Champions League: TV-Reporter im Visier
Ein tolles Fußballspiel in London, Rekordquoten, ein altes Lied: Nervige Fußball-Kommentatoren. Dabei hat die junge Trainergeneration gezeigt, wie es besser geht.
Das Champions-League-Endspiel in London hat alle Erwartungen erfüllt. Alle? Natürlich nicht die der Dortmunder Fans. Das ZDF freut sich hingegen über 21,61 Millionen Zuschauern am Samstagabend, die meistgesehene TV-Sendung 2013, dazu 61,9 Prozent Marktanteil. Tolles Spiel, Rekordquote – wenn jetzt nur die Kommentatoren endlich mal auf Ballhöhe sein würden. Der Stolz des ZDF auf seinen Vorzeigereporter („Er ist der Beste“) steht lange nicht im Verhältnis zum Ruf, den Béla Réthy bei Fußballfans genießt. Ein Beispiel aus tagesspiegel.de: „Die ewig parteiische Art von Béla Réthy geht mir ja so was von auf den Zeiger. Egal, welches Spiel dieser Typ kommentiert, es geschieht immer mit der Einfärbung: Diese Mannschaft ist mein Favorit.“ Hinzu kommt, dass sich Réthy regelmäßig bezüglich der Spielsituationen korrigieren muss. Als Arjen Robben nach dem 1:1-Ausgleich am Samstag bei einem eher ungenauen Querpass von Thomas Müller vorm leeren Dortmunder Tor zu spät kam, war (ja, ja, der ewig in wichtigen Spielen versagende) Robben der Sündenbock. Für Béla Réthy, nicht für Millionen Zuschauer vor den Bildschirmen und im Wembley-Stadion, die Müllers lauen Pass gesehen hatten.
Voreingenommenheit hin, Selbstverliebtheit her: Warum erfährt man als Zuschauer vom Reporter nur das, was eh offenbar ist? Hinweise auf taktische Änderungen, Analysen aus dem Off? Fehlanzeige. Stattdessen überlaute Emphase, Klischees, Emotionen, wo das das Spiel als Verstärkung nicht braucht. Bayern haushoher Favorit? Dortmund ewiger Underdog?
Alles klar, Herr Réthy. Wer sich öfters die „Sportschau“ anschaut, weiß, dass solcherlei gefärbte Hingabe kein Einzelfall ist, mit Ausnahme von Tom Bartels vielleicht. Mehr Wissen um Taktik, mehr Expertise, mehr Flexibilität – die Bundesliga hat in den vergangenen Jahren Trainerfüchse wie Rangnick, Klopp oder Tuchel hervorgebracht. Man fragt sich, warum dasselbe nicht bei den Kommentatoren im Fernsehen passiert. Vielleicht sollte hier der Nachwuchs mal einen Trainerschein mitmachen. Sonst bleibt beim nächsten Fußballspiel im Fernsehen nur eins: Ton abschalten.