashorn werden in Vietnam bis zu 65 000 Dollar gezahlt. Damit ist Nashorn doppelt so wertvoll wie Gold und teurer als Kokain. Ein Stoßzahn eines Elefanten bringt in China rund 30 000 Dollar ein. Die Preise haben sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt.
Richard Leakey tritt wieder in Aktion
Gegen diesen wirtschaftlichen Druck hat Kenias Präsident, Uhuru Kenyatta, der im März ein paar Tonnen Elfenbein verbrannt hat, nun den bisher erfolgreichsten Elefantenschützer in Stellung gebracht. Seit Ende April ist der inzwischen 70-jährige weltberühmte Paläontologe Richard Leakey zum zweiten Mal Chef des Kenya Wildlife Service, einer Behörde, die er 1989 schon einmal so auf Vordermann gebracht hat, dass sich die Elefantenbestände über die 1990er Jahre hinweg etwas erholen konnten. Leakey, der zwei Nieren- und eine Lebertransplantation hinter sich hat und auf Prothesen läuft, weil er bei einem Flugzeugabsturz beide Beine verlor, ist entschlossen, die Herausforderung noch einmal anzunehmen. Die Leitung der von ihm gegründeten Elefantenschutzorganisation Wildlife Direct hat er an Paula Kahumbu übergeben. Kahumbu sagte dem Tagesspiegel: „Ich kann mir keine andere Einzelperson denken, die einen so großen Einfluss auf junge Kenianer gehabt hat.“
Richard Leakey fasst das erneute Aufblühen der Wilderei in Kenia in einem Wort zusammen: Korruption. Dazu kommt, dass immer mehr Chinesen bei Bauprojekten im Einsatz sind und die Wilderei entlang dieser Projekte regelmäßig in die Höhe schnellt. Das hat schon einer von Leakeys Vorgängern beim Kenya Wildlife Service 2011 erstmals laut gesagt. Nun sieht es so aus, als wollte China seine Rolle als Problemfall loswerden. Vielleicht gelingt es China und Richard Leakey, die Elefanten doch noch zu retten. Einen besseren Schluss könnte sich Angelina Jolie nicht wünschen. Die Schauspielerin und Regisseurin ist dabei, das Leben von Richard Leakey zu verfilmen. Ihr Mann, Brad Pitt, soll ihn verkörpern.
Dagmar Dehmer
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