Gehört ein sogenannter GEZ-Rebell ins Gefängnis?: Was der WDR macht, macht er nicht in meinem Namen
Georg Thiel sitzt in Haft, weil er sein Vermögen nicht offenlegen will. Er schuldet dem WDR Rundfunkbeiträge. Intendant Buhrow kennt Fall nur aus der Presse.
Ich bin, ehrlich gesagt, hin- und hergerissen. Von der Frage, ob mein Gerechtigkeitsgefühl dadurch befriedigt wird, dass Georg Thiel in der Justizvollzugsanstalt Münster inhaftiert ist. Seit Ende Februar, seit mehr als 100 Tagen sitzt der EDV-Zeichner in acht Quadratmetern. Er hat sich geweigert, seinen Rundfunkbeitrag zu bezahlen, der Mann aus Borken schuldet dem Westdeutschen Rundfunk 465 Euro und 50 Cent. Der 53-Jährige hat mit seiner Zahlungsverweigerung eine Ordnungswidrigkeit begangen und weitere Eskalation nicht gescheut. Ein Gericht hat eine sogenannte Erzwingungshaft angeordnet, er soll sein Vermögen offenlegen, damit die Vollstreckungsbehörde Pfändungsmöglichkeiten abklären kann.
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Thiel sagte der "Bild", „meine Haft ist ein Protest gegen die schändliche GEZ-Gebühr“. Der WDR sagte, sich der Beitragspflicht zu entziehen und nicht zu bezahlen, sei „insbesondere all jenen gegenüber nicht gerecht, die den Rundfunkbeitrag ordnungsgemäß entrichten“. Der WDR könnte die Haft beenden, Thiel aber auch, wenn er eben seine Vermögensverhältnisse offenbaren würde.
Zahlen für Leistung
Ich zahle den Rundfunkbeitrag, damit ARD, ZDF und Deutschlandradio das leisten können, was sie leisten. Ärgere ich mich bisweilen? Aber natürlich, mein tiefergehender Ärger setzt allerdings bei der Erhebungsmethode an: Ich bin sehr dafür, dass ich für eine von mir genutzte Leistung bezahle wie für den Verbrauch Strom oder Wasser, mich aber qua Existenz zum Rundfunkbeitragszahler zu verpflichten, dessen Zahlungspflicht erst mit dem Tod endet - das geht mir zu weit. Aber ich zahle die 17,50 Euro, ich würde freiwillig auch 18,35 Euro bezahlen, weil ich den Mehrwert der öffentlich-rechtlichen Anstalten für diese Gesellschaft sehe und schätze.
GEZ-Rebell?
Ich bin nicht auf der Seite von Georg Thiel, Anfeuerungsrufe für den "GEZ-Rebellen" oder der Hashtag "FreeGeorgThiel" gehen mir viel zu weit. Trotzdem muss eine öffentlich-rechtliche Anstalt mehr zeigen als Härte und zunehmende Panik. Kaum versuchen Georg-Thiel-Unterstützer bei Livesendungen des WDR für den Einsitzenden die Stimme zu erheben, reagiert der Sender mit Entzug. Die AfD in NRW macht Politik daraus, was klein begann, ist nicht nur medial bereits ein großes Thema. Und es wird größer und größer, der Westdeutsche Rundfunk steht da wie ein Goliath, der einen David kleinkriegen will. Und wie ein Trotzkopf, der aus Oma-Gate und weiteren selbstverschuldeten Unglücken nichts gelernt hat. Der WDR bleibt der Abstand zwischen zwei Fettnäpfen.
Schwarzseher gehören nicht ins Gefängnis
Muss Georg Thiel für mich einsitzen, damit ich mich als Rundfunkbeitragszahler salviert fühle? Muss er nicht. Ein Schwarzseher gehört so wenig in eine Zelle wie ein Schwarzfahrer. Kostet alles weitaus mehr Geld als die Summe, die in Rede steht. Was also? Die Zahlungspflicht besteht für Thiel wie für mich. Trotzdem möchte ich nicht, dass der WDR quasi in meinem Namen Georg Thiel einbuchtet. Ich habe keinen Ärger mit Georg Thiel, er ärgert mich nur. Der WDR hat in dieser Causa mehr zu verlieren, als Georg Thiel ihm schuldet. Mich zum Beispiel, weil ich in einen Streit hineingezogen werde, den ich nicht begonnen noch zu verantworten habe. Eine öffentlich-rechtliche Anstalt muss bessere, vor allem klügere Wege finden, an den Rundfunkbeitrag zu kommen. Ich tauge nicht zum Gefängniswärter.
WDR-Intendant kennt Fall nur aus der Presse
Wie gut, dass es die Presse gibt. Sonst wüsste WDR-Intendant Tom Buhrow nicht, was im Gebühreneinzugsgebiet der größten ARD-Anstalt passiert. Buhrow also weiß aus der „Presse“, wie er beim Pressegespräch (!) am Montag sagte, dass Georg Thiel in der JVA Münster in „Erzwingungshaft“ sitzt, weil er dem Westdeutschen Rundfunk Rundfunkbeiträge nicht bezahlt hat und sich im laufenden Vollstreckungsverfahren weigert, seine Vermögensverhältnisse offenzulegen, die Voraussetzung für eine potenzielle Pfändung seiner Schulden wären. Tom Buhrow sagte auf Nachfragen, dass er zu „Einzelfällen nichts sagen kann und darf“. Er verwies verklausuliert allerdings darauf, dass Thiel die Haftanstalt sofort verlassen könnte, wenn er seine Vermögensverhältnisse sichtbar machen würde. Ist nichts zu holen, so könnte es zur Freistellung Georg Thiels von den Beiträgen kommen.