Tsokos-Thriller in Sat 1: Zersetzende Einsichten in die Rechtsmedizin
True Crime zur Prime Time: Sat 1 hat den Thriller "Zersetzt" des Charité-Rechtsmediziners Michael Tsokos verfilmt - "nach wahren Begebenheiten".
Michael Tsokos gehört zu den renommiertesten Rechtsmedizinern Deutschlands, in jedem Fall ist der Leiter des Instituts für Rechtsmedizin an der Charité der derzeit wohl bekannteste Vertreter dieses Berufs, wozu neben der Veröffentlichung mehrerer populärer Sachbücher und einer eigenen Sendung für Sat1 auch die zusammen mit Andreas Gößling geschriebenen Thriller um den fiktiven Gerichtsmediziner Dr. Fred Abel beigetragen haben. An diesem Dienstag nun zeigt der Privatsender Sat1 mit „Zersetzt – Ein Fall für Dr. Abel“ den ersten von drei geplanten True-Crime-Thrillern nach den Tsokos-Romanen.
Der wichtigste Hinweis wird ganz am Anfang gegeben: „Nach wahren Begebenheiten“, heißt es im Vorspann zum Film, denn Tsokos hat für seine Romane auf reale Fälle zurückgegriffen. Den Dreharbeiten unter Regisseur Hansjörg Thurn („Wanderhure“) stand er zudem nicht nur beratend zur Seite, er hat Dr.-Abel-Darsteller Tim Bergmann („Taunuskrimi“) auch bei Obduktionen zuschauen lassen.
Die nüchterne Verteilung der anliegenden Arbeiten im Kollegenkreis sowie das „Public Viewing“ von geöffneten Bauch- und Lungenräumen geben dem Film dabei einen gewissen morbiden Reiz. Die beiden Kalkleichen, die in der moldawischen Teilrepublik Transnistrien (gedreht wurde in Budapest) gefunden werden, reizen hingegen im Film einige Betrachter zum Erbrechen. Dr. Abel wird bei der Identifizierung um Amtshilfe gebeten.
Zwei Geschichten plus Politik und Kindheitstrauma
Doch das ist nur ein Teil der Geschichte auf Sat1. Der Rechtsmediziner ist zugleich das Bindeglied zu einem anderen Verbrechen, bei dem in Berlin eine Kellnerin (Svenja Jung) entführt, missbraucht und mit dem Tode bedroht wird – von einem sadistischem Arzt (Harald Schrott). Die Verquickung der Fälle, zusätzlich aufgeladen durch politische Verwicklungen und ein Kindheitstrauma, macht den gut besetzten Thriller – Dietmar Bär spielt einen sinistren Generalbundesanwalt – jedoch unnötig kompliziert und nimmt ihm so etwas an Spannung.
die Zersetzung von Leichen in Löschkalk, die den Ausschlag für Buch- und Filmtitel gaben, ist hingegen eine gängige Methode, um Spuren zu verwischen, da dadurch die Identifizierung erschwert, wenn nicht sogar unmöglich gemacht werden soll. „,Zersetzt‘ beschreibt genau das: die Proteinstruktur wird verändert und die DNA degradiert, zersetzte Leichen lassen sich eben schwieriger identifizieren“, weiß Tsokos aus seiner eigenen Praxis als Gerichtsmediziner.
Ohnehin ist die Realität mindestens so spannend wie die Fiktion, das zeigt die TV-Doku „Zersetzt – Die wahre Geschichte“ im Anschluss. Darin erzählt Tsokos vom realen Fall hinter der fiktiven Geschichte. Innerhalb von zwei Tagen musste der Spezialist von der Charité in Kasachstan die Leichen von zwei Männern identifizieren, die in mit Löschkalk gefüllten Fässern gefunden worden waren. Durch die Obduktion der Bankmanager gelangte Tsokos an Indizien, die den Verdacht erhärteten, dass der stellvertretende kasachische Geheimdienstchef Alijew hinter den Morden steckte.
„Zersetzt – Ein Fall für Dr. Abel“, Sat 1, Dienstag, 20 Uhr 15.