Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks: "Zwangs-Diät jetzt!"
Bei AfD-Anhängern steht der öffentlich-rechtliche Rundfunk in der Kritik. Der Berliner AfD-Abgeordnete Ronald Gläser hat Ideen für Reformen. Ein Gastbeitrag.
Der Ruf der Unzufriedenen ist in den vergangenen Jahren immer lauter geworden. Wutbürger skandieren aufgebracht „Lügenpresse“. Tausende Beitragspflichtige wurden zu Totalverweigerern und nehmen im Extremfall sogar Haftstrafen in Kauf. Und doch machen die Medien, insbesondere die öffentlich-rechtlichen Sender, so weiter, als wäre nichts passiert.
Was treibt die Rundfunkkritiker? Sie sehen in den Sendern riesige Erziehungsanstalten. Das Weltbild der Öffentlich-Rechtlichen ist ziemlich einseitig. Trump und Ungarn sind immer schlecht, die Deutsche Umwelthilfe immer gut. Es zeigt sich an FCK-AfD-Stickern im Set vom „Polizeiruf 110“ oder Kameraleuten mit linksradikalen T-Shirts bei MDR und ZDF. Kann das so weitergehen?
Prominente aus dem öffentlich-rechtlichen Sendebetrieb fordern sogar noch mehr Schlagseite. Georg Restle („Monitor“) beklagt, dass manche Journalisten sich „nur als neutrale Beobachter“ sehen und fordert Haltung, eine linke natürlich. Das ist der Humus, auf dem Stories wie die von Claas Relotius blühen, die dann mit Preisen überschüttet werden. Faktenfrei, aber prämiert.
Die Einseitigkeit der öffentlich-rechtlichen Sender ist eine Tatsache. Es gibt genug Belege dafür, dass diese Vorwürfe mehr als nur Hirngespinste ressentimentgeladener Wutbürger sind. Gerade erst kam heraus, dass Robert Habeck Sahra Wagenknecht als Lieblingsgast in den Talkshows abgelöst hat. Kein Wunder, dass er auf Twitter verzichten kann. Kein Wunder, dass die ARD-Akzeptanzstudie 2018 ergeben hat: 90 Prozent der Grünwähler finden die ARD gut oder sehr gut, aber nur 54 Prozent der AfD-Wähler. Zählen letztere weniger? Der RBB-Moderator Jörg Thadeusz hat seinem WDR-Kollegen Restle ins Stammbuch geschrieben: „Wer belehren möchte, sollte es im Kollegium eines Gymnasiums probieren. Die Beschwörer von Haltung finden bestimmt eine NGO, bei der sie laut, moralisch und generell im Recht sein können.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.
Der RBB im Fokus
Unsere Insa-Umfrage im Oktober 2018 hat ergeben, dass AfD-Wähler in Berlin überdurchschnittlich viele regionale Zeitungen – darunter auch den Tagesspiegel – konsumieren und auch überdurchschnittlich oft den RBB schauen, um sich über die Landespolitik zu informieren. Ein überraschendes Ergebnis.
Aber: Wenn es um die Glaubwürdigkeit geht, dann ist das öffentlich-rechtliche Fernsehen bei AfD-Sympathisanten unten durch: 47 Prozent aller Berliner nennen es vertrauenswürdig, wenn es um die Arbeit der Fraktionen im Abgeordnetenhaus geht. Aber nur 25 Prozent der AfD-Wähler. Der Glaubwürdigkeitsschwund ist messbar. Und er ist erschreckend hoch.
RBB, ZDF und Co. können nicht so weitermachen. Sie müssen an Haupt und Gliedern erneuert werden. Die Sender beziehen ihre Legitimation aus dem Versprechen, objektiv zu berichten. Aber Anspruch und Wirklichkeit klaffen auseinander. Sie müssen zu den journalistischen Regeln, zur Objektivität zurückkehren.
Ein anderer Punkt ist das Geld: Der Rundfunk ist zu teuer. 17,50 Euro pro Wohnung ist nicht viel? Doch. Die Vergleiche mit kleineren Ländern hinken. Acht Milliarden Euro pro Jahr sind eine gewaltige Summe – sie entspricht dem Budget des für Subventionen zuständigen Bundeswirtschaftsministeriums.
Ein Großteil fließt inzwischen in die Renten. Schon jetzt kommen auf vier Mitarbeiter beim RBB etwa drei Pensionäre. Bald wird das Verhältnis 1:1 sein. Die Sender sind streng genommen Pensionsfonds mit angegliedertem Rundfunkbetrieb. Auch die Struktur der Gehälter gilt es zu überprüfen. Der Rechnungshof hat dies 2018 in einem Gutachten zu Recht eingefordert. Nicht nur der RBB, auch die anderen Öffentlich-Rechtlichen müssen abspecken. Es gibt viele überflüssige Sender, Funk zum Beispiel. Das ist kein Sender, sondern ein Konglomerat von aus Zwangsgebühren finanzierten Youtubern, die provokant, unter der Gürtellinie, manchmal auch witzig daherkommen - aber niemals etwas produzieren, was zur Grundversorgung gehört.
Vorbild Dänemark?
ARD, ZDF, die Dritten und etwa 70 Radiosender - von Fritz bis Nova - gehören auf den Prüfstand. Pro Bundesland könnten ein oder zwei Radiosender übrigbleiben, die Unterhaltung und Information liefern. Die Fernsehsender müssten allesamt gesundgeschrumpft werden. Die Abwicklung des ZDF ist eine Option. Als Vorbild könnte die Schrumpfkur von TV2 aus Dänemark dienen: Der Sender überlebte die Abschaffung der Zwangsgebühr und floriert sogar.
Die Reformvorschläge zum Rundfunksystem zusammengefasst: Ein schlanker, objektiver Rundfunk ist möglich. Unerlässlich ist die Rückkehr zur Objektivität der Berichterstattung im Sinne Hajo Friedrichs: „Ein guter Journalist macht sich mit keiner Sache gemein – nicht einmal mit einer guten.“
Die Sender müssen keine Angst vor einer Verdrängung durch das Internet haben. Sie müssen sich nicht zwanghaft immer weiter in Netz ausdehnen. Im Gegenteil: Sie können ihre Angebotspalette verringern und dabei an Qualität gewinnen.
Schließlich: Der Beitragszwang muss weg. Bis 2012 musste nur zahlen, wer auch einen Fernseher hatte. Diese Regelung könnte angepasst an unsere Zeit zum entscheidenden Korrektiv werden: Die Ausstrahlung wird verschlüsselt wie beim dänischen TV2. Nur wer den Beitrag entrichtet, kann auch zuschauen. Kündigen zu viele Zuschauer, müssen die Sender ihr Programm überdenken.
Ein solcher, reformierter Rundfunk wäre legitimiert durch das Verhalten der Zuschauer, die auf eine Kündigung verzichten. Er wird gebraucht, weil ein Korrespondentennetz für Privatsender unbezahlbar ist. Sie werden auch kaum Sendeplatz für Dokumentationen opfern oder wie Phoenix von wichtigen Pressekonferenzen berichten wollen.
Der einseitige, ständig expandierende Rundfunkkrake mit Dudelfunk, Rosamunde Pilcher, überbordender Sportberichterstattung und Funk-Gossenjournalismus ist von gestern. All diese Dinge können private Anbieter effizienter produzieren.
Der Autor des Gastbeitrags Ronald Gläser ist medienpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus.
Bisherige Beiträge in der Reihe "Mehr oder weniger? Die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks" : Patricia Schlesinger (15. April), Hans Demmel (25. April), Christoph Palmer (7. Mai), Rainer Robra (11. Mai), Norbert Schneider (21. Mai), Tabea Rößner (25. Mai), Thomas Bellut (10. Juni), Frauke Gerlach (22. Juni), Ulrich Wilhelm (5. August), Heike Raab (2. September), Hans-Günter Henneke (15. September), Christine Horz (20. Januar), Siegfried Schneider (20. Februar).