TV-Talk "Anne Will" zu Regierungsbildung: Wenn die GroKo noch scheitert, dann an der CSU
Nach einer strapaziösen Sondierungs- und Parteitagswoche ging es bei "Anne Will" um die Frage: Wie nah ist Deutschland der nächsten großen Koalition? Einig war man sich nur beim Thema CSU.
Was muss man nun mehr bewundern? Dass Martin Schulz, dessen Schlafpensum in den vergangenen Wochen vermutlich auf geradezu sträfliche Weise nicht erfüllt worden ist, am Sonntagabend nach diesem Parteitag dann doch noch bei Anne Will tapfer das Ergebnis von Bonn schöner redete, als es war? Oder Peter Altmaier, den CDU-Kanzleramtsminister, der so argumentierte und Schulz beisprang, als sei die Koalition eben doch schon beschlossen und abgehandelt? Beide sind Profis, der eine, Schulz, musste so tun, als könne man nun doch noch vieles anders aushandeln, als es im Sondierungspapier steht.
Der andere, Altmaier, musste genau dies in Zweifel ziehen, und vermutlich hat er eben mit seiner Ansicht (Wir werden das Papier nicht aufschnüren) eher recht als Schulz, der tapfer verkündete: Sondierung ist nicht final. Beide wissen, dass es ohne Zugeständnisse der Union keine Koalition geben wird.
Das eigentliche Problem der CSU ist hier, dass im Herbst 2018 in Bayern gewählt wird [...] Die CSU wird dies ganz sicher bei den Koalitionsverhandlungen im Hinterkopf behalten.
schreibt NutzerIn MaxMustermann1
Aber auch Martin Schulz muss bewusst sein, dass beim Thema Familiennachzug nicht nur die hartleibige CSU alle Aufweichungen des Sondierungsbeschlusses verhindern wird, sondern die Kommunen, gleich, ob in SPD- oder CDU-regierten Ländern, weil sie nicht wissen, wo sie die Menschen unterbringen sollen.
Gute Sendung zum Ende eines langen Politiktages
Dass Christian Lindner in der Debatte kaum eine Rolle spielte, lag nicht nur an Anne Will, die ihn ziemlich links liegen ließ, sondern an den Fakten - die FDP hatte sich durch den Jamaika-Ausstieg ihres Vorsitzenden schließlich selbst aus dem Spiel genommen. Eine Bereicherung der Sendung war die Spiegel-Redakteurin Christiane Hoffmann, die wohl den meisten politischen Beobachtern des Parteitages in Bonn aus der Seele sprach, als sie ihre Verblüffung über die massive Nein-Stimmung der Delegierten artikulierte. Warum kam die SPD überhaupt so in den Schlamassel?
Da fanden sich Hoffmann und Altmaier argumentativ zusammen: Die Union war in der Sondierung cleverer als die SPD und die Sozialdemokraten hatten zuvor die letzte große Koalition unnötig schlecht geredet. Woran kann die neue GroKo jetzt noch scheitern? Auch da waren sich die, die sich äußern wollten, irgendwo einig: An der CSU, die hat ihre ganz eigenen Profilierungsprobleme. Sonst noch? Gute Sendung zum Ende eines langen Politiktages. Und dies, zum Thema Digitalisierungsrückstand in Deutschland: Kann jemand der SPD erklären, wie man im Jahre 2018 Stimmen schnell und verlässlich auszählt?