Designierter Nachfolger der Queen: Charles, der eigenwillige Kronprinz
Wenn Elizabeth II. stirbt, wird Charles den britischen Thron besteigen – nicht allen ist wohl dabei. Eine US-Biografie verrät neue Details über sein Leben.
Wenn es so weit ist, dann wird das Codewort lauten: „London Bridge is down“. Dann wissen diejenigen, auf die es ankommt, dass Elizabeth gestorben ist. Theresa May wird darunter sein (oder wer immer Großbritannien dann regiert), und auch Charles wird es schnell erfahren, sollte er nicht dabei gewesen sein. Denn: The Queen is dead, long live the King. Der älteste Sohn wird am Tag nach dem Ableben der Mutter pünktlich um 11 Uhr zum neuen Monarchen ausgerufen. Bei dem Gedanken ist nicht allen wohl im Vereinigten Königreich.
Elizabeth feiert am 26. April ihren 91.Geburtstag. Zwar ist die Windsor-Sippe ungewöhnlich gesund, Queen Mum wurde 102. Aber der Tag wird kommen. Die britische Zeitung „Guardian“ hat unlängst das Codewort verraten und das London-Bridge-Projekt beschrieben. Die Vorbereitungen laufen seit Jahren, im Stillen, ein kleiner Kreis kümmert sich darum. Die BBC hat das Drehbuch für den Todestag und die folgende Trauerphase längst in der Schublade. Es wird ein Weltereignis werden.
Verzichten will er nicht
Charles Philip Arthur George ist vorbereitet. Der Prince of Wales wartet darauf, König zu werden, seit er weiß, dass es ihn aller Voraussicht nach trifft. Im kommenden Jahr wird er 70. Ein, zwei Dekaden könnten es also schon noch werden als Nachfolger auf dem Thron. Er wird Charles III. sein. Es gibt Leute, die hätten lieber William V. Aber so wie Elizabeth nicht abdanken will, so will Charles nicht verzichten zugunsten seines Ältesten. Er gilt als dickköpfig, stur und eigenwillig. In seinem Schlafzimmer soll ein Wahlspruch hängen: „Be patient and endure.“ Sei geduldig und halte es aus.
Seit einigen Jahren übernimmt Charles Auftritte, die seine Mutter früher mit aller Selbstverständlichkeit selbst erledigt hat. Allen voran die Eröffnung von Commonwealth-Konferenzen. Die Ersatzveranstaltung für das verblichene Empire ist eine von den Royals gern genutzte Bühne. Aber auch in Europa gibt es derzeit viel zu tun. Charles und seine Frau Camilla, die Duchess of Cornwall, waren gerade erst in Rumänien, in Österreich, in Italien. Und sie gedachten in Frankreich kanadischer Gefallener im Ersten Weltkrieg. Die konservative Regierung nutzt die Royals, um nach der Brexit-Entscheidung in Europa die Stimmung ein bisschen zugunsten der Insel zu beeinflussen. Daher umarmt Charles in Bukarest arme Kinder, nippt in einem Heurigen-Lokal bei Wien mit Kennermiene an einem Glas Weißwein und trägt in Vimy das ernste Gesicht, das der Termin verlangt. Die Royals sind eine professionelle Theatertruppe, die alle Genres beherrscht. „Wie viel von unserem Leben wir doch schauspielern müssen“, hat Queen Mum mal geseufzt.
Das Drama mit Diana darf nicht fehlen
In Großbritannien sind sie verdonnert, vor aller Welt ein ewig laufendes Boulevard-Stück zu geben. Aktuell steht Charles im Vordergrund. Der Anlass: Sally Bedell Smith, eine amerikanische Journalistin bei „Vanity Fair“ und Royals-Expertin, hat einen Wälzer über ihn geschrieben. Mit Charles hat sie so gut wie nie geredet. Aber über ihn, mit „300 Freunden, Offiziellen, Verwandten und Bekannten“. Das Ergebnis in der Schlagzeile der Zeitung „Daily Mail“: „Am vergifteten Hof von Charles“. Der „schrullige Mann, der König würde“, nennt ihn die „Times“.
Bis heute hängt Charles die verkorkste Ehe mit Diana Spencer an. Natürlich dreht sich Smiths Buch auch darum. Es geht um Träume, Traumata, Therapien, Tränen – Charles soll am Abend vor der Hochzeit welche vergossen haben. Smith reiht darüber hinaus eine kuriose Geschichte an die andere. So verrät sie, was ein US-Diplomat ihr gepetzt hat: Charles soll angesichts des Einmarsches in Afghanistan 2001 bei der US-Botschaft angerufen haben mit der Bitte, die Aktion um einen Monat zu verschieben, um den Ramadan nicht zu stören. Das provoziert natürlich die Frage: Kann er wirklich König werden?
Mit Charles III. dürfte sich die britische Politik etwas umstellen müssen, was den Stil der Krone betrifft. Elizabeth hält sich politisch zurück, in der Hinsicht ist sie farblos. Charles ist etwas anders gepolt. Er gibt gern Ratschläge – akzeptiert aber nach Smiths Darstellung andere Meinungen nur, wenn sie mit seiner eigenen kompatibel sind. Er hält die Monarchie nur für vermittelbar, wenn der Monarch auch etwas zum politischen Leben beiträgt. In jüngeren Jahren geriet er gelegentlich mit Umweltminister Nicholas Ridley aneinander – Charles hat zwar ein konservatives, aber auch grün gefärbtes Weltbild, er setzt sich gegen den Klimawandel ein und propagiert eine organische Landwirtschaft. Premierministerin Margaret Thatcher intervenierte damals bei der Queen und auch direkt bei Charles, angeblich mit dem Satz: „Ich führe das Land, nicht Sie, Sir.“
Cleverer Unternehmer
Übersehen wird bisweilen, dass Charles ein Leben neben der Thronfolge führt. Er ist ein cleverer Unternehmer. Aus den Ländereien der Duchy of Cornwall, die der Thronfolger traditionell erbt, hat er einen kleinen Agrar-, Luxusgüter- und Immobilienkonzern geformt, dessen Produkte seit Jahrzehnten gewinnträchtig vermarktet werden. Dazu gehört auch das Anwesen Highgrove mit seiner Gartenanlage, die man gegen anspruchsvolle 25 Pfund Eintritt besichtigen kann (Führung inklusive). Zwar fließen Überschüsse zum Teil direkt in die vielfältigen Charity-Unternehmungen und Stiftungen des Prinzen. Aber es bleibt offenbar so viel, dass er sich selbst schon mal als Selfmade-Millionär bezeichnet hat. Er ist gern unter Reichen. Charles führt ein Luxusleben und mag es. In der Tasche eines Bodyguards steckt eine Flasche Martini, der bevorzugte Aperitif. Und auf Reisen wird ihm sein eigenes Salz gereicht. Also doch durch und durch ein Royal.
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