EU-Debatte zum Leistungsschutzrecht: Warum Google & Co. für Inhalte zahlen sollten
Während Netzriesen wie Google und Facebook, jährlich mehr Milliarden generieren, werden Zeitungen und Zeitschriften zunehmend ärmer.
Das Internet ist eine gigantische Schatztruhe. Es bietet ganze Bibliotheken und Archive und eine weltweite Arena der Debatten und des Forschens. Millionen Menschen fischen im Ozean der Daten - und füllen ihn mit Daten. Im Bereich der Nachrichten, Reportagen und Kommentare sind die klassischen Medien die kostbarsten Datenlieferanten. Ihre Beiträge sind über Suchportale abrufbar – und meist noch gratis.
Das soll, das muss sich ändern, denn dieser Zustand ruiniert die freie Presse. Heute stimmt das Europaparlament in Straßburg über neue Richtlinien zum Copyright ab, über das Leistungsschutzrecht: Wer kommerziell Inhalte verlinkt, der soll Lizenzgebühren entrichten. Das hat nichts mit Zensur zu tun, wie panische Piraten an der Seite neoliberaler Streiter behaupten, sondern mit Recht und Gerechtigkeit. „Infrastruktur frisst Content – jetzt schlägt Content zurück, und daraus kann für beide etwas Gutes werden“, fasst der Netzexperte Volker Rieck zusammen.
Ja, Suchmaschinen und Medien nutzen einander – jedoch in massiver Asymmetrie. Während Marktmonopolisten wie Google und Facebook, jährlich mehr Milliarden generieren, werden Zeitungen und Zeitschriften zunehmend ärmer oder verenden. Wer kauft am Kiosk, was es am Bildschirm umsonst gibt?
Der Cyberkapitalismus hat veritable Kängurusätze hinter sich, während die traditionelle Medienwelt gerade mal ein paar Katzensprünge gemacht hat, den Mouseclicks hinterher. Die Netzriesen sind derart rapide global gewachsen, dass alle, auch Rechtssysteme, politische Eliten und Redaktionen, von der Glasfaserschnelligkeit überrannt wurden, mit der sich im unregulierten Raum Kartelle bildeten. Deshalb fordert auch der Europäische Verlegerrat, dem Konzerne wie Burda, Springer und die Holtzbrinck Publishing Group angehören, den besseren Schutz für die Produkte geistiger Leistung und setzt auf das positive Votum der EU-Parlamentarier.
Sollen seriös recherchierte News gegen Fake News eine Chance haben, muss es grundlegende Reformen geben. Denkbar sind durchaus parallel wirksame Wege: Google & Co zahlen an Medien; Zeitungen etablieren stärkere Bezahlschranken; eine Art GEMA, wie es sie für Musik gibt, errichtet eine gemeinsame Paywall der Printmedien und sorgt je nach Nutzung für anteilige Aufteilung der Erlöse; öffentlich rechtliche Gebühren stützen Printmedien und deren Onlineportale, so wie das bei Radio und Fernsehen geschieht. Nicht zuletzt werden Gesetzgeber die Dekartellisierung der Internetmonopolisten ins Auge fassen. Denn was, wenn deren Plattformen in die Hände totalitärer Oligarchen gelangen? Mehr Licht muss in den digitalen Grauraum fallen. Votiert das EU-Parlament am Mittwoch positiv, wäre auch das ein Lichtstrahl.