Streit um Online-Portal: Verleger erwägen Klage gegen RBB
Zu presseähnlich: Nach abgelehnter Unterlassungserklärung wegen seines Onlineportals RBB24 steht der Hauptstadt-Sender weiter im Fokus. Verleger erwägen, ob sie eine Klage erheben.
Erst Radio Bremen (RB), jetzt der RBB: Der Rundfunk Berlin-Brandenburg ist nicht bereit, einer Unterlassungsaufforderung von fünf ostdeutschen Tageszeitungsverlagen wegen seines Onlineportals RBB24 nachzukommen. Jetzt droht dem Sender eine Unterlassungsklage, wie sie bereits gegen Radio Bremen erhoben wurde – in diesem Fall von vier nordwestdeutschen Pressehäusern.
Die Verlage in Ost und West werfen den beiden ARD-Anstalten vor, sie würden auf ihren Internetportalen „presseähnliche“ Texte ohne Bezug zu eigenen Sendungen veröffentlichen. Dies sei ein Verstoß gegen den Rundfunkstaatsvertrag der Bundesländer. Laut einem Urteil des Bundesgerichtshofs von 2015 ist dabei entscheidend, ob ein Onlineangebot „in der Gesamtheit seiner nichtsendungsbezogenen Beiträge als presseähnlich einzustufen“ sei.
Das sei dann der Fall, wenn der Text deutlich im Vordergrund stehe. Nach dieser Maßgabe entschied das Oberlandesgericht Köln 2016 auf eine Klage von elf Verlagen, dass die „Tagesschau“-App zu presseähnlich und damit unzulässig sei – jedenfalls in der Form einer Beispiel-Ausgabe von 2011.
Das Kölner Urteil ist noch nicht rechtskräftig, aber die Zeitungen rund um Berlin und Bremen fühlen sich bestärkt, gegen RBB und Radio Bremen vorzugehen. Die Unterlassungsaufforderung an den Hauptstadtsender wurde unterzeichnet von den Verlagen des Berliner Boulevardblatts „B.Z.“, der „Lausitzer Rundschau“, der „Märkischen Allgemeinen“, „Märkischer Oderzeitung“ und „Volksstimme“.
Flächendeckende lokale Berichterstattung sei verboten
Bis zur gesetzten Frist am Montag um 24 Uhr habe der RBB die geforderte Erklärung nicht abgegeben, sagte am Dienstag der „Verband der Zeitungsverlage in Berlin und Ostdeutschland“ auf Tagesspiegel-Anfrage. Die fünf Verbandsmitglieder prüfen jetzt, ob sie nach dem Bremer Beispiel Klage erheben.
Vor dem Landgericht Bremen tun dies bereits die Verleger des „Weser-Kuriers“, der „Nordsee-Zeitung“, des „Delmenhorster Kreisblatts“ und des „Osterholzer Kreisblatts“. Am Internetangebot von Radio Bremen missfällt ihnen neben der angeblichen Presseähnlichkeit auch die Themenfülle: Eine „flächendeckende lokale Berichterstattung“ sei laut Rundfunkstaatsvertrag nämlich ebenfalls verboten.
Gerne hätte der Tagesspiegel gewusst, was der RBB zu dem Rechtsstreit sagt. Aber das öffentlich-rechtliche Unternehmen verweigert jede Stellungnahme, weil es sich um ein laufendes juristisches Verfahren handele. „Wir tragen das nicht-öffentlich aus“, sagte am Dienstag Pressesprecher Justus Demmer.
Sein Bremer Kollege Michael Glöckner ist auskunftsfreudiger: „Radio Bremen verhält sich in jeder Hinsicht rechtskonform“, teilte er dem Tagesspiegel mit. „Der Rundfunkauftrag von Radio Bremen beinhaltet unzweifelhaft auch, dass Themen von primär lokaler Bedeutung zulässig sind.“ Das RB-Onlineangebot beziehe sich „weit überwiegend auf die Fernseh- oder Radiosendungen, hat also einen eindeutigen Sendungsbezug“.
Vorsorglich habe Radio Bremen seit dem Kölner „Tagesschau“-App-Urteil aber damit begonnen, bei den Online-Beiträgen ausdrücklich auf die jeweils zugrunde liegenden Sendungen hinzuweisen, so Glöckner weiter.
Der Hinweis beginnt jeweils mit den Worten: „Dieses Thema im Programm:“ und erwähnt die jeweilige Sendung. Laut Suchfunktion auf radiobremen.de häufen sich die Vermerke allerdings erst seit dem Eingang der Unterlassungsaufforderung im März. Einzelne ältere Onlinetexte von 2016 wurden offenbar nachträglich mit explizitem Sendungsbezug versehen.
Das zeigt sich bei einem Vergleich der Texte, wie sie heute im RB-Online-Archiv abrufbar sind, mit jener Version, wie sie am 16. Januar im Netz stand. Auf diesen Beispiel-Tag bezieht sich die Unterlassungsklage der Verlage aus dem Bremer Raum.