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Zurück im Alltag. Regierungschefin Ardern wird bewundert, muss aber auch wieder Kritik einstecken.
© Mark Mitchell/dpa

Neuseeland: Nach der gewonnenen Coronavirus-Schlacht wachsen Zweifel

Neuseeland hat Corona besiegt. Jetzt gibt es Fragen, ob die strengen Regulierungen gerechtfertigt waren.

Neuseeland hat das Coronavirus besiegt. Nach einer der strengsten Ausgangssperren der Welt geht das Land an diesem Donnerstag wieder weitgehend zur Normalität über. Jetzt melden sich Kritiker und fragen, ob die von der Regierung angeordneten harschen Regulierungen nicht übertrieben waren, denn wirtschaftlich ist das Land in große Schwierigkeiten geraten.

Sieben Wochen haben die Neuseeländer zu Hause verbringen müssen. Der kleine Inselstaat im Pazifik hat eine der strengsten Ausgangssperren weltweit hinter sich. Die harschen Regulierungen haben sich insofern gelohnt, als Neuseeland die Pandemie offensichtlich gut überstanden hat. Am Mittwoch verzeichnete das Land zum wiederholten Male keine neuen Fälle von Covid-19-Erkrankung. Nur 21 Menschen starben in dem Land, 1147 hatten sich infiziert.

Premierministerin Jacinda Ardern dankte allen. Ihr „Fünf-Millionen- Team“ – die Einwohnerzahl Neuseelands – habe die Normalität geopfert, um die am stärksten gefährdeten Menschen des Landes, ältere sowie immunschwache Menschen, zu schützen. Der Alltag beginnt neu, die meisten Beschränkungen werden wieder gelockert: Die Neuseeländer dürfen wieder zur Arbeit und zur Schule gehen, einkaufen, in Restaurants essen und ins Kino, auf den Spielplatz oder in die Bibliothek gehen. Nur die Grenzen bleiben weiterhin geschlossen, um keine neuen Fälle zu importieren.

Trotz der langen Abwesenheit von Normalität haben sich nur wenige Menschen in Neuseeland über die Einschränkungen beschwert. „Wir wollen nicht wie die USA enden“, kommentierte eine Neuseeländerin eine der Pressekonferenzen, über die Regierungschefin Ardern täglich während der Ausgangssperre mit ihren Bürgern kommunizierte.

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Doch es gibt auch Zweifel an der Notwendigkeit und an der Rechtmäßigkeit eines solch extremen „Lockdowns“, wie ihn Neuseeland umgesetzt hat. „Geleakte Dokumente der Regierung legen nahe, dass der Lockdown juristisch nicht gut begründet war“, sagte Oliver Hartwich, ein deutscher Wirtschaftsexperte, der den neuseeländischen Thinktank „The New Zealand Initiative“ leitet.

Hartwich vermutet, dass die Ausgangssperre übertrieben war und ein wenig aus einer Panik heraus beschlossen wurde, da die Regierung Mitte März Probleme hatte, „steigende Fallzahlen nachvollziehen zu können“. „Australien hat weniger scharf reagiert, hat dabei aber die gleichen Fallreduzierungen erreicht und seine Wirtschaft nicht so extrem geschädigt wie Neuseeland“, sagte Hartwich. Doch auch er bestätigt, dass die Bevölkerung sich wenig daran störte und nach wie vor hinter Ardern stehe.

Die schnelle Reaktion auf die Krise brachte der Politikerin, die während ihrer Amtszeit bereits mit einer Terrorattacke auf zwei Moscheen in Christchurch sowie einem Vulkanausbruch konfrontiert war, weltweites Lob ein. Als der Inselstaat am 14. März gerade mal sechs bestätigte Covid-19-Fälle zählte, hatte die Politikerin verkündet, dass jeder, der nach Neuseeland einreisen möchte, zwei Wochen in Selbstisolation muss. Am 19. März riegelte sie das Land ab.

Wenige Tage später, inzwischen waren etwas über 100 Menschen positiv getestet, bereitete sie ihr Land bereits auf den Lockdown vor. Sie ließ ein System klar formulierter Alarmschwellen ausarbeiten, die der Bevölkerung klar vermittelt wurden. Die höchsten Stufen werden nun wieder zurückgenommen. Neben ihrem raschen Handeln erwarb sich die Sozialdemokratin wie auch bei den vorherigen Krisen große Sympathie wegen ihres empathischen Ansatzes. In ihren Auftritten ging sie auf die Nöte der Menschen ein und zeigte Mitgefühl und Verständnis für deren Sorgen um die Zukunft.

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Mit den strengen Regulierungen wurden in Neuseeland zweifellos viele Menschenleben gerettet. Doch nun steht das Land vor der schwierigen Aufgabe, die von Handel und Tourismus abhängige Wirtschaft wieder anzukurbeln. „Wir erleben gerade die schwerste Rezession seit Jahrzehnten“, sagte der Wirtschaftsexperte Hartwich. „Lediglich die Lohnsubventionen haben den Anstieg der Arbeitslosigkeit noch einmal kurzfristig kaschiert, aber die Auswirkungen auf Arbeitsmarkt, Finanzen und Wachstum werden verheerend sein.“ Weil die Grenzen nach wie vor geschlossen bleiben, gibt es in diesem Jahr kaum Hoffnung auf Wirtschaftswachstum und Hunderttausende von Arbeitsplätzen könnten verloren gehen, wird befürchtet.

Die Regierung wird im Staatshaushalt Milliarden veranschlagen müssen, um die Konjunktur wieder in Schwung zu bringen, der Staat wird sich dadurch schwer verschulden. Ardern selbst ist trotzdem optimistisch, dass „ihr Team“, die Bevölkerung Neuseelands, auch diese Mammutaufgabe meistern kann. Schließlich seien die fünf Millionen ja auch einig gewesen und zusammengekommen, um das Virus zu bekämpfen, sagte die Regierungschefin auf einer Pressekonferenz am Montag. „Jetzt können wir uns auch zusammenschließen, um unsere Wirtschaft wieder aufzubauen.“

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