Zentralafrikanische Regierung: Boris Beckers Diplomatenpass angeblich eine Fälschung
Der Bürochef des Außenministers spricht von einem gestohlenem Blanko-Pass. In London wird das Insolvenzverfahren gegen Becker noch nicht eingestellt.
Boris Beckers Diplomatenpass der Zentralafrikanischen Republik ist nach Angaben der Regierung des Landes gefälscht. Das Dokument sei eine "Fälschung", sagte der Büroleiter von Außenminister Charles Armel Doubane, Chérubin Moroubama, am Dienstag in Bangui. Der Ex-Tennisstar hatte zuletzt versucht, in seinem laufenden Insolvenzverfahren diplomatische Immunität als Sonderattaché für Sport und kulturelle Angelegenheiten der Zentralafrikanischen Republik in der EU geltend zu machen. Beckers Anwälte verwiesen in diesem Zusammenhang vor einem britischen Gericht auch auf seinen Diplomatenpass.
"Beckers Stellenbeschreibung gibt es nicht" in den Regierungsdatenbanken, sagte Moroubama. Der fragliche Ausweis, von dem die Nachrichtenagentur AFP eine Kopie einsehen konnte, ist auf den 19. März 2018 datiert und trägt eine Seriennummer, die nach Angaben des Büroleiters zu "2014 gestohlenen Blankopässen passt". Außerdem seien die Unterschrift und der Stempel auf dem Dokument nicht die des Außenministers. Darüber hinaus habe das dort angegebene Aufgabengebiet "Finanzen" "nichts mit sportlichen Fragen zu tun".
Der dreimalige Wimbledonsieger war im Juni 2017 von einem Konkursgericht in London wegen unbeglichener Schulden für zahlungsunfähig erklärt worden. Beckers deutscher Anwalt Oliver Moser hatte Ende vergangener Woche dem Sport-Informations-Dienst SID gesagt, sein Mandant mache im Zuge eines Insolvenzverfahrens in Großbritannien diplomatische Immunität geltend: Er berufe sich dabei auf seine Funktion als Sportsonderattaché für die Zentralafrikanische Republik. Demnach war Becker im April von der Zentralafrikanischen Republik zum Attaché für Sport, humanitäre und kulturelle Fragen bei der EU ernannt worden.
Außenminister Doubane: "Becker ist kein anerkannter Diplomat"
Bereits am Montag hatte Außenminister Doubane der Zeitung „Die Welt“ gesagt, Becker sei kein anerkannter Diplomat und genieße damit auch keine Immunität. Damit widersprach er der Darstellung des Botschafters des afrikanischen Landes in Brüssel. Der hatte am Sonntag schriftlich erklärt, er unterstütze die Darstellung von Beckers Anwalt, dass dieser als Sport-Attaché diplomatische Immunität genieße.
Später veröffentlichte die Botschaft sogar eine Pressemitteilung, die Beckers Diplomatenstatus bestätigte. Auf der Website der Botschaft war Becker als „Attaché für die Beschaffung von Mitteln für sportliche, kulturelle und humanitäre Angelegenheiten“ bezeichnet worden. Der Eintrag wurde aber später gelöscht.
Doubane bestätigte, dass es zu einem Treffen zwischen Becker und dem Zentralafrikanischen Präsidenten Faustin Archange Touadéra gekommen sei. Er bestätigte auch, dass es dabei darum ging, wie Becker dem Land Kontakte in Sachen Sportförderung vermitteln könne. Zum „offiziellen Diplomaten“ sei Becker dadurch aber nicht geworden. Um als Diplomat bestellt zu werden, sei neben der Ernennung des Präsidenten auch die Unterschrift des Außenministers nötig, so Doubane. Er habe aber entsprechende Dokumente nie unterzeichnet und sei auch vom Präsidenten des Landes nicht darum gebeten worden.
Becker will Schadenersatz geltend machen
Becker beruft sich auf seine angebliche Immunität, um einem Verfahren wegen Geldforderungen einer Privatbank zu entgehen. Doubane sagte der „Welt“ zufolge, er habe nie eine Ernennung Beckers zum Botschafter unterzeichnet. Dies sei aber nötig, damit dieser diplomatischen Schutz genieße. Zwar habe sich Becker bei zwei Gelegenheiten in Sportbelangen für die Zentralafrikanische Republik eingesetzt, aber in inoffizieller Funktion.
Doubane äußerte zugleich die Befürchtung, das Image seines Landes könne unter der Becker-Affäre leiden. „Wir wollen nicht, dass Boris Beckers inoffizielle Position für unser Land mit seinen finanziellen Problemen assoziiert wird." Er sagte zu, die Regierung werde bei rechtlichen Verfahren gegen Becker die Justiz in keinerlei Weise behindern. Sein Land trete für Rechtsstaatlichkeit ein, so Doubane. Deshalb könne „die Zentralafrikanische Republik Boris Becker vor einem Gericht nicht schützen“.
Ein britisches Gericht hatte vor einem Jahr Beckers Insolvenz festgestellt, nachdem eine britische Bank auf die Rückzahlung einer „hohen Summe“ geklagt hatte. Becker erklärte am Donnerstag, er berufe sich jetzt auf seine diplomatische Immunität, um die Farce zu beenden. In dem Schreiben beklagte er, dass das „ungerechtfertigte und unnötige“ Gerichtsverfahren sowie die Insolvenzerklärung ihm beruflich und privat schweren Schaden zugefügt hätten. Dafür werde er Schadenersatz geltend machen.
Die Zentralafrikanische Republik ist trotz ihrer reichen Diamanten- und Mineralienvorkommen eines der ärmsten Länder der Welt. Nach mehreren Bürgerkriegen sind weite Teile des Landes nicht unter Kontrolle der Regierung. Zivilisten und die Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen sind immer wieder Ziel verschiedener Rebellengruppen. Ein Viertel der Bevölkerung ist auf der Flucht, gut die Hälfte der Bevölkerung - zwei Millionen Menschen - sind auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen.
Insolvenzverfahren noch nicht beendet
Auch am Londoner High Court ist der Streit um die angebliche diplomatische Immunität von Boris Becker noch nicht ausgefochten. Eine Sitzung dazu endete am Montag laut einem Medienbericht zunächst ohne endgültige Entscheidung. Bis das Gericht über die Immunität Beckers befunden habe, solle das Insolvenzverfahren aber vorerst bestehen bleiben, berichtete der britische Sender ITV. Eine weitere Anhörung finde nicht vor dem 5. Oktober statt, zitierte ITV den Richter.
Eigentlich hätte das Verfahren diese Woche auslaufen sollen, Becker wäre schuldenfrei gewesen. Doch Insolvenzverwalter Mark Ford hatte einen Antrag auf Verlängerung gestellt, er wirft Becker mangelnde Kooperation vor. Zum Beispiel verlangt er Auskunft über den Verbleib eines Teils von Beckers Trophäen. (AFP, dpa, epd)