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Eine skandalöse Liebesgeschichte: Chuck Blazer, ehemaliges Mitglied des Fifa-Exekutivkomitees, Joseph „Sepp“ Blatter, Ex-Fifa-Präsident, und Franz Beckenbauer, Ex-Fußballnationalspieler und Ehrenpräsident des FC Bayern München (v. l.).
© AFP Getty Images

Arte-Doku über die "Fifa-Familie": Wie die WM nach Katar kam

Die Arte-Dokumentation „Die Fifa-Familie“ schildert Korruption im Weltfußballverband.

Sepp Blatter trägt einen Dreitagebart und wirkt beleidigt. „Er war eine Art Geheimagent“, sagt der ehemalige Fifa-Boss über Chuck Blazer. Was Blazer getan habe, sei eine Missachtung des Weltfußballverbands, aber auch Olympias und im Endeffekt Ihrer Majestät Queen Elizabeth. Das, worauf sich Blatter bezieht, trug sich während der Olympischen Sommerspiele in London 2012 zu. Blazer, Mitglied der Fifa-Exekutive, hatte Freunde zu Treffen im Hotel eingeladen, auch Blatter.

Ausgestattet war der Generalsekretär des nord- und mittelamerikanischen Verbands Concacaf mit einem vom FBI präparierten Schlüsselanhänger. Ein eingebautes Mikrofon zeichnete die Gespräche in fröhlicher Runde auf. Was die US-Bundespolizei dabei über Korruption und andere Machenschaften erfuhr, wüsste man ja gerne. Aber noch immer wird gegen eine Vielzahl von Repräsentanten des Weltfußballs in mehreren Ländern ermittelt.

Blatter hat dem dänischen Fernsehen eines seiner eher seltenen Interviews gegeben – zu sehen in der Dokumentation „Die Fifa-Familie“ von 2017, die nun bei Arte in deutscher Fassung ausgestrahlt wird. Anzeichen von Einsicht in eigene Fehler sind nicht zu erkennen, eher Anzeichen der üblichen Wagenburg-Mentalität.

Was die umstrittene Vergabe der WM 2022 nach Katar angeht, hat Blatter eine klare Position: „Die Wahl hatte nichts mit Stimmenkauf zu tun, es war die politische Einmischung.“ Dass Frankreichs Staatspräsident Nicholas Sarkozy seinem Freund Michel Platini, damals noch Chef des europäischen Verbands Uefa, die Wahl Katars nahegelegt haben soll, ist allerdings nichts Neues. Und dass direkter Stimmenkauf ebenfalls im Spiel war, bezeugt noch einmal Phaedra Almajid, die damalige Medienchefin der WM-Bewerbung Katars.

„Ich glaube nicht, dass sie irgendetwas anders gemacht haben als andere.“

Almajid schildert, wie drei afrikanische Fifa-Mitglieder in einem Hotel in Luanda, Angola, mit jeweils 1,5 Millionen Dollar bestochen wurden – von Katars Fifa-Mitglied Mohamed bin Hammam, der auch hierzulande ein alter Bekannter ist. Im Jahr 2002, zwei Jahre nach der Entscheidung über die WM-Vergabe 2006, hatte bin Hammam auf dubiosen Wegen 6,7 Millionen Euro aus Deutschland erhalten. Entsprechend kontert Almajid die Zweifel an der Korrektheit der Katar-Bewerbung: „Ich glaube nicht, dass sie irgendetwas anders gemacht haben als andere.“

Ein paar Mal huscht Franz Beckenbauer durchs Bild, aber um Deutschland und das Sommermärchen geht es in dem dänischen Film nicht. Auch nicht um die Vergabe des WM-Turniers in diesem Jahr nach Russland.

Autor Niels Borchert Holm bietet mithilfe einer Randfigur einen Insiderblick in die „Fifa-Familie“: Mary Lynn Blank war die Lebensgefährtin von Chuck Blazer, der 2017 gestorben ist, und fotografierte sich und ihren Mann gerne mit den vielen Prominenten, auf die einflussreiche Menschen im Weltfußball halt so treffen. Blazer, ein schwergewichtiger Mann mit grauem Rauschebart, war eine illustre Persönlichkeit mit zahlreichen Affären und einer Nase für Geschäfte. Er residierte im New Yorker Trump-Tower und ging gerne mit Papagei Max im Central Park spazieren. Mary Lynn Blank schildert das Auf und Ab ihrer Liebesbeziehung und ihr Fifa-Leben in Saus und Braus – von den vielen Empfängen bis zu den regelmäßigen Barzahlungen, die man als Funktionär von der Fifa bei Aufenthalten in Zürich diskret erhielt. Blazer ging den US-Ermittlern ins Netz, weil er regelmäßig zehn Prozent von den Concacaf-Geschäften abzweigte und an der Steuer vorbeischleuste. Genug ist offenbar nie genug.

„Die Fifa-Familie“: Arte, Dienstag, 21 Uhr 45 Uhr

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