Waldelefanten: Zwischen Milizen und Wilderern
Wie der WWF versucht, im politischen Tumult der Zentralafrikanischen Republik Elefanten zu schützen.
Die Elefanten sind zurückgekommen, berichtet Angelique Todd. „Aber sie sind sehr aggressiv.“ Mitte Mai haben Wilderer, vermutlich aus dem Sudan, 26 der seltenen Waldelefanten getötet und ihre Stoßzähne geraubt. Das Massaker fand in Dzanga Bai statt, einer Lichtung, auf der sich manchmal mehrere hundert Waldelefanten treffen, um das besonders mineralhaltige Wasser zu trinken.
Die Primatenforscherin Todd lebt seit 15 Jahren im Dzanga-Sangha-Nationalpark in der Zentralafrikanischen Republik. Sie selbst arbeitet im Gorilla-Programm, das im Nationalpark allein 60 Einheimische beschäftigt. Vor allem Angehörige des BaAka-Pygmäenvolkes sind den Flachlandgorillas immer auf den Fersen. Doch derzeit kann Angelique Todd nicht dorthin zurück. Die Sicherheitslage ist zu angespannt, das Risiko für die weißen Naturschützer von der Umweltstiftung WWF und der WCS (Wildlife Conservation Society) ist hoch. Deshalb reist Todd nun durch Europa, um trotz der „komplexen Situation“ für das Überleben des trinationalen Sangha-Schutzgebietes zu werben, zu dem zwei weitere Nationalparks in Kamerun und der Republik Kongo (Brazzaville) gehören. Die Fläche des Nationalparks entspricht der Größe des Saarlands, das Schutzgebiet insgesamt ist so groß wie Belgien.
In der Zenralafrikanischen Republik kommen gerade zwei Krisen zusammen. Zum einen wurde die Regierung von Francois Bozizé nach rund zehn Jahren im März durch einen Coup der Rebellenallianz Seleka aus dem Norden des Landes gestürzt. Derzeit ist Michel Djotodia Übergangspräsident. Er ist einer der Seleka-Anführer und ein früherer Verbündeter Bozizés gegen dessen Vorgänger, als sich Bozizé an die Macht putschte. 2014 sollen Wahlen stattfinden, doch offenbar gelingt es Djotodia nicht, seine Rebellenallianz unter Kontrolle zu halten. Angelique Todd berichtet, dass Dutzende Milizen, die alle „auf eigene Rechnung“ arbeiteten, im Süden des Landes aktiv sind. Allein die WWF-Büros im Nationalpark sind drei Mal geplündert worden, erzählt sie.
Die Nachfrage in Asien lässt den Preis für Elfenbein steigen
Die zweite Krise ist die gewaltig gestiegene Nachfrage nach Elfenbein in China und Thailand. Für die Stoßzähne der Waldelefanten werden gigantische Summen gezahlt, und das Geschäft gilt als relativ risikolos. Die Raubzüge sudanesischer Wilderer in die Zentralafrikanische Republik, in den Kongo, nach Kamerun oder Tschad während der Trockenzeit haben Tradition. Auf diese Weise wurden die Bestände der Waldelefanten in den vergangenen 20 Jahren um 90 Prozent dezimiert. Es sollen nur noch ein paar tausend Tiere übrig sein, die Schätzungen bewegen sich zwischen 2000 und 3000. Da sie in voneinander getrennten Populationen leben, ist ihr Überleben nicht gesichert.
Allein in Kamerun sind Ende 2012 auf einen Schlag 300 Waldelefanten getötet worden. Und nun hat es auch den seit 1980 existierenden Nationalpark Dzanga-Sangha erwischt, wo es dem WWF und den lokalen Wildhütern über Jahre gelungen war, „einen sicheren Ort für die Waldelefanten zu schaffen“, wie Todd sagt. Derzeit ist jedoch gar nichts mehr sicher. Todd erzählt, dass der Park nur deshalb einen gewissen Schutz genießt, weil seit einigen Wochen chinesische Geschäftsleute in der Nachbarregion Bayanga angekommen sind, die im Schutzgebiet Diamanten schürfen wollen. „Wer die Konzession dafür erteilt hat, ist unklar und eigentlich ist das eine absolute Katastrophe“, sagt Todd. Aber es sei andererseits auch ein merkwürdiger Glücksfall. Die Seleka- Miliz in Bayanga sei, im Gegensatz zu anderen, „gut“. Sie sei diszipliniert und auch bereit, den Park zu schützen. Dennoch reicht das nicht aus, um an eine Rückkehr denken zu können. Ein Großteil des WWF-Teams ist nach Kamerun oder in die Hauptstadt Bangui evakuiert worden, die allerdings schon seit dem Beginn der Kämpfe zwischen Bozizé und der Seleka kein besonders sicherer Ort mehr ist.
Die Bevölkerung leidet unter dem Ausbleiben der Touristen
Die unsichere Lage ist nicht nur tragisch für die Elefanten. Sie ist eine Katastrophe für die Bevölkerung der Region. 200 regionale Angestellte arbeiten direkt im Park. Zudem wird die lokale Bevölkerung mit 40 Prozent an den Einnahmen aus dem Ökotourismus im Park beteiligt, zehn Prozent fließen in einen Regierungsfonds und 50 Prozent werden für die Verwaltung des Schutzgebiets verwendet. Doch derzeit ist es zu riskant, Touristen in das Gebiet zu locken. „Wir hatten für August und September 60 Anmeldungen“, bedauert Todd. Abgesagt haben sie die Reisen noch nicht, aber die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Lage bis dahin beruhigt hat, ist gering. Damit fallen in diesem Jahr sämtliche Einnahmen aus dem Tourismus aus. Zwar verfügt das trinationale Schutzgebiet über einen Fonds, aus dem die laufenden Kosten für die Eco-Guards, also die Wildhüter, gedeckt werden können. Doch der Nutzen für die lokale Bevölkerung entsteht erst durch die Einnahmen aus der Nutzung des Parks für Tourismus oder andere Leistungen, die den Erhalt des Ökosystems nicht gefährden.
Kurz nach dem Elefantenmassaker im Nationalpark diskutierte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen über einen Bericht, der den Elfenbeinhandel auch mit der Finanzierung von bewaffneten Milizen in Verbindung brachte. Auch die seit mehr als 20 Jahren durch nunmehr drei Länder marodierende ursprünglich nordugandische LRA-Miliz um Joseph Kony wird mit diesem „Blut-Elfenbein“ in Verbindung gebracht. Ziemlich sicher ist, dass die Stoßzähne aus Zentralafrika in den Sudan und von der Hauptstadt Khartum nach Asien geschmuggelt werden. Ob auch chinesische Zwischenhändler oder Auftraggeber in der Zentralafrikanischen Republik selbst eine Rolle spielen, lässt sich angesichts der chaotischen politischen Lage im Land derzeit kaum ermitteln. Sie spielen aber bei der Wilderei in Kenia oder Südafrika eine bedeutende Rolle. Das legt auch in diesem Fall einen Zusammenhang nahe.
Einer, der weder mit der einen noch der anderen Gruppe viel zu tun hatte, ist Idriss Hassan. Der Tschader ist vor wenigen Tagen nahe der Grenze zur Zentralafrikanischen Republik mit 124 Elefantenstoßzähnen verhaftet worden. Nach Angaben des tschadischen Umweltministers Mahamat Issa Halikimi soll der Mann seit 2011 in der Region zwischen dem Tschad, Kamerun und der Zentralafrikanischen Republik aktiv gewesen sein. Der Tschad beschuldigt ihn, einer Gang anzugehören, die in den vergangenen beiden Jahren 149 Elefanten getötet haben soll.
Dagmar Dehmer
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