Lena-Odenthal-"Tatort" aus Ludwigshafen: Warum diese blutigen Bilder?
Eine angeknackste Lena Odenthal sucht im „Tatort“ einen schwer gestörten Pferderipper und Mörder. Bei diesem Krimi passt so manches nicht zueinander.
Es ist wieder "Tatort"-Zeit, an diesem Sonntag aus Ludwigshafen. Die Stadt ist geprägt durch die chemische Industrie, doch das Umland hat seine schönen Seiten. Hier finden Erholungsuchende Orte der Entspannung, und ausgebrannte „Tatort“-Kommissarinnen wie Lena Odenthal (UIrike Folkerts) können hier eine neue Work-Life-Balance suchen. Die übereifrige Ermittlerin hatte zum 25-jährigen Dienstjubiläum statt einer Ehrenmedaille die Diagnose Burn-out erhalten und sich darum in eine Therapie begeben. Jetzt arbeitet sie daran, Beruf und Privatleben besser zu trennen. Wobei man fragen kann, ob es bei Lena Odenthal überhaupt ein Leben neben der Arbeit gibt, zumal sie auch noch mit ihrem Kollegen Mario Kopper (Andreas Hoppe) die Wohnung teilt. Die Luftveränderung hat ihr jedenfalls gutgetan: Mit Leichtigkeit joggt sie die Berge hoch, die Morgenkälte macht ihr nichts aus. „Ich bin eine Kämpfernatur, im Beruf und im Privaten.“ Nie die Kontrolle verlieren, immer alles im Griff behalten, das ist ihr Mantra. Überverantwortlichkeit nennen das die Therapeuten. Doch dieses Leiden ist bei der „Tatort“-Kommissarin aus Ludwigshafen unheilbar, wie die Folge „Die Sonne stirbt wie ein Tier“ zeigt.
Das Tier, das in diesem „Tatort“ stirbt, ist ein Pferd. Seit längerem werden im Ludwigshafener Umland Tiere geschändet, dieses Mal gibt es zudem einen Mord an einem Pferdepfleger. Das Pferd ist so schwer verletzt, dass kein Tierarzt es mehr retten kann. Lena Odenthal lässt sich von einem der Landpolizisten darum die Dienstwaffe geben und erlöst das Tier mit einem Gnadenschuss von seinen Qualen. Daran wäre nichts auszusetzen, wenn die Kommissarin wieder im Dienst statt in der Rehabilitation wäre. So aber handelt es sich bei dieser Szene nur um eine von vielen in diesem „Tatort“ – das Buch stammt von Harald Göckeritz, Regie führte wie bei „Blackout“ Patrick Winczewski –, die einfach nicht zueinander passen wollen. Ohnehin stellt sich die Frage, was bei einem TV-Krimi herauskommen soll, wenn eine psychisch angeknackste Kommissarin einen schwer gestörten Pferderipper und Mörder sucht? Und ist es wirklich nötig, die Verletzungen des Pferdes in so blutigen Bildern zu zeigen?
Der "Tatort" aus Ludwigshafen ist in die Jahre gekommen
Ein erster Verdächtiger ist jedenfalls schnell gefunden. Der Systemtechniker Gerd Holler (Ben Münchow) war an einem der früheren Tatorte des Pferderippers gesehen worden, doch für die Zeit des Mordes an dem Pferdepfleger hat der seelisch labile Mann ein belastbares Alibi. „Ich bin kein Psycho“, versichert Holler bei seiner Befragung, doch der Zuschauer weiß schon durch die Einstiegsszene, dass es so einfach nicht sein kann. Um wen anderes als Holler soll es sich bei dem Mann gehandelt haben, der da nachts nackt mit einem Messer in der Hand auf den See zutorkelt, auf die Knie fällt und wie ein Tier schreit?
Verdächtig machen sich allerdings auch der Besitzer des Gutshofs, der geschniegelte Anwalt Konstantin Yildiz (Ercan Karacayli), und seine Verlobte Sylvia Magin (Alma Leiberg), der der Tod ihres ersten eigenen Pferdes näher geht als der des Pferdepflegers. Jedenfalls ist Sylvia Magin so außer sich, dass sich Lena Odenthal entschließt, in den Fall einzusteigen.
Weil der „Tatort“ aus Ludwigshafen in die Jahre gekommen war, war das Team um Odenthal und Kopper um die Fallanalytikerin Johanna Stern (Lisa Bitter) erweitert worden, die mit neuester Technik und spitzen Bemerkungen für frischen Wind sorgen soll. „Was sagt eigentlich Ihre Versicherung dazu, dass Sie die Reha abgebrochen haben?“, fragt die Profilerin und zeitweilige Kopper-Assistentin ihre Vorgesetzte Odenthal. Auch eine andere Szene hat eine gewisse Komik. Die Obduktion des Pferdes verfolgt Stern, der Analysen von Fakten mehr liegen, durch ein Guckloch in der Tür. Ihre Nachfragen stellt sie per Smartphone.
„Tatort: Die Sonne stirbt wie ein Tier“, ARD, Sonntag, 20 Uhr 15
Kurt Sagatz