Erhöhung der Rundfunkgebühren drohen: Pandemie-Folgen für ARD und ZDF mit Verzögerung
Trotz Corona: Die Einnahmen aus dem Rundfunkbeitrag blieben 2020 mit 8,1 Milliarden Euro stabil. Wann steigt diese Abgabe?
Das ist ein Satz, den die Große Koalition in Berlin und die 16 Landesfürsten sicher gerne hören (oder lesen) werden: „Die Stabilisierungsmaßnahmen der Regierung funktionieren so gut, dass die Pandemie in unserem System noch nicht angekommen ist“
Dieses „System“ nennt sich etwas umständlich „ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice“, und Bernd Roßkopf, der in der Kölner Zentrale den Finanzbereich leitet, konnte am Dienstag die – jedenfalls für die öffentlich-rechtlichen Sender – frohe Botschaft verkünden, dass die Einnahmen im Jahr 2020 trotz Corona mit 8,111 Milliarden Euro gegenüber 2019 (8,068) stabil geblieben sind.
Die Rundfunkanstalten der ARD erhielten insgesamt rund 5,7 Milliarden. Den größten Batzen kassiert der Westdeutsche Rundfunk mit 1,19 Milliarden, den kleinsten Radio Bremen mit 44,45 Millionen. Der Rundfunk Berlin-Brandenburg durfte sich über 417,68 Millionen Euro Beitrags-Einnahmen freuen.
Auf das ZDF entfielen zwei Milliarden und auf das Deutschlandradio 232 Millionen Euro. Die Landesmedienanstalten, die privaten Rundfunk und neuerdings auch Internet-Plattformen zu beaufsichtigen haben, wurden ebenfalls mit 152 Millionen Euro aus dem Topf der Beitrags-Einnahmen finanziert.
Wie kann es sein, dass Corona derart spurlos am öffentlich-rechtlichen System vorbeigeht? Roßkopf nannte zum einen Maßnahmen wie das Kurzarbeitergeld, die dazu beigetragen haben, dass bisher eine höhere Massenarbeitslosigkeit verhindert wurde. Zum anderen werden die Folgen der Pandemie auf der Einnahmeseite von ARD, ZDF und Deutschlandradio erst mit Verzögerung zu spüren sein.
Denn wer in der Krise arbeitslos geworden ist, könnte sich von der Zahlung des Rundfunkbeitrags befreien lassen – aber erst, wenn er Arbeitslosengeld II kassiert.
Wer seinen Job 2020 verloren hat, gehört noch zu den ALG-I-Empfängern. Ende des Jahres 2020 waren sogar mit 2,6 Millionen rund 61000 Personen weniger aus sozialen Gründen von der Beitragszahlung befreit als Ende 2019. Für 2021 rechnet der Beitragsservice allerdings mit steigenden Zahlen.
2,12 Millionen von 46 Millionen Beitragskonten in einer Mahnstufe
Etwas deutlichere Auswirkungen hatte Corona bereits bei den Gewerbebetrieben. Betriebsstätten können vorab eine befristete Beitragsfreistellung beantragen.
Dies ist eigentlich für Saisongeschäfte wie Eisdielen gedacht, die im Winter ihren Laden für mehrere Monate dicht machen. Nun konnten sich 1412 Unternehmen auch rückwirkend von der Zahlung befreien lassen, wenn sie insgesamt drei Monate von einer „behördlich angeordneten Schließung“ betroffen waren.
Auch hier gilt allerdings: Das dicke Ende könnte noch kommen. Nüchtern heißt es im Jahresbericht, der Beitragsservice gehe davon aus, dass 2021 mehr Unternehmen, Institutionen oder Einrichtungen des Gemeinwohls von der rückwirkenden Freistellungsmöglichkeit Gebrauch machen werden.
Insgesamt lässt sich im Jahresbericht jedoch kein Hinweis finden, dass es bereits 2020 etwa eine Welle von Insolvenzen gegeben habe. Der Beitragsservice meldet zum Ende des vergangenen Jahres 4,04 Millionen angemeldete Betriebsstätten, rund 80000 mehr als Ende 2019.
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Und dann ist da noch die offene Frage, wie hoch der Rundfunkbeitrag eigentlich ausfallen wird. Die zum 1. Januar 2021 geplante Erhöhung von monatlich 17,50 Euro auf 18,36 Euro war am Widerstand von CDU und AfD in Sachsen-Anhalt gescheitert.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe steht noch aus. Bernd Roßkopf vom Beitragsservice, wo von den rund 950 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern während der Pandemie mehr als 80 Prozent im Homeoffice arbeiten, bemerkte dazu lapidar: „Wir bereiten uns auf alle Situationen vor.“
Die hitzige Debatte um den Rundfunkbeitrag und die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Systems, so scheint es, kommt beim Kölner Beitragsservice nur bedingt an. Ende 2020 befanden sich 2,12 Millionen von knapp 46 Millionen Beitragskonten in einer Mahnstufe. Dies sei „ein historischer Tiefstand seit vielen Jahren“, kommentierte Roßkopf. Vier Jahre zuvor waren es noch knapp drei Millionen.
Die Zahl der Vollstreckungsersuchen bleibt seit einiger Zeit mit jährlich rund 1,2 Millionen auf ähnlichem Niveau. „Wie groß die Zahl der Verweigerer ist, entzieht sich unserer Kenntnis“, erklärte Geschäftsführer Michael Krüßel.
Die Menschen würden dem Beitragsservice nicht mitteilen, warum sie nicht zahlen. Außerdem sei es auch aus Gründen des Datenschutzes nicht gestattet, darüber eine Statistik zu führen.