Ende zweier Erfolgsgeschichten: Beim Impfen liegen Neuseeland und Australien weit zurück
Neuseeland und Australien zählen zu den Vorbildern im Umgang mit der Corona-Pandemie. Doch die langsamen Impfkampagnen drohen nun, die Länder länger vom Rest der Welt abzuschneiden.
In Australien wie auch in Neuseeland führen die Menschen wieder weitestgehend ein normales Leben. Die Kinder gehen zur Schule, Restaurants und Cafés sind voll, Theateraufführungen, Konzerte und Sportveranstaltungen gut besucht.
Kein Wunder, denn Covid-Fälle werden meist nur noch bei Rückkehrern aus dem Ausland verzeichnet, die sich in Quarantäne befinden. Bei einer Analyse der australischen Denkfabrik Lowy-Institut, die im Januar auswertete, wie einzelne Länder die Pandemie bewerkstelligt haben, schnitt Neuseeland am besten ab. Auch Australien landete unter den Top Zehn.
Die Erfolgsstrategien von Neuseeland und Australien waren geschlossene Außengrenzen, ein Quarantänesystem, um den „Import“ von Covid-19 zu verhindern, stringente Tests, flächendeckende Kontaktverfolgung und Blitzlockdowns von Millionenmetropolen, um eine Ausbreitung des Virus schnell und effektiv zu unterbinden.
Auf diese Art und Weise hatten die Länder über Monate die Nase vorn: Die Normalität kehrte in den Alltag zurück, Tausende Menschenleben wurden gerettet. Australien verzeichnete bei knapp 30.000 Infektionen bisher 910 Todesfälle, Neuseeland bei 2600 Fällen 26 Tote. Auch die wirtschaftlichen Schäden hielten sich durch das konsequente Durchgreifen in Grenzen: Neuseelands Wirtschaft schrumpfte im vergangenen Jahr um 2,9 Prozent, Australiens sogar nur um 1,1 Prozent.
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Das deutsche Bruttoinlandsprodukt sank im Vergleich um 4,9 Prozent, das österreichische um 6,6 Prozent. Vor allem die australische Wirtschaft erholte sich in den letzten sechs Monaten des Jahres 2020 wieder stark: Im Septemberquartal wuchs sie um 3,4 Prozent, in den drei Monaten bis Ende Dezember um 3,1 Prozent. Doch beim Thema Impfen sieht die Situation völlig anders aus.
Die Kampagnen beider Länder verlaufen bisher eher schleppend und seitdem vor allem die USA und Großbritannien in hohem Tempo impfen, fürchten einige inzwischen, dass Australien und Neuseeland vor allem aufgrund ihrer geschlossener Außengrenzen zurückbleiben werden.
Australien, das einst geplant hatte, seine Bevölkerung bis Ende dieses Jahres impfen zu lassen, hat bis zum 26. April gerade mal 1,9 Millionen Menschen geimpft, Neuseeland sogar nur rund 180 000, ein Bruchteil der insgesamt 25 Millionen Australier und der rund fünf Millionen Neuseeländer.
Nachdem Australien einen eigenen potenziellen Impfstoff aufgeben musste, weil er zu falschen positiven Ergebnissen bei HIV-Tests führte, setzte das Land auf drei Impfstoffe: Biontech/Pfizer, Astrazeneca und Novavax. Nur die ersten beiden sind bisher im Land zugelassen, Astrazeneca sollte der bevorzugte Impfstoff werden. Doch die vereinzelten Fälle von Blutgerinseln nach einer Impfung mit Astrazeneca haben Australiens Impfstrategie nun torpediert.
Menschen unter 50 Jahren soll der Impfstoff erstmal nicht mehr verabreicht werden, beschlossen die Gesundheitsbehörden und bestellten mehr Dosen von Biontech/Pfizer. In der Warteschlange steht Australien deswegen nun relativ weit hinten. Auch Neuseeland, das mit Biontech/Pfizer impft und bisher nur Hochrisikogruppen versorgt hat, hatte einen langsamen Start.
Impfkampagne: „Misserfolg“ und „chaotisch“
Die australische Impfkampagne wurde deswegen bereits ein „Misserfolg“ genannt, die neuseeländische als „chaotisch“ bezeichnet. Doch die Regierungen der beiden Inselstaaten lassen sich bisher wenig von den harschen Worten beeindrucken.
Australiens Regierungschef Scott Morrison verwies darauf, dass es durchaus Vorteile habe, langsamer vorzugehen. Schließlich könne man auf diese Weise von den Impfkampagnen in anderen Ländern lernen. Auch Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern betonte, dass man die Situation in ihrem Land nicht mit dem Rest der Welt vergleichen könne, denn schließlich würde in Neuseeland niemand mehr an Covid-19 sterben.
In einem Interview mit dem nationalen Fernsehsender TVNZ sagte die sozialdemokratische Politikerin, dass sie es als richtig empfinde, etwas „später in der Hackordnung“ dran zu sein. Denn es sei auch wichtig für Entwicklungsländer, den Impfstoff zu bekommen. „Bis wir nicht alle Teil weit verbreiteter Impfprogramme sind, ist niemand sicher“, sagte sie. Denn sobald sich Covid in einem Land ausbreite, könne es zu Mutationen kommen, die wiederum die Wirksamkeit von Impfstoffen beeinträchtigten.
Andere fürchten jedoch, dass die beiden Erfolgsgeschichten der Pandemie ihren Vorsprung auf diese Weise einbüßen werden. „Da immer mehr Länder ihre Bevölkerung impfen, besteht die Gefahr, dass Neuseeland zurückbleibt“, sagte Chris Bishop, ein neuseeländischer Oppositionspolitiker. Diese Länder würden dann ihren Handel öffnen und wieder reisen, während Neuseeland zurückbleiben werde. „Die Eliminierung von Covid-19 in Neuseeland hätte für uns eine Gelegenheit sein müssen, uns schneller als der Rest der Welt zu erholen.“ Nun würden sie Gefahr laufen, diesen Vorsprung zu verschwenden.
Auch Australien zahlt bereits den Preis der langsamen Impfkampagne. Übers Wochenende musste mit Perth erneut eine australische Millionenstadt in den Lockdown, nachdem ein einziger neuer Covid-Fall außerhalb der Quarantäne entdeckt worden war. Eine vergleichbare fünftägige Ausgangssperre Anfang des Jahres hatte die westaustralische Wirtschaft bereits umgerechnet rund 77 Millionen Euro gekostet.
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