Neues Urhebervertragsrecht: Unterm Strich gestärkt
Die Novelle zum Urhebervertragsrecht wurde an zentralen Stellen entschärft, dennoch kann sie die Situation der Kreativen verbessern.
Nein, mit dem Regierungsentwurf zum neuen Urhebervertragsrecht sei er nicht eingeknickt, vielmehr sei das Papier, das am morgigen Mittwoch im Bundeskabinett verabschiedet werden soll, ein guter Kompromiss, sagte Bundesjustizminister Heiko Maas vor Journalisten in Berlin. Die jetzt vorliegende Novelle, die nach der Beratung im Kabinett zügig in den Bundestag eingebracht werden soll, weicht in zentralen Punkten deutlich ab von dem zuvor kontrovers diskutierten Referentenentwurf. So wurde die Zeit, nach der ein Urheber – beispielsweise ein Schriftsteller – das Recht zur Verwertung eines Buches einem anderen Verlag anbieten kann, von fünf auf zehn Jahre verlängert. Zudem kann der Schriftsteller das Nutzungsrecht danach nicht – wie zunächst geplant – komplett zurückholen, nach den zehn Jahren verliert der Erstverwerter nun nur das Exklusivrecht.
Gegenüber dem geltenden Urhebervertragsrecht aus dem Jahr 2002 stelle die Novelle dennoch eine Verbesserung dar – beispielsweise in solchen Fällen, in denen die Rechte brach liegen, also ein Verleger zwar die Rechte an der Veröffentlichung eines Buches hält, tatsächlich aber den Titel gar nicht vermarktet – zum Leidwesen des Schriftstellers.
Die Novelle gilt nicht nur für Autoren und Verlage, sondern für alle kreativen Bereiche. Mit der Anpassung sollte die Situation von Schriftstellern, Journalisten, Filmemachern, Drehbuchautoren, Designern oder Komponisten insgesamt verbessert und deren Verhandlungsposition gegenüber den Verwertern – Verlage, Games-Publisher, TV-Sender, Musiklabel oder Internet-Vertriebsplattform – gestärkt werden.
Ein offener Brief von 1600 Autoren und Verlage
In einigen Bereichen gingen die Ideen des Referentenentwurf allerdings sogar einigen Urhebern zu weit. In einem offenen Brief warnten 1600 Autoren, Agenturen und Verlegern vor den Folgen, die insbesondere die Fünf-Jahre-Rückholfrist vor allem für kleine und mittlere Verlage hätte. Die Argumentation: Von der neuen Rückholfrist würden vor allem die erfolgreichen Bestseller-Autoren profitieren, die nach sehr kurzer Zeit den Verlagen den Rücken kehren könnten, die das anfängliche Risiko getragen hätten. Gerade in einer Zeit des Umbruchs, in der Verlage in neuen Technologien und Geschäftsmodelle investieren müssten, wäre dies kontraproduktiv. Unterm Strich hat es der offene Brief allen Verwertern leicht gemacht, mit ihrer Kritik an der Novelle im Justizministerium Gehör zu finden. Zumal verhindert werden soll, dass am Ende internationale Konzerne wie Amazon oder Google zu den Hauptprofiteuren der Novelle gehören.
Eines der zentralen Ziele der Novelle ist die angemessene Vergütung der Urheber. Anders gesagt: Kreative sollen von ihrer Arbeit leben können. Vor allem den Total-Buy-Outs, bei denen der Urheber seine Rechte gegen eine Einmalzahlung komplett abgibt, sollte Einhalt geboten werden, zugunsten von Mehrfachvergütungen beispielsweise von Drehbuchautoren bei TV-Wiederholungen. Dieses Leitbild wird in der Novelle zwar weiterhin formuliert, ein Verbindliches Recht darauf gibt es allerdings nicht. Statt dessen steht nun im Reformpapier, dass bei der angemessenen Vergütung die Häufigkeit der Nutzung berücksichtigt werden soll.
Abkehr von Maximalforderungen
Trotz der Abkehr von den anfänglichen Maximalforderungen enthält die Novelle Elemente, die die Situation der Urheber verbessern kann. Zwar erhalten die Kreativen kein umfassendes, aber immerhin ein verbessertes Auskunftsrecht darüber, wie ihre Werke verwertet wurden. Von der Verwerter-Lobby wurde schnell von einem neuen „Bürokratiemonster“ gesprochen, in der modifizierten Novelle wurde nach Maas’ Worten jedoch versucht, den Aufwand im zumutbaren Rahmen zu halten. Zum Auskunftsrecht gibt es diverse Ausnahmen, es entfällt unter anderem bei untergeordneten Beiträgen zu einem Werk. Ein Fotograf, der ein Foto zu einem Bildband beigesteuert hat, kann somit nicht darauf dringen, einmal jährlich über die mit dem Buch erzielten Erträge informiert zu werden. Eine weitere Ausnahme betrifft die Erstellung von Computerspielen.
Zu den bedeutendsten Neuerungen des neuen Urhebervertragsrechts gehört das Verbandsklagerecht. Bislang musste ein Urheber selbst seine Rechte gegenüber einem Verwerter durchsetzen, wenn dieser sich zum Beispiel nicht an gemeinsamen Vergütungsregeln der Branche hält. In der Praxis zumeist kaum möglich. Nun können Verbände auf die Einhaltung dieser Tarifverträge achten.
Gegenüber dem Referentenentwurf ist die Novelle somit zwar entschärft worden, doch wenn das Papier in den Bundestag kommt, werden die Verwerter die Änderungen weiterhin kritisieren, darüber ist sich Minister Maas im Klaren. Und auch die „Initiative Urheberrecht“, ein Zusammenschluss von rund 140 000 Urhebern und ausübenden Künstlern wird mit der geänderten Novelle nicht zufrieden sein. Kurt Sagatz