ARD-Trilogie "Eltern allein zu Haus": Zwischen Fußball und Yoga
Drei Geschichten erzählen, wie Familien den Auszug der Kinder bewältigen. Den Anfang machen die Schröders, gespielt von Harald Krassnitzer und Ann-Kathrin Kramer, die auch privat ein Paar sind.
„Eltern allein zu Haus“, drei Filme – und in jedem die gleiche Szene einer Abiturfeier. Was ist da los: Muss die ARD-Degeto sparen? Nein, das ist vielmehr Teil des Konzepts einer Reihe, die an drei Freitagen in Folge zur besten Sendezeit im Ersten ausgestrahlt wird. „Eltern allein zu Haus“ heißt das Projekt, besteht aus drei Filmen und zeigt Elternpaare, die das gleiche Schicksal verbindet: Die Kinder machen Abitur und verlassen das Nest. Was nun?
Alle drei Filme stammen aus der Feder von Nina Bohlmann. Jeder für sich ist abgeschlossen erzählt. Thematisch gehören sie aber zusammen und beschreiben aus unterschiedlichen Blickwinkeln, wie sich das Leben der Schröders, der Winters und der alleinerziehenden Frau Busche durch den Auszug der Kinder verändert. Die Perspektive wird jeweils bestimmt von den Titelgebern. In allen drei Filmen kommt es zu Begegnungen der Charaktere. Die Abiturfeier ist gemeinsamer Startpunkt, im Konzert, im Fitnesscenter und des Öfteren im Krankenhaus kreuzen sich die Wege der „Eltern allein zu Haus“. Inszeniert hat die drei Filme Josh Broecker („Der große Schwindel“).
Den Anfang machen „Die Schröders“, eine typische Mittelstandsfamilie. Drei Söhne, jetzt geht der Letzte, es zieht ihn ins Ausland. „Alles was wir bisher nicht gemacht haben, das machen wir jetzt“, gibt Frau Schröder das Motto aus und ihr Gatte lächelt gequält. Etwas gemeinsam zu machen, das haben sie und er schon lange nicht mehr geschafft. Und dabei bleibt es: Er hat seinen Job, den Fußball und den Männerabend; sie macht Yoga, einen Sprachkurs und musiziert. Der Versuch eines gemeinsamen Tanzkurses scheitert kläglich, und so folgen Zank, Chaos und Trennungsdrohungen; der Traum von der Reise nach Rio rückt in immer weitere Ferne.
Zwei Paare und eine Alleinerziehende
Sabine und Bernd Schröder werden gespielt von Ann-Kathrin Kramer und Harald Krassnitzer. Die sind auch im richtigen Leben ein Paar. Eine nette Besetzungsidee, die beiden harmonieren bestens. Walter Sittler und Susanna Simon sind „Die Winters“, die alleinerziehende „Frau Busche“ wird gespielt von Anna Schudt, ihr Ex-Mann, der eine neue Familie hat, von Oliver Mommsen.
Der Einfall ist reizvoll, ein Thema über mehrere Filme und damit multiperspektivisch zu erzählen. Mal als Miniserie angedacht, dann als 90-Minüter angeboten, hat man sich für eine Trilogie entschieden. „Schnell waren wir uns einig, dass das Thema genügend Futter für mehr als einen Film hergibt“, sagen Stefan Kruppa und Sascha Schwingel von der Degeto. So weit so gut.
Doch die Umsetzung ist über weite Strecken einfallslos, weil man zu sehr in traditionellen Rollenbildern verharrt, meist an der Oberfläche kratzt, Klischee an Klischee reiht, damit nicht spielt, sondern nur abbildet und so einzig auf den Wiedererkennungseffekt beim Zuschauer setzt. Wenn Herr Winter wegen akuter Gewichtszunahme im Fitnessstudio tollpatschig auf einem Ball hin und her rollt oder als HSV-Fan verkleidet auf der Tribüne grölt, seine Frau beim Stadion-Erstbesuch irritiert umherguckt und dann noch von einem gegnerischen Fan ein blaues Auge verpasst bekommt, dann ist das alles andere als gelungener Slapstick, sondern reichlich biedere Unterhaltung.
Eine eher naive Dramaturgie durchzieht alle drei Filme. Auch „Die Winters“ und „Frau Busche“ – so die Titel der weiteren Folgen – müssen altbekannte Situationen und Konflikte abarbeiten. Das gilt genauso für die flügge gewordenen Kinder, denen sind Themen wie Auslandsstudium, gleichgeschlechtliche Liebe und zu frühe Vaterfreuden zugeordnet. Und damit die psychologisch begleitende Einordnung der Eltern zwischen Trennung, Sichwiederfinden und neue Wege gehen auch noch abgehakt ist, gibt es für die Paare Therapiesitzungen bei Dr. Sybille Merz (prima besetzt mit der wunderbaren Christina Große).
„Eltern allein zu Haus“ ist eine komödiantische TV-Trilogie mit melodramatischen Zügen, die ihr Publikum wohl finden wird. Denn die Themen – Beziehungen auf dem Prüfstand und Neuausrichtung nach dem Auszug der Kinder – haben nun mal einen hohen Wiedererkennungswert. Und der spielerische Mehrwert durch die Verzahnung der Geschichten und der wechselnden Perspektiven könnte die Zuschauer über drei Filme an den Bildschirm binden. „Eltern allein zu Haus: Die Schröders“, Freitag, 20 Uhr 15, „Die Winters“, 31. März; „Frau Busche“, 7. April; alle ARD
Volker Bergmeister