Micropayment als Option für Verlage: Wer den Cent ehrt
Zehn Cent für einen Text statt zwei Euro für eine Zeitung: Micropayment macht's möglich. Diverse Startups versuchen Verlage für dieses Konzept zu gewinnen. DuMont Schauberg testet es schon.
98 Euro hat Richard Gutjahr im Frühjahr dieses Jahres mit zwei Beiträgen seinem Blog „gutjahr.biz“ verdient. Nicht mithilfe von Werbung. Sondern mit einem System namens Laterpay, das genau das umsetzt, was sein Name verspricht: Erst lesen, hören oder sehen. Dann zahlen.
Laterpay ist ein Tool, das sogenanntes Micropayment ermöglicht. Per Micropayment – übersetzt: Bezahlen auf kleinstmöglicher Basis – können einzelne Texte, Grafiken oder Videos abgerechnet werden. Bei Laterpay ist der Mindestpreis für einen konsumierten Beitrag fünf Cent. Inhalte teuer zu verkaufen, ist bei Micropayment nicht üblich. Es gilt das Prinzip: Kleinvieh macht auch Mist. In der Regel zahlen Nutzer für einen Beitrag wenige Cents bis hin zu einigen Euro, je nach Qualität und Aufwand des Inhalts. Gutjahr hat mit dieser Strategie besagte 98 Euro verdient, für Blog-Posts zu Themen wie „Besuch des NSA Daten Centers“ oder „Twitter-Tipps“. Nicht genug, um reich zu werden. Aber ein Anfang. Die Einnahmen überraschen noch mehr, wenn man weiß, dass man bei Laterpay erst ab dem Erreichen einer Fünf-Euro-Schranke bezahlen muss. Wenn man für den Wert von fünf Euro Medieninhalte konsumiert hat, wird man aufgefordert, zu zahlen.
Micropayment funktioniert wie ITunes. Nur für Journalismus anstatt für Musik
Micropayment entpricht dem Gedanken, nicht auf gut Glück mehrere Euro für eine Zeitung oder Zeitschrift auszugeben, aus der man letztlich nur einen Text wirklich gut findet. Es funktioniert ähnlich wie iTunes, nur eben für journalistische Inhalte anstelle von Musik. Anstatt alle Inhalte hinter einer Paywall zu bunkern, lässt der Anbieter den Nutzer entscheiden, ob er für einen bestimmten Beitrag zahlen will oder nicht. Stimmt die Qualität, ist fast jeder dazu bereit: Nur sehr wenige drücken sich bei Laterpay nach dem Erreichen der Fünf-Euro-Hürde ums Zahlen.
Momentan nutzen vor allem Blogger Laterpay als Abrechnungssystem: Richard Gutjahr hat es eingebaut, Karsten Lohmeyer von Lousypennies auch. Doch auch die „Hamburger Morgenpost“ ist auf das System aufmerksam geworden. Von DuMont Schauberg, dem Verlagshaus der „Mopo“ , heißt es, „Laterpay sei ein innovativer Kooperationspartner“. Bald soll die Testphase starten, derzeit geht es noch um konzeptionelle Fragen. Der aktuelle Nachrichtenfluss wird zwar nicht via Laterpay abgerechnet. Stattdessen soll das System erst einmal für Servicestücke getestet werden. Sollte sich Laterpay in Hamburg bewähren, ist es aber wohl nur eine Frage der Zeit, bis auch andere DuMont-Schauberg-Puplikationen damit arbeiten werden.
In Holland ziehen alle relevanten Verlagshäuser an einem Strang
Das holländische Start-up Blendle verfolgt ein ähnliches Konzept. Das Unternehmen ist ein digitaler Kiosk, in dem Nutzer für einzelne, ursprünglich für unterschiedliche Printprodukte produzierte Artikel zahlen können. Zehn bis achtzig Cent werden pro Text fällig, bei einem Startguthaben von 2,50 Euro. In Holland hat der Dienst bereits mehr als 100 000 angemeldete Nutzer, über ein Fünftel hat für mehr als das Startguthaben konsumiert. Anders als in Deutschland, wo jeder Verlag sein eigenes Bezahlsüppchen kocht, waren in Holland aber von Anfang an alle relevanten Verleger mit an Bord. Nicht einmal die Geld-zurück-Garantie, die greift, wenn ein Nutzer einen Text nicht mochte, schreckte sie ab. Und tatsächlich: In der Praxis macht kaum jemand davon Gebrauch.
Die Blendle-Macher können sich vorstellen, auch die deutschen Verlage von ihrem Micropayment-System zu überzeugen. Aber sie müssen schnell sein. Aus Luxemburg kommt schon das nächste vielversprechende Start-up. Es heißt Wondermags und hat gegenüber Blendle einen entscheidenden Vorteil: Die deutschen Verlage müssten nicht alle an einem Strang ziehen, um es zu nutzen. Mit Wondermags kann jeder mittels Web-Editor seine Inhalte als E-Magazin präsentieren. Das System geht bald in die Beta-Phase, in der es vor allem freie Journalisten testen sollen. Zunächst richtet sich Wondermags also an alle, die nicht jede Geschichte professionell veröffentlichen können.
Das Startup Wondermags richtet sich an freie Journalisten und an Verlage
Langfristig kann sich aber auch Wondermags eine Zusammenarbeit mit Verlagen vorstellen. Neben der Gratisversion für Einzelpersonen soll es auch kostenpflichtige Abomodelle geben, die sich an Verlagshäuser richten. Besonders interessant könnten für Verlage zwei Dinge sein: Sie selbst können den Verkaufspreis eines Wondermags festsetzen – und davon rund 60 Prozent behalten. Zudem ermöglicht Wondermags als erstes E-Magazin ganzseitige Werbeanzeigen. In einem Wondermag könnte Werbung also sehr edel präsentiert werden – ohne störende, blinkende Pop-ups und Banner. Weil für Wondermags kaum Produktionskosten anfallen, könnten die Verlage sie zudem sehr günstig anbieten: zum Micropayment-Preis.
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