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Weil Kollege Kopper im Urlaub ist, wird Lena Odenthal (Ulrike Folkerts, re.) die Fallanalytikerin Johanna Stern (Lisa Bitter) zugeteilt. Das gefällt der Kommissarin gar nicht.
© SWR/Alexander Kluge

Tatort: Ein guter Tag für Mord - und ein schlechter für Ulrike Folkerts

Nach 25 langen Jahren "Tatort" wird Ulrike Folkerts alias Lena Odenthal eine neue Kollegin vorgesetzt. Das tut zwar der Kommissarin weh, aber dem Krimi tut es gut.

Frischer Wind im „Tatort“ aus Ludwigshafen: Ausgerechnet zum 25-jährigen Dienstjubiläum, nebenbei bemerkt auch noch ihr 60. Fall, wird Kommissarin Lena Odenthal eine Neue vor die Nase gesetzt, weil ihr Partner Mario Kopper bei einer Hochzeit in Italien weilt. Die Neue, das ist die Fall-Analytikerin Johanna Stern, sympathisch offen gespielt von der 30-jährigen Lisa Bitter. „Samstag ist ohnehin der beste Tag für einen Mord. Da hat mein Mann frei und kann auf die Zwillinge aufpassen“, sagt sie und wendet sich der am Boden liegenden Leiche zu. Ein nackter Mann, aus seinem Hintern ragt eine Champagner-Flasche. „Nette Inszenierung“, sagt Stern und filmt die Szene mit ihren iPad. „Wann bin ich schon mal an einem Tatort, wenn er noch warm ist? Das ist für mich wie Ostern und Weihnachten zusammen“, teilt sie Lena Odenthal mit. „Wie schön für Sie“, erwidert die Kommissarin. Der Gesichtsausdruck von Schauspielerin Ulrike Folkerts dazu ist Gold wert.

Im Oktober 1989 löste Lena Odenthal ihren ersten Fall. Ulrike Folkerts war seinerzeit 27 Jahre alt und kam vom Theater Oldenburg. Peter Schulze-Rohr hatte als Fernsehspielchef des SWF eine junge Schauspielerin gesucht, die ein wenig französisch wirkt und der man es abkauft, wenn sie sich in Jeans und Lederjacke in der Männerwelt der Polizei behauptet. Mit ihrer resoluten und hungrigen Art erinnert Johanna Stern ein wenig an diese Lena Odenthal von vor 25 Jahren, auch wenn es sich sonst um eher gegensätzliche Typen handelt. „Ich bin eher unsportlich“, gesteht Stern auf die Frage der Kommissarin, warum sie einen Verdächtigen nicht verfolgt hat.

Die Frischzellenkur tut dem "Tatort" gut

Dem Ludwigshafener „Tatort“ tut die Frischzellenkur gut. Auch wenn sich das Duo Odenthal und Kopper (Andreas Hoppe) der Sympathie des Publikums noch sicher sein kann, sind die beiden doch in die Jahre gekommen. Odenthal kann sich auf ihren Partner dabei genauso verlassen wie die Zuschauer auf jene Mischung von Entschlossenheit und Empathie, für die die Kommissarin steht. Überraschungsmomente sind da selten.

Bei dem Toten handelt es sich um Justus Wagner, einen Architekten, der die Musterwohnung in dem noch unfertigen Haus offensichtlich für Seitensprünge missbrauchte. Seine Frau Ella (Marion Mitterhammer), die den toten Gatten bei einer Wohnungsführung findet, will von seinen außerehelichen Aktivitäten nichts gewusst haben. Sein bester Freund und Mitarbeiter im Architektenbüro Moritz Lohse (Matthias Ziesing), mit dem er regelmäßig „um die Häuser gezogen“ ist, will wiederum nichts davon gewusst haben, dass bei den Eroberungen ab und an K.O.-Tropfen im Spiel gewesen sind. Diese Tropfen wurden offensichtlich auch einer jungen Frau, die von der Polizei orientierungslos auf einer Brücke aufgegriffen wurde, eingeflößt. Verdächtige? Gibt es einige. Tobias Wagner (Stefan Murr), der Bruder des Toten, beschuldigt Justus Kollegen, doch dass Tobias und Justus Frau einen Teil des Mordabends miteinander verbrachten, lässt Odenthals ebenfalls aufmerken. Und dass sich die junge Frau (Sinja Dieks) an gar nichts erinnern kann oder will, ist ebenfalls verdächtig.

Lena Odenthal ist an ihre Grenzen gelangt

Lena Odenthal hat bei der Aufklärung des Falles nicht nur mit den Eigenheiten von Koppers Vertretung zu kämpfen. Im Jubiläums-„Tatort“ muss die Kommissarin vor allem erkennen, dass sie selbst an ihre Grenzen gelangt ist. Der Film heißt zwar „Blackout“, doch genauso passend wäre der Namen „Burn out“ gewesen, denn genau dies ist Odenthals Problem. Sie fühlt sich für alle und alles verantwortlich, ist rund um die Uhr im Einsatz und findet weder Ruhe noch Schlaf. Folglich kommt es, wozu es kommen muss: zum Zusammenbruch.

25 Jahre Dienstjahre und dabei eine Erfolgsquote von 100 Prozent, das gibt es nicht umsonst, so könnte die Botschaft dieses „Tatorts“ von Eva Zahn und Volker Zahn (Buch) sowie Patrick Winczewski (Regie) zusammengefasst werden. Körperlich und psychisch am Ende ist Odenthal dabei verständlicherweise verletzlich und angreifbar. Auch wenn es wenig Grund gibt, diesen „Tatort“ zu kritisieren, so wurde dabei an einigen Stellen doch etwas zu dick aufgetragen. Einer Lena Odenthal sagt niemand unwidersprochen, dass sie kein Herz hat. Seine Balance behält der Krimi so vor allem durch das Wechselspiel zwischen Odenthal und ihrer neuen Kollegin Stern. Wo das noch hinführen wird? „Wer weiß, wer weiß. Alles ist möglich, und nichts ist, wie es scheint“, orakelte Ulrike Folkerts in einem Interview zu ihrer Jubiläums-Folge.

„Tatort: Blackout“, ARD, Sonntag, 20 Uhr 15

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