Zu meinem ÄRGER: Ungarn verlässt Werteordnung der EU
Torsten Rossmann, Chef von WeltN24, ärgert sich über Viktor Orbán und freut sich über Zeit Online.
Herr Rossmann, worüber haben Sie sich in dieser Woche in den Medien am meisten geärgert?
Über die Aktivierung eines „Nationalen Kulturrats“ in Ungarn. Wenn hinter der Förderung von Kultur und Identität unverhohlener Nationalismus steht, sollten sämtliche Alarmglocken läuten. Die Pressefreiheit hat Ministerpräsident Viktor Orbán in Ungarn bereits massiv eingeschränkt. Wie aus einem Lehrbuch für autoritäre Regime nimmt der Ministerpräsident jetzt die Kultur ins Visier, die er „strategisch lenken“ will. Presse- und Kulturfreiheit sind essenzielle Säulen jeder freien Gesellschaft. Wohin staatlich gelenkte Kultur führen kann, wissen wir in Deutschland ja aus leidvoller Erfahrung. Das EU-Land Ungarn hat die demokratische und freiheitliche Werteordnung der Europäischen Union damit definitiv verlassen.
Gab es auch etwas, worüber Sie sich freuen konnten?
Über den Artikel „Wir sind hier“ der Kollegen von Zeit Online. 142 Menschen aus völlig verschiedenen Bereichen der Gesellschaft berichten in kurzen und sehr klaren Statements über ihre alltäglichen Erfahrungen mit Rassismus, Diskriminierung und Hass. Und sie erzählen von ihren Ängsten und Hoffnungen. „Hanau fühlt sich an wie der Point of no Return“, schreiben sie, aber auch: „Die Sehnsucht nach Zusammenhalt ist größer denn je.“ Sie, das sind wir. Zuhören ist der erste Schritt zur Veränderung, und der Weg dahin ist noch ziemlich lang.
Welche Website können Sie denn empfehlen?
„To really understand Israel and the Middle East“ wirbt haaretz.com für sich selbst. Ich finde, das ist nicht übertrieben. Wer das Bezahlangebot der Tageszeitung „Haaretz“ (Das Land) aus Tel Aviv im Netz liest, ist tatsächlich gut darüber im Bilde, was sich in Israel und seinen Nachbarländern politisch, kulturell und wirtschaftlich abspielt – und welche Dimension der Nahostkonflikt im Alltag der Israelis und der Palästinenser einnimmt. Ich schätze den weltoffenen und liberalen Geist der Redaktion, die sich auch gern regierungskritisch äußert und dafür nicht selten von nationalen Hardlinern angefeindet wird.
Torsten Rossmann ist Geschäftsführer der WeltN24 GmbH und Chef des Nachrichtensenders Welt
Torsten Rossmann