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Ein Blick auf den zerstörten Frachthafen in der chinesischen Stadt Tianjin. Beo der Explosionskatastrophe waren am 12. August 114 Menschen ums Leben gekommen.
© REUTERS

Nach Explosionsunglück in Tianjin: Behörden nehmen vier Manager in China fest

Verstöße gegen die Sicherheit, unerlaubte Transporte von Chemikalien, zweifelhafte Genehmigungen. Hinter der Tragödie von Tianjin steckt eine gefährliche Kungelei. Die Ermittler gehen in die Offensive.

Nach der Katastrophe in Tianjin mit 114 Toten enthüllen die Ermittler illegale Machenschaften der Betreiber des explodierten Gefahrgutlagers. Vier Eigentümer und Manager wurden festgenommen. Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua beschrieb eine Vetternwirtschaft zwischen gut vernetzten Vertretern des „dubiosen Unternehmens“ Ruihai Logistik und Aufsichtsorganen. Zudem geht es um fragwürdige Genehmigungen und Verstöße gegen Sicherheitsregeln. Die Bergungsarbeiten in dem Trümmergebiet um den riesigen Krater im Hafen der nordchinesischen Stadt kamen derweil nur langsam voran.

In dem Lager mit 3000 Tonnen gefährlichen Chemikalien war es am 12. August nach einem Brand zu heftigen Explosionen gekommen, die in einem weiten Umkreis schwere Verwüstungen anrichteten. 65 Menschen wurden nach Angaben des Staatsfernsehens noch vermisst. Mehr als 670 Verletzte werden im Krankenhaus behandelt. Unter ihnen sind knapp 40 Schwerverletzte. Von den 114 Toten sind 101 identifiziert, darunter 53 Feuerwehrleute und 7 Polizisten. Nachdem es in der Zehn-Millionen-Metropole geregnet hat, wurden im Wasser an 8 von 40 Messstationen Cyanid-Werte gefunden, die über den Sicherheitsgrenzen liegen, sagte Bao Jinling, Chefingenieur des Umweltschutzamtes von Tianjin. An 18 Stationen für Luftmessungen habe es hingegen keine erhöhten Werte gegeben. In dem Lager waren unter anderem 700 Tonnen hochgiftiges und leicht entzündliches Natriumcyanid.

Die Ausmaße der Explosionskatastrophe in Tianjin sind auf diesem Bild vom 16. August zu sehen.
Die Ausmaße der Explosionskatastrophe in Tianjin sind auf diesem Bild vom 16. August zu sehen.
© AFP

„Falsche Eigentumsverhältnisse“ bei dem Betreiber des Lagers festgestellt

Ein Spezialist der Bergungsteams widersprach nach Xinhua-Angaben Presseberichten, dass sich Nervengas bei dem Unglück entwickelt habe. Nach anfänglichem Chaos und Beschwichtigungen, die Empörung im Volk ausgelöst hatten, präsentierte die Staatsagentur Xinhua erste Ergebnisse der Ermittlungen. So seien „falsche Eigentumsverhältnisse“ bei dem Betreiber des Lagers festgestellt worden. Hinter Ruihai Logistik stünden der Sohn eines früheren Polizeichefs des Hafens, Dong Shexuan, sowie der Ex-Manager des staatlichen Chemiekonzerns Sinochem, Yu Xuewei. Über Strohmänner hätten sie Anteile gehalten.

Um die in China „Guanxi“ genannten „guten Beziehungen“ des Sprösslings des 2014 gestorbenen Polizeichefs auszunutzen, hätten sie 2012 die Firma gegründet. Diese Kontakte hätten ihnen geholfen, die nötigen Zertifikate von Feuerwehr und Behörden zu bekommen. Zwischen Oktober 2014 und Juni 2015 habe das Unternehmen trotz einer abgelaufenen Erlaubnis Chemikalien transportiert, berichtete Xinhua. Ein weiterer Verstoß gegen Sicherheitsvorschriften war die Lage des Gefahrgutlagers. Es war nur 560 Meter von Wohnblocks entfernt, obwohl 1000 Meter vorgeschrieben waren. Die Baugenehmigung sei erteilt worden, nachdem Feuerschutzdokumente „grünes Licht“ gegeben hätten, schilderte Zhu Liming vom Raumnutzungsamt laut Xinhua. Nach Angaben der Ruihai-Manager hatte ein erster Gutachter die Nähe bemängelt, sie hätten dann ein anderes Unternehmen beauftragt, das ihnen die nötigen Papiere erstellt hat.

Mit der Identifizierung von Verantwortlichen ergreife die Regierung wieder die Initiative und versuche, „sich als volksnah und handlungsfähig zu präsentieren“, erläuterte die Expertin Kristin Shi-Kupfer vom China-Institut Merics in Berlin. In der Umgebung der Hauptstadt wurde ein Produktionsverbot für Explosions- und Giftstoffe erlassen. Wegen der Leichtathletik-Weltmeisterschaft, die am Samstag in Peking beginnt, sowie vor der Militärparade zum 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs in Asien am 3. September soll ein weiteres Unglück jeglicher Art vermieden werden. (dpa)

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