Nach Ärger mit Erbenfonds: ZDF lässt Pläne für Anne-Frank-Film fallen
Das ZDF und Oliver Berben geben ihre Pläne für einen gemeinsamen Anne-Frank-Film auf - die Sorge vor weiterem Ärger war wohl zu groß.
Die Zeit wurde immer knapper. In einem Jahr wollte das ZDF zum 70. Todestag von Anne Frank einen Spielfilm über die Geschichte des jüdischen Mädchens ausstrahlen, das im KZ Bergen-Belsen starb, Produzent sollte Oliver Berben mit seinen Firmen Constantin und Moovie sein. Doch nun streicht der Sender das Projekt. „Das ZDF, Constantin Film und Moovie haben beschlossen, dass die geplante Anne-Frank-Verfilmung unter den gegebenen Umständen für das Gedenkjahr 2015 nicht zu realisieren ist“, erklärte der Sender am Freitag in Mainz. Offenbar sollte weiterer Ärger mit dem Erbenfonds verhindert werden.
"Befremdlich, wie der Sender rumwurstelt"
Noch Anfang vergangener Woche hatte ZDF-Intendant Thomas Bellut angekündigt, dass dem Anne-Frank-Fonds die Drehbücher zu Einsicht vorgelegt werden sollen – passiert ist bisher: nichts. „Wir haben weder vom ZDF noch von Berben diesbezüglich Informationen erhalten“, sagte Yves Kugelmann am Donnerstag dem Tagesspiegel. Er ist Stiftungsratsmitglied des in Zürich ansässigen Fonds, der als weltweiter Universalerbe der Familie von Anne Franks Vater Otto Frank eingesetzt worden ist. „Für uns ist es befremdlich, dass ein öffentlich-rechtlicher Sender wie das ZDF die Öffentlichkeit desinformiert und mit dem Thema so rumwurstelt.“
Bellut versucht, die Wogen zu glätten
Der Fonds ist irritiert darüber, dass der Film von Berben und dem ZDF geplant wurde, ohne sich um die Rechte unter anderem an dem berühmten Tagebuch zu bemühen. Bellut hatte versucht, die Wogen zu glätten. „Der Intendant hat mehrfach mündlich bestätigt, dass das ZDF ohne Einwilligung des Fonds kein Projekt durchführt“, bestätigt Kugelmann. Doch noch hat der Fonds davon nichts bemerkt. „Wie jemand mit den Rechten umgeht und wie ernsthaft er sich verhält, ist nach dem inhaltlichen Antrag ein entscheidendes Kriterium bei der Prüfung von Anfragen“, erklärt Kugelmann. Weniger entscheidend für die karitative Stiftung sei dagegen, ob ein Film eine gute Quote erreichen könne. „Maßgeblich ist für uns, ob mit einem Film die richtige Zielgruppe erreicht und ein edukativer Auftrag erfüllt wird.“
Berben wollte sich am Donnerstag nicht zu den Vorwürfen und dem Projekt äußern. Jetzt steht fest, dass das ZDF ohne ihn weitermacht. Es gebe alternative Projekte zum Jahrestag, teilte der Sender am Freitag mit. Details sollen in der kommenden Woche bekannt werden. Der Fonds dürfte mit dieser Entscheidung zufrieden sein.
„Sicher hofften wir, dass das ZDF etwas macht zu diesem wichtigen Jahrestag. Deshalb wurde es auch als erster deutscher Sender angefragt bei der Mitwirkung des geplanten Spielfilms“, sagte Kugelmann am Donnerstag. „Nach Filmen wie ,Unsere Väter, unsere Mütter‘ und Dokus, die quasi von Hitlers Frauen bis Hitlers Hund reichen, würde dem Sender die ganzheitliche Auseinandersetzung mit dem Thema Schoah zum 70. Jahrestag der Befreiung sicher gut stehen.“
Mit den Produktionsfirmen AVE und Zeitsprung plant der Fonds für 2015 einen internationalen Kinofilm über Anne Frank. Hier geht es offensichtlich gut voran. Derzeit wird die Hauptdarstellerin gecastet. Sonja Álvarez