Frankreich plant Gesetz gegen Magermodels: Adieu, Hungerhaken
Die Franzosen wollen zu dünne Models von den Laufstegen verbannen. Das Gesetz soll die Magersucht eindämmen. Agenturen drohen Geld- und Gefängnisstrafen.
Sind die Models auf den Laufstegen der berühmten Modedesigner zu dürr? Der Ansicht sind Politiker in Frankreich und wollen den Kampf gegen Magermodels aufnehmen. Schon seit Langem wurde darüber diskutiert, das Modediktat der extremen Schlankheit kritisiert, jetzt scheint es ernst zu werden. Im Rahmen eines Gesetzesentwurfs zum Thema Gesundheit und Magersucht, über das derzeit in der Nationalversammlung diskutiert wird, hat der sozialistische Abgeordnete Olivier Véran Ergänzungen vorgeschlagen. Diese zielen darauf ab, Magermodels in Zukunft zu verbieten.
Delikt der "Aufwertung der exzessiven Magerheit"
Sein Vorschlag stieß auf große Resonanz in der Politik. Gesundheitsministerin Marisol Touraine sprach sich im Fernsehen dafür aus, die Initiative in das Gesetz mitaufzunehmen "Models müssen sich gut ernähren und auf ihre Gesundheit achten. Das ist eine wichtige Botschaft für junge Mädchen und Frauen, die die Models als Schönheitsvorbilder sehen", betonte die Ministerin. Véran sieht in seinen Ergänzungen zum Gesundheitsgesetz vor, dass Modelagenturen keine Models akzeptieren dürfen, die unterernährt sind. Er will ein "Delikt der Aufwertung der exzessiven Magerheit" schaffen.
Véran, der auch als Neurologe am Universitätskrankenhaus von Grenoble arbeitet, schlägt vor, das Arbeitsrecht zu verändern und die Agenturen zu verpflichten, ein medizinisches Attest für jedes Model vorzulegen. Es soll beweisen, dass ihr Gewicht oberhalb eines bestimmten Grenzwerts des Body-Mass-Indexes (BMI) liegt, der Körpergewicht und Größe in Beziehung setzt. Der Grenzwert wurde bisher noch nicht festgelegt. Agenten, die sich daran nicht halten, sollen sechs Monate Gefängnis und eine Geldstrafe in Höhe von 75.000 Euro riskieren. Véran fordert außerdem eine zweite Ergänzung: Internetseiten, die Magersucht propagieren, sollen verboten werden. Es gibt Seiten, die erklären jungen Mädchen von zwölf oder 13 Jahren, dass ihre Oberschenkel mindestens 15 Zentimeter voneinander entfernt sein müssen, um schön zu sein, der sogenannte "Thigh Gap".
Die Modewelt schwört seit Langem auf dünne Modelle
Der Abgeordnete geht davon aus, dass in Frankreich zwischen 30.000 und 40.000 Menschen unter Magersucht leiden, zu 90 Prozent Jugendliche. Schuld daran seien auch die Models: „Der soziale Einfluss dieses Bildes, das die Mode vermittelt, bei dem Frauen krankhaft mager sein müssen, um schön zu sein und auf dem Laufsteg zu stehen, ist sehr stark.“ Die Modewelt schwört seit Langem auf dünne Modelle, die Designer sind der Ansicht, dass ihre Kreationen an ihnen besser aussehen.
Die Reaktionen der Branche sind verhalten
Und so sind die Reaktionen in der Branche auf den Vorstoß verhalten. "Alle Vorschriften, die helfen, damit nicht für Magersucht geworben wird, sind hilfreich", sagt Gérald Marie, der Ex-Europa-Direktor der Agentur Elite, der die Agentur Oui Management leitet. Aber man dürfe nicht alle über einen Kamm scheren. Es gebe Mädchen, die von Natur aus einfach sehr dünn seien. Die könne man den ganzen Tag essen lassen, sie blieben schlank. "Diesen Mädchen, die 16 Jahre alt sind und Größe 36 oder 38 haben, sollte man nicht sagen, du wirst bestraft, weil du zu dünn bist."
Das Gesetz hätte Auswirkungen auf die Agenturen weltweit
Sollte Frankreich das Gesetz tatsächlich einführen, hätte das Auswirkungen auf die Agenturen weltweit, da die Models international arbeiten. "Der Einfluss wäre enorm. Paris ist so bedeutend in der Modewelt, dass es die Spielregeln ändern könnte", sagt der Soziologe Fréderic Godart. Schon vor sieben Jahren war in Frankreich eine Charta verabschiedet worden, mit der sich die Modelagenturen zur Ablehnung von Magersucht bekannten.
In Frankreich gilt man mit einem BMI von unter 18,5 als mager
Genützt hat sie nicht viel, weil es keine verpflichtenden Maßnahmen gab. In Frankreich wird davon ausgegangen, dass man unter einem BMI von 18,5 mager ist. Die Weltgesundheitsorganisation spricht ab einem Wert von 18 von Unterernährung. Das sind Olivier Véran zufolge etwa 55 Kilogramm bei 1,75 Meter Körpergröße. Ein BMI unterhalb von 17 gilt als Unterernährung, ab 16, und diesen Wert weisen viele Models vor, grenzt er an den Zustand des Verhungerns.
Auch in Deutschland gibt es seit Jahren eine Debatte um Magermodels, ohne dass dies bisher zu Konsequenzen geführt hätte. Modeschöpfer Karl Lagerfeld hat die Diskussion über zu dünne Models wiederholt als absurd bezeichnet.